Demo gegen Mohammed-Film

Demo gegen Mohammed-Film
700 Demonstranten nahmen teil. Es war eine Nagelprobe für das Integrationsprojekt Wien.

In der islamischen Welt brennen westliche Einrichtungen wegen eines islamfeindlichen Videos. Auch in Paris und in der Schweiz kam es zu Zusammenstößen. Samstag versammelten sich vor der US-Botschaft in Wien rund 700 Demonstranten. Darunter auch Radikale, die die Einführung des Kalifats forderten. Die Kundgebung verlief allerdings ohne Zwischenfälle.

Es war eine Nagelprobe für das Integrationsprojekt Wien. Ein Projekt, in dem Verfassungsschutz und Polizei eine besondere Rolle spielen. Ein wesentlicher Akteur ist Erich Zwettler. Der 47-jährige Jurist ist Leiter des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Er hat einen schwierigen Job in Zeiten der religiösen und kulturellen Polarisierung. Und das in einer Stadt, in der so gut wie alle Religionen vertreten sind.

Religionsausübung

Demo gegen Mohammed-Film

"Unsere Aufgabe als Verfassungsschutz ist es, allen Menschen die freie und ungestörte Religionsausübung zu gewährleisten", sagt Zwettler.

Mit täglichen Lagebe­urteilungen versucht er, eventuelle Gefahren für Wien zu erkennen und steuert die Behördenmaßnahmen bis hin zum Einsatz von Sondereinheiten.

Zwettlers wichtigste "Waffe" ist aber das Handy. Da hat er die Telefonnummern der regionalen Religionsführer gespeichert. Denn der Verfassungsschützer baut auf Prävention. Und auf ein positives Klima in Wien, das auf das mehr als 200 Jahre alte Toleranzpatent von Kaiser Joseph II. zurückgeht. Und auf den Umstand, dass der Islam hierzulande bereits seit dem Jahr 1912 offiziell anerkannt ist. Mehr als 500.000 Muslime leben in Österreich.

"Man muss reden, zuhören und sie akzeptieren", sagt Zwettler. Das geht nicht mittels einer Vorladung. Man setzt sich regelmäßig zusammen. Im Gegenzug werden die Verfassungsschützer auch zu den wichtigen Festen eingeladen. Natürlich rücken sie auch aus, um etwa zum Ende des Ramadan zu gratulieren. Im Fachjargon nennt man das "Sicherheitsdialog".

Akzeptanz

Nachdem die überwiegende Mehrheit der Muslime in Österreich in Frieden leben will, können durch die regelmäßigen Kontakte Radikalisierungstendenzen sehr rasch erkannt werden. Zwettler: "Unser Ziel ist, dass nichts passiert. Ein geklärter Terroranschlag ist die zweitbeste Lösung."

Natürlich wurden diese Kontakte auch im Vorfeld der Demonstration vor der US-Botschaft aktiviert. Sofort distanzierte sich die Islamische Glaubensgemeinschaft. Und die Türkische Kulturgemeinde warnte vor einem "schmutzigen Spiel" und einer "Falle", und riet von einer Teilnahme ab.

"Wir sind nicht alleine verantwortlich für die hohe Lebensqualität in der Stadt. Wir haben aber in Sachen Polizeiarbeit ein unschlagbares Modell", sagt Zwettler. Ein Modell, das auch von den Uniformierten und der Kriminalpolizei mitgetragen wird. Oberst Johann Golob, Sprecher der Wiener Polizei: "Wir können mit allen Menschen in dieser Stadt reden." Mit einer gezielten Werbekampagne ist es nämlich gelungen, in kurzer Zeit den Anteil von Bewerbern mit Migrationshintergrund in der Polizeischule auf sieben Prozent zu steigern. Nur wenn man die Sprache der hier lebenden Menschen spricht, so Golob, könne man erfolgreich einschreiten.

Nach der Demonstration vor der amerikanischen Botschaft beginnt für Zwettler wieder der Alltag. Als Dauerbrenner beschäftigt ihn der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis. In letzter Zeit kocht auch der syrische Bürgerkrieg hoch.

Und dann gibt es noch eine Gruppe, die Zwettler emotional werden lässt. Eine Gruppe, mit der man nicht reden kann: die Rechtsradikalen. "Gerade vor unserem geschichtlichen Hintergrund fehlt mir für dieses Gedankengut jedes Verständnis. Für die ist da wirklich kein Platz."

Aufruhr: Sturm auf die Botschaften

Video Der mutmaßliche Produzent des schlecht gemachten Films, der weltweit Menschen aufbringt, ist ein vorbestrafter koptischer Christ aus den USA. Laut Behörden bediente sich der 55-jährige Nakoula Basseley Nakoula verschiedener Decknamen und soll wegen Bankbetrugs 2010 zu einer Haftstrafe von 21 Monaten verurteilt worden sein. Dabei sei ihm auch für fünf Jahre der Zugang zum Internet verboten worden. Islamisten machen aber nicht diesen Mann, sondern den Westen insgesamt verantwortlich für das Machwerk. Nach blutigen Unruhen in der gesamten islamischen Welt kauft die US-Regierung in TV-Anstalten Werbezeiten, um sich von dem Video zu distanzieren.

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