Ein Jahr danach: Das Phantom von Strebersdorf

Ein Jahr danach: Das Phantom von Strebersdorf
Der Überfall auf den De-La-Salle-Orden jährt sich, doch viele Fragen sind immer noch ungeklärt.

Der De-La-Salle-Orden in Strebersdorf hüllt sich in Schweigen. Zwar läuft der Schulbetrieb normal und Messen werden schon lange wieder regelmäßig gehalten, aber die Brüder scheinen sich in ihrem Kloster zu verstecken.

Der brutale Überfall auf die Schulbrüder jährt sich und viele Fragen sind immer noch ungeklärt. Videokameras wurden installiert und Sicherheitspersonal beauftragt. Die Ermittlungen der Polizei laufen, waren bisher aber erfolglos. Mögliche Zwischenergebnisse werden penibel zurückgehalten.

Am 27. Dezember 2018, ausgerechnet in der ruhigen Zeit zwischen Weihnachten und Silvester, ist ein noch unbekannter Täter in die Räumlichkeiten des Ordens eingedrungen. Die Ordensbrüder wurden über Stunden hinweg gefesselt, geknebelt und misshandelt. Durch Tritte, Schläge und Stöße wurden fünf verletzt, ein 68-Jähriger sogar lebensbedrohlich. Einem sollen sogar Worte in die Haut geritzt worden sein.

Ausnahmezustand

Im sonst ruhigen Grätzel rundum die Anton-Böck-Straße in Floridsdorf herrschte an diesem Tag der Ausnahmezustand: Um 13.30 Uhr dürfte der Täter über die Kirche eingedrungen sein. Erst um 16.17 Uhr gelang es einem Bruder, sich zu befreien und den Notruf zu wählen.

Mehr als ein Dutzend Polizeiautos waren im Einsatz, die Rettung schickte ihren Katastrophenzug und ein Hubschrauber kreiste über Strebersdorf. Die Spezialeinheit WEGA durchsuchte den Gebäudekomplex des Ordens bis spät in der Nacht. Sogar Kardinal Christoph Schönborn meldete sich zu Wort und zeigte sich „tief betroffen.“

Spekulationen

Hört man sich heute in der Nachbarschaft um, stößt man auf viele Spekulationen über mögliche Hintergründe der Tat. Von einem Raubüberfall bis zu einem Racheakt aufgrund einer möglichen Täter-Opfer-Beziehung ist alles dabei.

Von den Schulbrüdern selbst ist nicht viel herauszubekommen. In einem Lokal, in das auch die Geistlichen regelmäßig zum Essen kommen, erzählt man, dass über den Vorfall von vor einem Jahr nur ungern gesprochen wird.

Ein Verkäufer in einem nahen Geschäft, in das auch der Pfarrer der Ordenskirche gerne kommt, schildert, dass selbst dieser nichts über mögliche Ermittlungserfolge wisse.

Die Polizei dementierte damals weder einen Raub noch ein persönliches Motiv. Heute heißt es von der Landespolizeidirektion nur: „Sobald es in dem Fall Neuigkeiten gibt, wird dies von uns kommuniziert.“

Brüdern geht es gut

Der Provinzökonom des Ordens, Walter Kröner, lässt ausrichten, dass es den Brüdern wieder gut gehe. Der Überfall sei noch nicht geklärt. Auf die Frage nach möglichen Hintergründen und warum die Ermittlungen so lange dauern, sagt er nur: „Wir sind keine Kriminalisten.“

Aber auch für die echten Ermittler ist dieser Fall eine Herausforderung: Unklar war in den ersten Tagen nach der Tat vor allem, ob man von einem oder mehreren Tätern ausgehen müsse. Die Angaben der Brüder widersprachen sich teilweise; sie standen unter Schock.

Pistole aus dem Safe

Zudem wurde über eine involvierte Pistole gerätselt, die der Täter getragen haben soll. Diese dürfte der Verdächtige aus einem Safe des Ordens entwendet haben. Verwendet wurde sie nicht.

Wie viel Bargeld oder welche anderen Gegenstände gestohlen wurden, wurde nie veröffentlicht. Die Polizei schloss lediglich ein terroristisches Motiv schnell aus – sonst bleibt in diesem Fall alles offen.

Ein Jahr danach: Das Phantom von Strebersdorf

Phantombild: So soll der Verdächtige aussehen

Täterbeschreibung

Im Jänner veröffentlichte die Polizei ein Phantombild des mutmaßlichen Täters. Zwei Mal wurde eine Belohnung für Hinweise ausgeschrieben – zuletzt wären es 30.000 Euro gewesen, wenn bis Ende September ein Hinweis eingegangen wäre.

Der Gesuchte soll ungefähr 35 Jahre alt  und etwa 1,85 Meter groß sein. Der mutmaßliche Räuber dürfte eine stämmige, kräftige Statur und kurze Haare haben.  Unter Tel. 01/31310-33800 können Hinweise beim Landeskriminalamt abgegeben werden.

 

Die Schulbrüder in Österreich

Missbrauchsvorwürfe. Die Geschichte des römisch-katholischen Ordens der Schulbrüder in Österreich geht auf das Jahr 1857 zurück, als acht Brüder aus Deutschland nach Wien kamen und ihnen die Leitung des k. k. Waisenhauses in der Boltzmanngasse in Wien-Alsergrund übertragen wurde. Von hier aus verbreitete sich die Kongregation in der gesamten österreichisch-ungarischen Monarchie.

Aus den Schulen der Schulbrüder wurden in den 1990er-Jahren die „De-La-Salle“-Schulen, die in einem internationalen Netzwerk untereinander verbunden sind. Die Ordensleitung  der  Provinz Zentraleuropa befand sich bis Mai 2018 in Strebersdorf und ist nun in Pildesti in Rumänien. 2007 wurde das 150-jährige Wirken der Schulbrüder in Österreich gefeiert. Am Standort Strebersdorf befindet sich  ein Kindergarten, eine Volksschule, eine kooperative Mittelschule, ein Gymnasium und ein Gästehaus.

Zuletzt geriet die Schule in Strebersdorf in die Schlagzeilen, als  es vor mehreren Jahren schwerwiegende Vorwürfe gab. Es ging damals um sexuellen Missbrauch, die Vorwürfe reichten bis hin zur Vergewaltigung von Schülern und beschäftigen auch die Klasnic-Opferschutzkommission.    

 

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