Schönbrunn: Dutzenden Bäumen droht der Hitzetod
Bäume sind die effektivsten Verbündeten des Menschen im Kampf gegen urbane Sommerhitze und Tropennächte.
Doch dass sich diese Erkenntnis noch immer nicht durchgesetzt hat, beweist ein besonders drastisches Beispiel vor den Toren von Wiens Touristen-Hotspot schlechthin.
Denn auf dem 2019 eröffneten Großparkplatz vor dem Schloss Schönbrunn fristen die damals gesetzten 300 Jungbäume ein kümmerliches Dasein, wie Baumexperte Alexander Mayr-Harting von der Initiative „Zukunft Stadtbaum“ dem KURIER nach einem Lokalaugenschein mitteilt: „Rund ein Drittel des Baumbestandes leidet extrem unter mangelnder Bewässerung – und rund 40 bis 50 Jungbäume drohen abzusterben beziehungsweise sind bereits vertrocknet“, sagt der gelernte Forstwirt.
Keine Gießsäcke
Dabei zeigen Visualisierungen aus der Planungsphase des Schönbrunner „Arrival Centers“ noch eine grüne Idylle mit weitausladenden Bäumen und perfektem Kronenschluss bei fast durchgehendem Schatten. Eine Utopie, wie sie realiter wohl nie existieren wird, außer es ändert sich rasch etwas, so Mayr-Harting. Denn während jene Bäumchen, die bereits vollständig entlaubt sind respektive deren Blattwerk gänzlich verfärbt ist, nächstes Jahr nicht mehr austreiben könnten, zeigt sich beim Großteil der restlichen Exemplare de facto kein Wachstum. Und das seit nunmehr fünf Jahren. „Der Erfolg steht und fällt immer mit der Bewässerung. Wenn das nicht funktioniert, funktionieren auch die Zuwächse nicht“, so Mayr-Harting, der in Schönbrunn die in Wien längst etablierten Gießsäcke vermisst.
Diese würden das lebensnotwendige Nass auch bei betonharter, ausgetrockneter Erde zu den Wurzeln bringen. Idealerweise hätte schon beim Bau des Projekts eine unterirdische Bewässerungsanlage verlegt gehört, so der Baum-Blogger, aber offenbar hat dieser Flecken weniger Bedeutung als die penibel gepflegte barocke Schlossanlage. Obwohl der Standort herausfordernd sei – bis zu 14 Stunden täglich pralle Sonne, Autoabgase, dazu die Gischt der Salzstreuung – sei bei guter Pflege ein ordentlicher Baumbestand möglich: „Man muss seine Hausaufgaben machen, aber so funktioniert das einfach nicht. Schade um die verlorenen Jahre! Dabei ist das Wiental als Frischluft-Schneise für die ganze Stadt relevant“, sagt Mayr-Harting.
„Werden halt getauscht“
Er hat zudem schon nach dem ersten Sommer Alarm geschlagen, woraufhin sich einiges gebessert habe und die Bäume etwa einen Weißanstrich gegen die UV-Strahlung bekommen haben. Damals betonte die „Schloß Schönbrunn Kultur- u. Betriebsges.m.b.H.“ noch, dass man selbstredend auch großes Interesse habe, dass die Bäume gut gedeihen, jedoch ein Pilzbefall schuld am tristen Zustand mancher Exemplare sei. Nun verweist Schönbrunn in der Causa an den Parkplatzpächter Apcoa, der für die Baumpflege – durchgeführt von einer Fachfirma – verantwortlich sei. „Es sind junge Bäume, da überleben nicht alle, wenn sie frisch angepflanzt sind. Und dann werden sie halt ausgetauscht“, erklärt Apcoa-Chef Stefan Sadleder beschwichtigend. Nachsatz: „Natürlich nicht jetzt im Hochsommer.“
Wie viele Bäume seit der Eröffnung bereits eingegangen sind, kann Sadleder nicht sagen; auch nicht, warum keine Gießsäcke zum Einsatz kommen. Mittlerweile ist ein neuer Gartenbetrieb für die Baumpflege baubeauftragt, der vertragsgemäß seine Leistungen erbringe und daher „meines Wissens“ nicht schadenersatzpflichtig werde, so Sadleder. „Eine Anwuchsgarantie gibt es aber nicht, so etwas ist auch schwer zu bekommen.“ Und wann stellt sich die einst versprochene grüne Baum-Idylle ein? „Es wird Zeit brauchen“, meint Sadleder.
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