Doch keine Pflicht für Lkw-Abbiegeassistenten in Wien ab 2021

Der Abbiegeassistent ermöglicht Einblick in den toten Winkel
Die von Ex-Vizebürgermeisterin Birgit Hebein vorgesehene Regelung widerspricht EU-Recht, sagt Verkehrsstadträtin Ulli Sima. Die Grünen kontern.

Ab Jänner 2021 hätte in Wien eigentlich über eine gesetzliche Regelung das Rechtsabbiegen für alle schweren Lkw ohne Abbiegeassistent verboten werden sollen - doch das kommt nun nicht. "Was am Tisch liegt, ist nicht EU-konform", gab die neue Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in der ORF-Sendung "Wien heute" bekannt. Das hat vor allem rechtliche Gründe.

Ab Jänner hätte eigentlich die Verordnung zum Pflicht-Abbiegeassistenten in Wien Kraft treten sollen. Vorgesehen war ein Rechtsabbiegeverbot in Wien für alle Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, die kein Assistenzsystem eingebaut haben. Das wäre einem De-Facto Fahrverbot für nicht nachgerüstete Fahrzeuge im Stadtgebiet gleich gekommen.

"Ganze Reihe von Bedenken"

Den entsprechenden Verordnungsentwurf hatte Simas Vorgängerin, die frühere Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne), an die EU geschickt. Vonseiten der Europäischen Kommission habe es einen Einspruch gegeben, erklärte Sima am Dienstag auch im APA-Gespräch. Konkret wurden in der Stellungnahme "eine ganze Reihe von Bedenken" geäußert.

So gibt es etwa wettbewerbsrechtliche Bedenken oder auch Befürchtungen zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt, wie aus den Anmerkungen der Europäischen Kommission hervorgeht, die der APA teilweise vorliegen.

Außerdem seien weniger einschränkende Mittel im Vorfeld nicht geprüft worden, hieß es Weiters. Dies sei ein wichtiger Punkt: Bevor man so einen "extremen" Schritt wie ein Totalverbot setzt, müssten zunächst alle anderen möglichen Alternativen ausgeschöpft werden, damit die Maßnahme auch vor Höchstgerichten standhalte. Das sei aber unter Hebeins Ägide nicht geschehen, so Sima: "All diese Vorschritte sind einfach ausgelassen worden. Man hat gesagt, man macht gleich ein Verbot. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man da Schiffbruch erleidet, ist sehr groß."

Kreuzungen entschärfen

Die Stadt wird daher nun die Vorschläge der EU aufgreifen. In einem nächsten Schritt sollen konkrete Kreuzungen, wo es besonders erhöhte Gefahrenmomente gibt, überprüft und entschärft werden - wobei dies die MA 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) schon tue: "Das ist bei uns ohnehin Standard, aber ich werde das nochmals explizit im Zusammenhang mit dem Abbiegeassistenten beauftragen."

Wichtig sei es jedenfalls, eine gute Lösung zu finden, die rechtlich hält und die Verkehrssicherheit erhöht, wie betont wurde.

Gespräch mit Gewessler

Weiters will Sima das Gespräch mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) suchen. "Grundsätzlich ist es immer schwierig, sich als einzelnes Bundesland gegen Vorgaben der Europäischen Union zu stemmen. Da sind wir, wenn man so will, eine Nummer zu klein."

Die Wiener Stadträtin hofft auf Unterstützung vom Bund, um auf EU-Ebene etwas zu bewirken.

Weiteres wird an der bereits begonnenen Umrüstung des Fuhrparks der Stadt weiter festgehalten. 150 Fahrzeuge sind bereits mit Abbiegeassistenten nachgerüstet worden, pro Woche kommen zehn weitere dazu. Bis spätestens Frühling sollen alle Fahrzeuge mit damit ausgestattet sein.

Wiener Grüne kontern

Die Grünen wollen Simas Darstellung so nicht stehen lassen: Aus Brüssel habe es eine Stellungnahme mit "einzelnen Bedenken" gegeben, räumt Mobilitätssprecher Kilian Stark per Aussendung ein. Aber: Auf diese sei man im Verordnungsentwurf dann auch eingegangen.

"Da von der EU keine weitere Stellungnahme, geschweige denn ein Einspruch kam, gibt es keinen Hinderungsgrund für eine Einführung des Abbiegeassistenten. Der Einführung steht also nichts im Wege“, so Stark. 

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