Der Weg zurück auf den Wiener Christkindlmarkt
Man sieht den Markt vor lauter Menschen nicht.
Erst inmitten der Masse, umgeben von den kleinen Holzhütten, wird einem eigentlich bewusst, wo man da ist: auf dem Christkindmarkt.
Nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Pause, in denen die Märkte gar nicht oder nur mit groben Einschränkungen besucht werden konnten, scheinen die Menschen Samstagmittag den Weg zurück auf den Christkindlmarkt gefunden zu haben – und ihn nur allzu gerne zu beschreiten. Schon am Ausgang der U-Bahn-Station Schönbrunn staut es sich. Geduld muss man haben als Christkindlmarktbesucher.
Denn der einzige Gast ist man hier bei Weitem nicht. Die Besucherzahlen seien derzeit wieder so gut wie vor Corona, sagt Gabriela Schmidle, Veranstalterin des Weihnachtsmarkts Schönbrunn. Wie viele es genau seien, könne sie aber nicht sagen. Tageszählungen veranstalte man schon lange nicht mehr, sagt Schmidle.
Als Erstes der Wiener
Die derzeitige Buchungslage in Wien bestätigt aber Schmidles Eindruck: Mit weit über 70 Prozent sind auch die Wiener Hotels besser gebucht als im Rekordjahr 2019. „Allein im Dezember gab es ein Plus von 30 Prozent“, sagt Dominic Schmid, Obmann der Wiener Hoteliers.
Advent in Wien
Der Winter galt in Wien früher als schwache Tourismus-Zeit. Mit den Weihnachtsmärkten hat sich das geändert
Überholspur
Im Jahr 2019 zählte Wien im November und Dezember drei Millionen Nächtigungen. Mit über 70 Prozent seien die Hotels heuer besser gebucht, sagt Dominic Schmid, Obmann der Wiener Hoteliers
300 Einfahrtskarten
für Busse wurden für die ersten zwei Adventsamstage verkauft. Beim Schloss Schönbrunn und beim Stadionparkplatz wurden jeweils weitere 200 Busse gezählt
Dass die meisten Besucherinnen und Besucher, die am Samstag zum Weihnachtsmarkt Schönbrunn gekommen sind, Wiener sind, wagt an diesem Samstagvormittag aber keiner zu glauben. Mit mehr als 50 Prozent seien sie aber die stärkste Besuchergruppe, sagt Schmidle. Gefolgt von internationalen Gästen. Dass die Italiener an diesem verlängerten Wochenende besonders stark vertreten sind, täusche demnach nicht. Grund dafür sei, dass auch in Italien verlängertes Wochenende sei, sagt Schmidle. „Das ändert sich aber von Wochenende zu Wochenende. Vergangenes Wochenende waren die Rumänen hier“.
Den besonders starken touristischen Ansturm bemerkt aber nicht jeder: „Touristen waren hier immer“, sagt Drehorgelspieler Hans Peter Henhapel. Seit zehn Jahren spielt er auf dem Adventmarkt am Karlsplatz. „Und wir Österreicher fahren genauso in andere Städte auf Adventmärkte.“ Die Massen aus dem Ausland würden ihn deshalb nicht stören, sagt er – und stimmt auf Wunsch „In der Weihnachtsbäckerei“ an.
Bustouristen
Angereist kommen die Besucherinnen und Besucher übrigens nicht nur in überfüllten U-Bahnen. Ganz besonders auffällig sind derzeit die Touristinnen und Touristen, die mit dem Bus kommen. Zurück in Schönbrunn ist das deutlich spürbar: Im Minutentakt fahren die Fernreisebusse auf den großen Parkplatz, um dort die Gäste – häufig samt Guide – aussteigen zu lassen. An Samstagvormittagen sei das ganz normal, sagt Schmidle. Eine besinnliche Vorweihnachtsstimmung kommt dabei aber nicht auf: Der Zeitplan der Bustouristen ist eng getaktet. Viel Spielraum bleibt zwischen Sisi-Punsch und Brotsuppe nicht. Nicht umsonst erklärt eine junge Italienerin ihren Kindern, dass nicht genug Zeit bleibe, sich alle Stände anzusehen. Man müsse längst los, zurück zum Bus.
Zahlreiche Touristen reisen mit dem Bus an
Auch am Parkplatz gegenüber vom Schloss Schönbrunn fahren die Busse im Minutentakt ein
Am Christkindlmarkt beim Maria-Theresien-Platz geht es ähnlich zu. Bereits kurz nach Mittag steigen die ersten Adventmarkt-Touristen – teilweise noch mit Häferln in der Hand – wieder in ihre Busse.
Wenig Konsum?
Die Kritik, die Bustouristen würden kaum etwas konsumieren und schon gar nichts einkaufen, bewahrheitet sich zumindest in Schönbrunn nicht: „Man würde annehmen, dass die Leute aufgrund der Teuerung weniger einkaufen. Aber das ist gar nicht so“, sagt Laura vom „Keksausstecher“-Stand.
Auch vor den Gastroständen stehen rund um die Mittagszeit die Gäste eng gedrängt aneinander. Ein Blick auf die angeheftete Preisliste wird damit fast unmöglich.
Abseits von Schönbrunn zeigt sich ein ähnliches Bild: Auf dem Rathausplatz stehen die Leute für heißes Frittiertes in der Schlange, beim Glitzer-Karussell und beim kleinen Riesenrad kommt es zu Wartezeiten.
Keine Angst vor Corona
Angst vor einer neuerlichen Coronainfektion scheint dabei kaum jemand zu haben. Die Hüllen rund um Mund und Nase sind längst gefallen. Vereinzelt dürfte einigen aber – egal ob wegen Corona oder nicht – die Menschenansammlung doch zu viel werden. „Jetzt reicht es mir aber“, entfährt es einem Besucher angesichts der ihm entgegenkommenden Masse.
Für all jene, die dem Großansturm ebenso am liebsten ausweichen möchten, hat Weihnachtsmarkt-Veranstalterin Schmidle jedenfalls einen Tipp: „Die Wienerinnen und Wiener kommen meist erst abends“.
Bis dahin hat sich wahrscheinlich auch schon der Stau auf dem Weg aus der U-Bahn-Station gelöst.
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