Zwei junge Männer lachen den Angeklagten ermutigend an. Der Angeklagte lächelt zurück. Er lacht sogar, als er von mehreren Justizwachebeamten in Handschellen in den Großen Schwurgerichtssaal gebracht wird.
Er sehe jetzt vieles anders, erklärt der 24-Jährige dem Richter. Es ist ausgerechnet jener Richter, der vor Jahren auch den Wien-Attentäter und einen Freund verurteilt hatte, weil die beiden nach Syrien zum IS reisen wollten.
"Ich lehne den IS ab", erklärt der junge Mann. Beim Reden gestikuliert er heftig mit seinen Armen.
Geschmackssache Lesezeichen
Doch gemeinsam mit seiner früheren Lebensgefährtin verkaufte er IS-Fanartikel in Telegram-Foren. Besonders gute Kunden bekamen auch Schokolade mit dem Logo dazu geschenkt. "Das hat sie gemacht. Ich habe ihr nur geholfen bei den männlichen Kunden", erklärt der Mann. Und: Die Lesezeichen, bei denen vermummte Männer Waffen Richtung Himmel strecken, die hätten ihm gar nicht gefallen.
Außerdem leitete er eine Chatgruppe, der auch der spätere Attentäter Kujtim F. angehörte. Der Gruppenname: "Die Muslime". Inhalt: Propaganda. Und Diskussionen über den "wahren" Glauben. "Wenn Sie den IS ablehnen, warum sind dann Leute in dieser Gruppe, die zum IS fahren wollten?", fragt der Richter.
Altbekannte Moschee
"So eng kannte ich Kujtim nicht", bekommt er als Antwort. Wohl aber besuchten beide Männer eine einschlägig bekannte Moschee in Wien-Ottakring. Laut Ermittlungsakt soll der Angeklagte auch in der Wohnung von Kujtim F. gewesen sein.
Ein Sachverständiger, der die Chats analysiert hat, kommt zu dem Entschluss: "Hätte ich die Chats vor dem Attentat zu beurteilen gehabt, hätte ich gesagt: Das ist sehr gefährlich, da muss man aufpassen."
Rechtsanwalt Florian Kreiner versucht, ein anderes Bild vom Angeklagten zu zeichnen: "Er hat als Zivildiener unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge betreut."
Urteil: 22 Monate Haft; nicht rechtskräftig. Es ist exakt die selbe Strafe, die einst auch Kujtim F. vom Richter bei seiner versuchten Ausreise nach Syrien bekam. "Ihr Gesinnungswandel ist noch nicht abgeschlossen", kommt er zu Schluss.
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