Döblings Hassliebe zur ÖVP: Ein Lokalaugenschein nach der Wien-Wahl

Mit dem D-Wagen nach Nußdorf und den Gleisen entlang zurück nach Heiligenstadt. Ein Lokalaugenschein in Döbling
Von Heiligenstadt nach Nußdorf und zurück – eines jener Gebiete, das in Döbling rot gefärbt ist. Eher zufällig hat sich diese Route für den KURIER-Lokalaugenschein nach der Wien-Wahl ergeben. Der D-Wagen fährt in der Station ein, Gesprächspartner Benedikt, 61 Jahre, fragt: „Wollen Sie mitfahren?“ Also wird in der Bim weiter diskutiert. Das Thema: Döbling und sein zwiespältiges Verhältnis zur ÖVP. Bei der Wahl hat die ÖVP auf Gemeindeebene in Döbling nämlich 11,70 Prozentpunkte – und damit mehr als im Wien-Schnitt – verloren. Auf Bezirksebene dagegen hat ÖVP-Bezirksvorsteher Daniel Resch dagegen lediglich 4,20 Prozentpunkte verloren.

„Es sind sehr viele Dinge eingetreten, die man von der ÖVP so nicht erwartet hat“, sagt Benedikt. Nicht nur auf Wien-Ebene, sondern auch auf Bundesebene, wie er sagt. Jetzt brauche es jemanden, eine „Leuchtfigur“. Jemand Jungen, der überzeugend wirkt. Jemand wie Sebastian Kurz, der, wenn er wiederkommen würde, laut Benedikt wie ein „Messias“ gefeiert werden würde.
Der Messias der ÖVP?
Ob auch Daniel Resch angesichts seines einwandfreien Wahlergebnisses das Zeug zum „Messias der ÖVP“ – zumindest für Döbling hat? Von den drei Wiener ÖVP-Bezirksvorstehern hat er jedenfalls – wenn auch nur knapp – die geringsten Wahlverluste eingefahren. Für ein Gespräch stand er am Montag aber nicht zur Verfügung. Grund dafür dürften die Debatten um die ÖVP-Landeschef-Nachfolge sein (siehe S. 5).
Von Nußdorf geht es wieder Richtung Heiligenstadt, dieses Mal zu Fuß. Bei der Station Sickenberggasse sitzt Gertrude, sie lebt seit 39 Jahren im Bezirk. „Ich muss aber sofort los, sobald die Straßenbahn kommt“, sagt sie. Bis dahin erzählt sie aber, dass ihrer Meinung nach der Spitzenkandidat, der die ÖVP in die Gemeinderatswahl geführt hat, nämlich Karl Mahrer, am Debakel der ÖVP Schuld sei. „Er ist kein Sympathieträger. Er ist sogar angeklagt (in der Causa Wienwert, Anm.).“ Und: „Auch gestern nach der Wahl hat er keine Schuld bei sich gesehen.“
Daniel Resch dagegen findet sie „okay“ und „bodenständig.“ Als die Krottenbachstraße – jener Radweg, gegen den Daniel Resch vehement gekämpft hat – zur Sprache kommt, fährt der D-Wagen ein. Und wieder die Frage: „Wollen Sie mitfahren?“ Dieses Mal wird das Angebot aber abgelehnt.
Die Krottenbachstraße ist aber auch in der Boutique „Loibl Exclusive Mode“ Thema. Mitarbeiterin Lisa, die in der Flotowgasse nahe dem neuen Radweg wohnt, findet, dass Resch insgesamt wenig durchsetze. Vor allem die Heiligenstädter Straße werde von der Politik vergessen. Während die Obkirchergasse oder die Döblinger Hauptstraße aufgewertet würden, sei die Heiligenstädter Straße „tot“, bestätigt Lisas Chefin Brigitte. „Wir da herunten sind mäßig zufrieden mit der Bezirkspolitik, Döbling war aber immer schon schwarz.“ Für die Zeit nach 1978 stimmt das.

Brigitte und Lisa von der Boutique auf der Heiligenstädter Straße
Zurück bei der D-Station Heiligenstadt sitzt Irene im Wartehäuschen. Die 56-Jährige wohnt im Karl-Marx-Hof. Für sie ist der Absturz der ÖVP ein Zeichen für die Unzufriedenheit mit der Partei. Auf Bezirksebene sei Daniel Resch aber das „kleinste Übel“. Auch wenn sie einen anderen Resch deutlich lieber auf Platz eins gesehen hätte. Nämlich den jüngeren Bruder, Klemens Resch – FPÖ-Bezirksobmann in Döbling.
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