Der Kampf für geringere Miete kann teuer werden

Der Kampf für geringere Miete kann teuer werden
Die Stadt Wien warnt vor Firmen, die für hohe Provision Mietreduktion erstreiten.

80 Prozent der in Wien angebotenen Altbau-Wohnungen sind überteuert. „Bei vier von fünf Angeboten wird deutlich mehr verlangt, als es das Richtwertmieten-Gesetz erlaubt“, erklärt Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Mieter, die sich dagegen wehren, würden zum Teil gleich ein zweites Mal benachteiligt. Und zwar von Prozessfinanzieren, die eine dauerhafte Reduktion der Miete in Aussicht stellen – und dafür horrende Provisionen kassieren.

Online bieten diese Unternehmen „Geld-Zurück-Rechner“ an, die je nach Wohnungsgröße, Miethöhe und Einzugsjahr die potenzielle Kostenersparnis schätzen. „Hier wird schnell Hoffnung geweckt“, warnt der Leiter der Wiener Mieterhilfe, Christian Bartok, vor „teurer Abzocke“. Denn auf die Klienten kämen hohe Kosten zu. So verlangen Prozessfinanzierer Provisionen von 30 bis 45 Prozent der erstrittenen Summe. „Und nicht nur für die zu viel bezahlte Miete in der Vergangenheit, sondern auch für die zukünftige Ersparnis – bis drei Jahre im Voraus.“

Der Kampf für geringere Miete kann teuer werden
Mieterberatung
Die Stadt Wien warnt daher vor diesem Geschäftsmodell – zumal die Mieterhilfe kostenlos über Mietzins, Betriebskosten, verbotene Ablösen, vertragswidrige Klauseln im Mietvertrag oder Erhaltungspflichten des Vermieters informiere.

„Sollte sich herausstellen, dass zu viel Miete bezahlt wird, gibt es für Mieter die Möglichkeit bei der Wiener Schlichtungsstelle einen kostenlosen Antrag auf Überprüfung des Mietzinses zu stellen“, so Bartok. Vertretung bietet für einen vergleichsweise geringen Mitgliedsbeitrag die Mietervereinigung.

Betrüger unterwegs

Aktuell warnt die Stadt zudem vor Betrügern an der Haustür. Immer wieder würden sich Personen Zutritt zu Wohnanlagen verschaffen und sich als Mitarbeiter der MA25 (Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) ausgeben.

„Sie gaben jedes Mal an, eine behördliche Mietzinsüberprüfung durchzuführen und stellten eine deutliche Mietzinsreduktion in Aussicht. Die Bewohner sollten dafür ihre Verträge und ihre Mietzinsabrechnung offenlegen. In einigen Fällen wurden zudem Broschüren von Prozessfinanzierern angeboten“, heißt es aus dem Büro Ludwig. Ausweisen können sich diese Personen aber nie.

Keine Rechtsberatung

Ein Dorn im Auge sind die Prozessfinanzierer auch dem Österreichischen Rechtsanwaltsverein, der bereits gerichtliche Vergleiche gegen „Miete Runter“ oder „Mietenchecker“ erwirkte. Diese besagen unter anderem, dass die Unternehmen Kunden nicht selbst rechtlich beraten dürfen. Und sie dürfen auch nicht eigenmächtig Anwälte einschalten, sondern diese den Klienten bloß vorschlagen.

Ein Problem sei, meint man beim Rechtsanwaltsverein, „dass sich Prozessfinanzierer die einfachen Fälle aussuchen, bei denen sie die Chance auf eine schnelle Provision sehen. Sie nehmen nur, was sie mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen. Somit bräuchte der Klient sie eigentlich nicht“.

Das Argument der Stadt, wonach die Mieterberatung in Wien ohnehin kostenlos sei, wollen die Juristen so aber auch nicht stehen lassen. In der Praxis sei das Formulieren von Anträgen für Laien kompliziert. Anwälte könnten hier beistehen – eine Erfolgsgarantie könne man freilich nicht abgeben.

Die Filetstücke

Mit „Null Prozent Risiko“ werben dagegen die Prozessfinanzierer. Liege zwar ein gesetzwidriger Mietvertrag vor, sei die Verdienstchance jedoch zu gering, lehne man Fälle aber auch ab, gibt „Miete Runter“-Chef Christian Pultar zu. Schließlich trage man das gesamte Kostenrisiko. In solchen Fällen, verweise man an die Mietervereinigung. „Wir klauben uns nicht nur die Filetstücke heraus“, behauptet hingegen Peter Pauker, Geschäftsführer von „Mietenchecker“. Erst kürzlich habe man einen Fall bis zum Verfassungsgerichtshof getragen.

Die Kritik der Stadt perlt an beiden ab. Erst durch ihr Engagement wäre die Problematik der überhöhten Altbaumieten öffentlich sichtbar geworden. Zudem belege die Nachfrage den Bedarf, meint Pauker - "sonst würde es uns nicht schon seit drei Jahren geben."

Für Pultar haben die Haltungen von Stadt und Rechtsanwaltsverein politische Gründe: "Dem Stadtrat geht es um die Mietervereinigung - das ist eine Vorfeldorganisation der SPÖ. Aber vielleicht wollen viele Leute dort eben nicht Mitglied werden. Und der Rechtsanwaltsverein wird von Vermieter-Seite eingeschaltet." Geschäftschädigend seien die Warnungen vor den Prozessfinanzieren für diese jedoch nicht. "Konkurrenz belebt das Geschäft. Und je mehr Diskussion, desto mehr Werbung für uns", meint Pultar.

Keilermethoden an der Haustür, wie sie auch vom Rechtsanwaltsverein bestätigt werden, seien in der Branche zwar bekannt, sagt Pultar - würden aber bloß von Mitbewerbern praktiziert. Sowohl "MIete Runter", als auch "Mietenchecker" distanzieren sich von dieser Praktik.

Der Kampf für geringere Miete kann teuer werden
Wer Mietern besser zu ihrem Recht verhilft, ist eine Streitfrage.

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