Endstation Hummelgasse: Hietzing für Hackler

Endstation Hummelgasse: Hietzing für Hackler
Die Straßenbahnlinie 10 fährt nach Unter St. Veit zu einem beliebten Imbiss.

Hietzing ist Nobelviertel und Flächenbezirk in einem. Bei der Endstation der Straßenbahnlinie 10„Unter St. Veit, Hummelgasse“ – ist das besonders offensichtlich: Prachtvolle Herrschaftshäuser und elegante Villen stehen hier neben ganz normalen Gemeindebauten.

Die wenig befahrene Hummelgasse liegt an einer viel befahrenen Bahntrasse. Der 13. Bezirk wird hier von der Verbindungsbahn – sie verbindet West- und Südbahnstrecke – durchschnitten. „Verbindungsbahn“ heißt auch die vorletzte Haltestelle des 10ers. Wer hier aussteigt, und das sind die allermeisten Fahrgäste, steht vor dem Bahnschranken in der Hietzinger Hauptstraße, der ziemlich oft zu ist.

Die ÖBB planen seit Jahren, die Verbindungsbahn zur Hochbahn zu machen, damit sie keine Barriere mehr darstellt; genau hier, bei der Hietzinger Hauptstraße, soll eine neue Schnellbahn-Haltestelle entstehen. Es gab und gibt Anrainerproteste gegen das Projekt, auch der KURIER berichtete.

Manche haben das Thema anscheinend satt, die Blumenhändlerin beim Schranken will gleich gar nicht mit dem Reporter sprechen, weil sie den Verdacht hat, dass es wieder nur um das Eine geht. Herzlicher ist der Empfang auf der anderen Seite des Schrankens – das ist dann übrigens schon Ober St. Veit –, wo Halina Seidl seit genau 20 Jahren das „Würstel-Buffet Zum Seidl“ betreibt.

Endstation Hummelgasse: Hietzing für Hackler

Gibt’s schon Schnitzi?

Wobei Würstel-Buffet untertrieben ist, schon Seidls Vorgänger, ein Mann namens Floh, hat den Stand nach und nach zu einem kleinen Imbissimperium ausgebaut, samt Stammtisch und Gastgarten im Innenhof.

Es ist Mittwochvormittag, die Chefin bereitet sich schön langsam auf das Mittagsgeschäft vor, heute ist Schnitzeltag. Der ÖAMTC-Pannenfahrer Josef hat jetzt schon Mittagspause, und er und die Kellnerin liefern sich ein routiniertes Dialog-Pingpong:

Endstation Hummelgasse: Hietzing für Hackler

„Gibt’s schon Schnitzi?“

„Für dich immer. Trinki?“

Eistee. Bier derf i ja ned.“

Während Josef auf sein Schnitzi wartet, erzählt er, warum er hier Stammgast ist. „Das Essen ist gut, und für einen Hackler gibt’s im 13. ja nicht viele Lokale. Beim Plachutta kann i in meiner Kluft ned einegehen.“

Die Café-Konditorei daneben hat Halina Seidl vor ein paar Jahren auch noch übernommen. Sie ist ihr Plan B für den Fall, dass es wirklich ernst wird mit dem Umbau der Verbindungsbahn. Dann muss der Imbiss, der auf Bahngrund steht, nämlich weg. 100 Meter stadtauswärts steht das Haus, in dem 1918 der Maler Egon Schiele an der Spanischen Grippe gestorben ist; genau vis-à-vis hatte er sein Atelier. Stadteinwärts, auf der anderen Seite des Schrankens, hatte ein anderer Jahrhundertwende-Star, Gustav Klimt, sein letztes Atelier.

Endstation Hummelgasse: Hietzing für Hackler

Die Klimt-Villa

Das Gartenhaus in der sehr vorstädtischen Feldmühlgasse wurde später zu einer Villa umgebaut und sollte abgerissen werden. Engagierte Bürger haben sich für den Erhalt des Gebäudes stark gemacht, es wurde renoviert und ist jetzt als „Klimt-Villa“ öffentlich zugänglich.

An Wochenenden kann man dort auch im Garten sitzen und Kaffee trinken. Hinterm Haus wächst die „Klimtrose“, ein Parfüm mit ihrem Duft kann im Museumsshop erworben werden.

Hätte es den Imbiss beim Schranken vor 100 Jahren schon gegeben, wären auch Klimt und Schiele hingegangen. Unter den Stammgästen von Frau Seidl sind heute noch Promis. „Aber die wollen auch nur ganz normal essen, trinken und aufs Klo gehen.“

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