Ein verhülltes Wiener Rathaus als Geschenk zum SPÖ-Jubiläum

Am Wochenende zogen Arbeiter am Wiener Rathaus ein Gerüst hoch.
Wie die Stadt für ein Partei-Fest zahlt: 30.000 Euro Steuergeld für Kunst, die unter anderem „100 Jahre Rotes Wien“ bewirbt.

Als Arbeiter am Wochenende ein Gerüst am Rathaus hochzogen, dachten viele an einen (etwas plötzlichen) Start der anstehenden Restaurierungsmaßnahmen am Mittelturm. Das ist, wie die Stadt wenig später verkündete, aber nur die halbe Geschichte: Vielmehr verbindet die Stadt das Nötige mit dem Schönen.

Das während der Restaurierung der Fassade vorgeschriebene Schutznetz dient im nächsten halben Jahr als „größte Kunstinstallation Österreichs“. Das erklärte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) bei einer Pressekonferenz mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Der Turm wird bis zur Höhe von 75 Metern verhüllt – mit einem Plakat. Es ist 1.500 Quadratmeter groß, montiert wird es ab 15. April.

Ein verhülltes Wiener Rathaus als Geschenk zum SPÖ-Jubiläum

Vorschau auf das Projekt der Künstlerinnen Scheirl und Knebl.

Gestaltet hat das Plakat das Wiener Künstlerduo Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl, dessen „Schaffen auf dem Spiel mit Identitäten beruht“, wie die Stadt wissen ließ. Das Plakat selbst sende eine „Botschaft der Toleranz“ und präsentiere Wien als „weltoffene Stadt“.

So weit, so gut. Spannend wird ein Blick auf die Veranstaltungen, die mit der Installation beworben werden sollen: Diese biete den Rahmen für Veranstaltungen von „100 Jahre Rotes Wien“ über „Life Ball 2019“ bis hin zur “EuroPride Vienna 2019“, heißt es seitens der Stadt.

Dass die Stadt den Life Ball und die EuroPride als kulturell und touristisch relevante, öffentliche Veranstaltungen bewirbt, leuchtet ein. Inwiefern sich das Jubelfest der Wiener Sozialdemokratie ein öffentlich finanziertes Plakat verdient hat, eher weniger.

Stadtnahe Gewista zahlt mit

30.000 Euro an Steuergeld fließen direkt aus dem Stadtbudget in das Kunstprojekt, ergab eine Anfrage des KURIER. Den Rest der Kosten trägt die Plakatfirma Gewista, deren enge Verflechtung mit der SPÖ und der Stadt seit jeher für Kritik sorgt.

Wie viel sich die Gewista das Projekt kosten lässt, ist geheim. Man wolle sich dazu nicht äußern, heißt es. Es sei eine „Ehre, das Projekt am Rathaus inszenieren zu dürfen“, da wolle man „nicht über Geld reden“.

Ein „Missverständnis“

Was aber sagt die rot-grüne Stadtregierung zur großformatigen Querfinanzierung des 100-Jahr-Jubiläums des „Roten Wien“? Es handle sich nur um ein „Missverständnis“, hieß es am Dienstag plötzlich aus dem Kulturressort.

Das Plakat sei – anders als zwei Stunden zuvor in der eigenen Aussendung vermerkt – „natürlich nicht wirklich“ Werbung für „100 Jahre Rotes Wien“. Es biete nur „den Rahmen für ganz viele Sachen, die in der Stadt passieren“.

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