"Die ÖVP ist nicht so fröhlich"

Eigentlich wenig zu lachen hat VP-Chef Manfred Juraczka nach den empfindlichen Verlusten der Wiener VP bei der Nationalratswahl. Der VP-Chef sucht nach einem neuen Lebensgefühl nach dem Vorbild der Neos.
Wiens Parteichef Manfred Juraczka sucht nach der Wahl die Ursachen für die Schlappe.

Seit 2012 leitet Manfred Juraczka die Geschicke der Wiener ÖVP. Der Parteichef über Ursula Stenzel, die Neos und fehlende Fröhlichkeit.

KURIER: Herr Juraczka, Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel ließ jüngst mit scharfer Kritik an Ihnen aufhorchen. Ist der Konflikt wieder beigelegt?
Juraczka:
Es gab eine Entschuldigung, es gab ein Shakehands und die einhellige Meinung des Landesparteivorstands, umgehend das Fair Play einzuhalten. Vergessen wir die Geschichte.

Was waren die Ursachen für die Wahlschlappe der ÖVP?
Die Zersplitterung des bürgerlichen Lagers hat sicher dazu beigetragen. Zugleich eine Politikverdrossenheit, die 360.000 Wiener dazu bewogen hat, gleich gar nicht zur Wahl zu gehen.

Die ÖVP hat also Ihrer Meinung nach keine Fehler gemacht?
Natürlich. Wir müssen unsere Themen wie Eigenverantwortung, Sparsamkeit, Leistung und Freiheit nicht nur kommunizieren, sondern auch mit Leben erfüllen.

Sie haben zuletzt auf zwei andere Themen gesetzt: Das Parkpickerl und die Mariahilfer Straße. War es nicht etwas zu wenig, nur Kritik zu üben?
Es ist die Rolle der Opposition, dass sie Entscheidungen der Regierung kritisch hinterfragt. Wir haben aber sowohl beim Parkpickerl als auch bei der Mariahilfer Straße eigene Lösungen präsentiert. Und wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Bürger eingebunden und befragt werden. Denn die Bürgerbeteiligung ist derzeit nur ein Taferl an der Tür der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.

Kritiker sagen, gerade der Kontakt zu den Bürgern sei das Problem der Wiener ÖVP. Viele Ihrer Mitarbeiter würden zu wenig mit den Leuten reden.
Das stimmt nicht. Wir haben viele Funktionäre und Freiwillige, die sehr engagiert sind. Man kann aber noch überall besser werden.

Sie sind auch angetreten, um die Partei zu verjüngen. Sind Politiker wie der 74-jährige Bezirksvorsteher von Döbling, Adi Tiller, wirklich ein Signal an die Jungen?
Man kann einen Politiker doch nicht nach der Geburtsurkunde beurteilen. Nur weil jemand älter ist, ist er kein schlechter Politiker. Gerade Tiller lebt Bürgernähe. Wir brauchen Junge und Alte. Wir müssen ein positives, optimistisches Lebensgefühl vermitteln.

Etwas, das die Neos derzeit viel mehr verkörpern.
Ja. Es war schon erstaunlich wie jung, frisch und fröhlich die Neos in diesem Wahlkampf gewirkt haben. Die ÖVP ist nicht so fröhlich.

Die Wiener Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger verließ mit ihrer Vorgängerin Christine Marek die Wiener ÖVP. Jetzt ist sie eine der großen Zukunftshoffnungen der Neos.
Frau Meinl-Reisinger war bei uns einfache Mitarbeiterin. Mir ist nicht bekannt, dass sie eine politische Karriere angestrebt hätte. Ich bin der Erste, der junge Menschen fördert, wenn sie auf mich zukommen. Es gibt aber schon auch eine gewisse Bringschuld.

Wie wollen Sie 2015 gegen die Neos in Wien bestehen?
Ich mache nicht Politik gegen irgend jemanden. Das gesamte Team der ÖVP wird ab sofort alles daran setzen, unsere Stärken herauszustreichen.

Was ist Ihr Ziel für die Gemeinderatswahl 2015 in Wien?
Ich will diese Stadt aus dem Joch von Rot-Grün befreien.

Sie stünden also für eine Rot-Schwarze Koalition in Wien zur Verfügung?
Die ÖVP stellt immer Gestaltungsanspruch. Es geht aber nicht um Posten und Positionen, sondern um eine klar erkennbare Handschrift. Das Verhandeln von Beauftragten überlassen wir gerne den Grünen.

Nein, einen Konflikt mit der Parteispitze habe es nie gegeben: „Es handelte sich bloß um Kritik, durch die auch schon ein Nachdenkprozess eingetreten ist“, sagt Ursula Stenzel. Wie berichtet hatte die ÖVP-Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt nach der Wahlschlappe am Sonntag Wiens Parteichef Manfred Juraczka massiv angegriffen. Dieser bringe, so Stenzel, bei TV-Interviews keinen geraden Satz heraus.

Nachzudenken haben die Stadtschwarzen derzeit vor allem darüber, wie man das massive Überlaufen der Wähler zu den Neos wieder stoppen kann. „Wir müssen offen sein für neue Gesichter“, sagt Stenzel dazu. Und an der Spitze der Stadtpartei brauche es eine Persönlichkeit, die mit der Aufgabe wachse. Ob das für Manfred Juraczka zutrifft? „Es liegt nicht an mir, das zu beurteilen. Aber als ich vor vielen Jahren Angela Merkel kennengelernt habe, war für mich auch nicht abzusehen, dass sie sich so entwickeln und steigern kann.“

Apropos neue Gesichter: Zuletzt wurde kolportiert, dass bei der Bezirkswahl 2015 Stenzel ihrerseits einem neuen Kandidaten Platz machen soll. Geht es nach Stenzel selbst, kann davon derzeit keine Rede sein. „Ich fühle mich völlig fit. Nach jetzigem Stand werde ich wieder antreten.“

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