Laboratorium der Beteiligung: Wien wird „Demokratiehauptstadt“
Der Titel „Europäische Demokratiehauptstadt“ ist jung. Erst voriges Jahr hat ihn die CEO European Capital of Democracy (ECoD) ins Leben gerufen, um „Demokratien zu stärken und den zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern“.
Die erste Metropole, die sich Europäische Demokratiehauptstadt nennen darf, ist Barcelona. Die zweite ist Wien, das den Titel im Oktober für ein Jahr übernimmt. In Anwesenheit von Eugénia Gay, der Vizebürgermeisterin von Barcelona, wurde dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gestern im Rathaus schon einmal die zum Titel gehörige Trophäe überreicht. Danach versprach der unter anderem für Demokratie zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky „ein vielseitiges Programm aus Veranstaltungen und Aktivitäten, deren Ziel es ist, die Demokratie zu stärken“.
Demokratiewerkstatt
Einerseits sollen bereits bestehende Formen von Partizipation – etwa die Klimateams – weiterentwickelt werden; zu diesem Zweck wird eine „Demokratiewerkstatt“ eingerichtet. Andererseits sind alle Wienerinnen und Wiener eingeladen, sich zu beteiligen: „Wir freuen uns über Ihre Beiträge!“, sagt der Stadtrat.
Die sichtbarsten Seiten der Demokratiehauptstadt werden einige von der ECoD verantwortete Programmpunkte sein, die auch in Barcelona auf dem Spielplan standen: die „Innovation in Politics“-Awards, ein Gaming-Projekt, eine Bürgermeister-Konferenz und das Kunstfestival „Art of Democracy“.
Der Wettbewerb
„Im Wettbewerb vergleichen wir die demokratische Praxis, die in europäischen Städten praktiziert wird“, erklärt ECoD-Gründer Helfried Carl. „Städte sind Laboratorien der Bürgerbeteiligung.“ Um den Titel der Europäischen Demokratiehauptstadt können sich alle Städte bewerben, die mindestens 100.000 Einwohner haben und aus Europarat-Ländern sind.
In der aktuellen Runde reichten sieben Städte ein, die alle „sehr interessante Projekte vorgelegt haben“ (Carl). Eine Expertenjury nominierte fünf für eine Shortlist – neben Wien standen da auch Bratislava, Leipzig, Danzig und Izmir drauf. Den Sieger wählten per Online-Voting 4.000 Bürgerinnen und Bürger aus 47 Staaten – wobei man nicht für Städte aus dem eigenen Land stimmen konnte.
Um die Pläne Wiens für das Demokratiehauptstadtjahr auf den Punkt zu bringen, greift Stadtrat Czernohorszky auf eine Formulierung des legendären Kanzlers Bruno Kreisky zurück. Es gehe um die „Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie“.W. kralicek
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