Der Fahrradbeauftragte als Botschafter
Martin Blum ist in einer heiklen Mission. In Zeiten, da die rot-grüne Stadtregierung mit Parkpickerln, Tempo-30-Zonen und dem Ausbau des Radverkehrs in die Offensive geht, gibt es kaum Auseinandersetzungen, die heftiger geführt werden als das Thema Radverkehr. Längst wird in Onlineforen ein Kampf um die Straße geführt.
Der rote Klubobmann Rudi Schicker mahnte die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou jüngst sogar: "Den Krieg zwischen der Stadt und den Autofahrern sollte man bleiben lassen." Blum weiß um die Emotionalität des Themas. "Jahrzehntelang wurde den Menschen Autofahren als die große Freiheit verkauft. Dieses Bild gerät nun ins Wanken." Doch er fügt gleich hintan: "Ich will keinen Kampf, mir geht es um ein Miteinander."
Schwere Aufgabe
Der Vater von drei Kindern und Besitzer von drei Drahteseln ist so etwas wie ein Botschafter der Straße - ein Vermittler zwischen Tausenden Rad- und noch mehr Autofahrern. Nächste Woche wird Blum seinen Job als Fahrradbeauftragter und Leiter der neuen Radagentur antreten. Bis 2015 soll in Wien der Radverkehrsanteil auf 10 Prozent verdoppelt werden. "Das ist machbar", glaubt Blum. "So viele Radler wie jetzt hat es noch nie gegeben." Erstmals sei heuer an den Messstellen der Stadt die Millionengrenze überschritten worden. "München hat heute schon einen Radanteil von 15 Prozent. Das könnte hier möglich sein."
Doch wie möchte er dieses Ziel erreichen? Im Gespräch lässt der Wiener durchblicken, wie er sich die Zukunft auf der Straße vorstellt - "auch wenn konkrete Ansagen noch schwierig sind".
Einbahnstraßen Christoph Chorherr (G) forderte zuletzt: 98 Prozent aller Einbahnen sollen für Radler geöffnet werden. "Auf eine konkrete Zahl will ich mich nicht festlegen", sagt Blum. "Aber der Schritt wäre wichtig, weil das Rad sehr umwegsensibel ist." Das heißt, die Leute steigen nur um, wenn Wege kurz und direkt sind.
Innenstadtquerung Stadt und erster Bezirk ringen schon länger um eine bessere Innenstadtquerung für Radfahrer. Blum lässt mit einem Vorschlag aufhorchen. "Würde etwa die Einbahnregelung in der Postgasse aufgehoben, wäre eine Verbindung zwischen Stubentor und Schwedenplatz geschaffen." Bisher kommen Radler nur zwischen Albertina und Marc-Aurel-Straße zügig voran.
Fahrradstraßen Der Bund hat die Straßen, auf denen Radler gegenüber Pkw bevorrangt werden, vereitelt. Sie sind in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen. Blum hofft auf einen Sinneswandel im Bund. Es kursieren aber Straßennamen, die als "Fahrradstraßen Light" umgesetzt werden könnten: Hasner- (16. Bez.) und Goldschlagstraße (15. Bez.) sowie Pfeil- (8. Bez.) und Wasnergasse (20. Bez.) und sieben weitere Straßen. Blum kann die Pläne aber nicht bestätigen.
Wiental-Highway "Er sollte - sofern budgetär möglich - ausgebaut werden", sagt Blum und verweist auf London, wo sogenannte Superhighways für Radler geschaffen wurden. "Dort nahm der Radverkehr um 70 Prozent zu."
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