Die prall gefüllte Kriegskasse der Wiener Ärztekammer

Ärztestreik im Herbst 2016
24 Millionen Euro liegen im Kampf- und Aktionsfonds. Für manche Ärzte ist das deutlich zu viel.

In genau einer Woche geht die Wiener Ärztekammer-Wahl zu Ende. Samstagabend könnte sich schon abzeichnen, wer die besten Chancen hat, nächster Präsident der Standesvertretung zu werden.

Er wird auch Herr über beachtliche Geldtöpfe sein. Allein der Kampf- und Aktionsfonds der Kammer ist derzeit mit 24 Millionen Euro prall gefüllt, finanziert aus den Pflichtbeiträgen der Mitglieder. Nur einen kleinen Teil davon gibt die Kammer auch aus, das Geld fließt vor allem in die Öffentlichkeitsarbeit. Im Zusammenhang mit verschiedenen Protestmaßnahmen (z. B. beim Konflikt um die Arbeitszeit in den Gemeindespitälern) war sie in den vergangenen Jahren besonders intensiv. Allein 2015 und 2016 gab die Kammer insgesamt drei Millionen Euro für Plakate, Inserate und Werbespots aus. "Der Fonds ist das Sparbuch der Wiener Ärztekammer", betonte zuletzt Präsident Thomas Szekeres im ORF. Er spricht von Rücklagen, "die wir für den Fall des Falles in der Hinterhand haben".

Nicht alle Ärzte sind restlos überzeugt, dass eine derart große Kriegskasse notwendig ist. "Die Hälfte an Geld würde auch ausreichen", sagt Anna Kreil, Spitzenkandidatin der Ärzte-Fraktion Asklepios Union, die bei dieser Kammerwahl erstmalig antritt. Sie kritisiert, dass die Kammer bei jeder neuen gesundheitspolitischen Idee gleich mit Blockade, Protestmaßnahmen und Streikdrohungen reagiert, statt mit der Politik und der Sozialversicherung in Diskussion zu treten. "Das ist kontraproduktiv." Lieber sollte die Kammer mehr Geld für die Entwicklung eigener Projekte und Ideen ausgeben.

"Dass es den Fonds als Ass im Ärmel gibt, ist in Ordnung, die Hälfte an Geldmitteln wären aber genug", sagt auch Wolfgang Mückstein von den Grünen Ärztinnen und Ärzten. Grundsätzlich sei das Thema aber eine kammerinterne Angelegenheit.

"Die Geldsumme ist gerechtfertigt und gut angelegt", sagt hingegen Gefäß- und Herzchirurg Peter Poslussny von der Fraktion "Kammerlight". "Wenn sich die ehemalige Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely Politik-Berater geleistet hat, muss auch die Ärztekammer Geld für Medienarbeit in die Hand nehmen." Viel mehr sei mit dieser Summe ohnehin nicht möglich. "Für den Ausgleich von Verdienstentgängen bei Streiks reicht sie nicht aus. Hätten im Herbst alle 3000 Ärzte in den Gemeindespitälern eine Woche lang gestreikt, wäre das Geld weg gewesen."

Wohlfahrtsfonds

Wichtiger wäre laut Poslussny eine Reform des Wohlfahrtsfonds. Das ist die kammereigene Pensionskassa, in die jeder Arzt (außer er ist befreit) 14 Prozent seinen Brutto-Grundgehalts einzahlen muss. "Eine Altersvorsorge ist legitim. Mich stört aber der Zwang daran. Das System müsste viel flexibler sein", fordert der Mediziner.

Zu leiden hätten vor allem Jungärzte darunter, die das Geld oft dringend für andere Dinge benötigen würden. "Man könnte ihnen ja die Möglichkeit geben, den Betrag erst später nachzuzahlen", sagt der Kammer-Funktionär. "Denkbar wäre aber auch, dass jeder, der das möchte, weniger bezahlt und dafür dann in der Pension eine geringere Auszahlung erhält."

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