Das große Spiel um Häupls Nachfolge
Volksnah soll er sein, die zerstrittene Partei muss er wieder einigen. Und er soll das weltoffene Wien gegen eine mögliche schwarz-blaue Bundesregierung verteidigen. So sieht die Job-Description für den Nachfolger von Michael Häupl als Bürgermeister und Wiener SPÖ-Chef aus.
Mit Ausnahme von Michael Ludwig hat sich bis dato noch kein möglicher Kandidat aus der Deckung gewagt. Der oder die Herausforderer des Wohnbaustadtrats haben noch bis Anfang Jänner Zeit. So lange läuft die Bewerbungsfrist, ehe beim Landesparteitag am 27. Jänner der neue Parteichef gekürt wird. Voraussichtlich wenige Monate später wird er auch Bürgermeister sein. Die Chancen Ludwigs und seiner möglichen Konkurrenten:
Michael Ludwig:
Kaum ein Kirchtag oder Zeltfest, zu dem der 56-jährige Stadtrat aus Floridsdorf nicht in Lederhosen ausrückt. Ludwig ist der Favorit vieler Genossen aus den Flächenbezirken, die mit dem Kurs der rot-grünen Regierung unzufrieden sind. Damit stößt er auf heftigen Widerstand des linken Parteiflügels, der seine Kür ebenso wie Häupl noch verhindern will. Ludwig sei kein einender Kandidat, warnte etwa Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger. Keine Einzelmeinung: Beim Parteitag im April wurde er mit nur 68 Prozent als Vizeparteichef bestätigt. Seine Gefolgsleute bleiben gelassen: "Die Zustimmung zu Ludwig ist stark gestiegen", sagt Gemeinderat Christian Deutsch. Ludwig will auf alle Fälle die rot-grüne Regierung fortführen. Dass er mit der FPÖ liebäugelt – wie ihn seine Gegner unterstellen – wies zuletzt auch Häupl zurück.
Jürgen Czernohorszky:
Erst seit wenigen Monaten Bildungsstadtrat gilt der 40-Jährige als Zukunftshoffnung. Bisher in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend, sorgte er am Wahlabend mit einer flammenden Rede gegen den Rechtsruck für Jubel unter den Genossen. Seine Kür zum Parteichef würde dem Wunsch nach einem Generationenwechsel Rechnung tragen. Czernohorszkys Manko: Der Penzinger ist zwar seit Jugendtagen in der SPÖ verankert, muss sich im schwierigen Bildungsressort erst bewähren. Möglicher Kompromiss: Ludwig wird ein Übergangsbürgermeister, Czernohorszky als Nachfolger aufgebaut.
Ulli Sima:
Die Umweltstadträtin mit einem gewissen Faible für mediale Inszenierungen wäre ein idealer Kompromisskandidat, weil sie keinem Lager klar zuordenbar ist. Seit sie auch für die Stadtwerke zuständig ist, hat sie sich das Image als strenge Saniererin erarbeitet: Die Chefetagen wurden abgespeckt, Hunderte Beamte in Frühpension geschickt, der Konzern soll in eine GmbH umgewandelt werden. In den SPÖ-internen Grabenkämpfen hielt sie sich bis dato dezent zurück, im Wahlkampf war sie aber überaus aktiv. Als Manko orten Parteikenner ihre relativ geringe Machtbasis innerhalb der Wiener SPÖ.
Andreas Schieder:
Sollte die Bundespartei in der Opposition landen, stünden zahlreiche hochrangige Funktionäre für den begehrten Spitzenjob im Wiener Rathaus zur Verfügung. Einer davon ist Andreas Schieder. Dem Klubobmann im Nationalrat werden große Ambitionen für einen Wechsel nach Wien nachgesagt. Als langjähriger Abgeordneter und Ex-Staatssekretär kann der Penzinger Parteichef auf enorme Erfahrung zurückgreifen. Dem Lager rund um Ludwig gilt der Lebensgefährte von Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely aber als rotes Tuch.
Pamela Rendi-Wagner:
Auch ihr Auftritt im SPÖ-Festzelt am Sonntag wurde von den Genossen überaus wohlwollend goutiert. Mitarbeiter loben ihre hohe Fachkompetenz und ihre sympathische Art. Hinzu kommt noch: Viele in der Wiener SPÖ wünschen sich eine Frau als Parteichefin oder Bürgermeisterin. Das Manko der Ministerin: Erst seit wenigen Monaten im Amt, ist die Quereinsteigerin mit dem parteipolitischen Getriebe noch kaum vertraut. Ein Wiener Funktionär dazu: "Nach der Silberstein-Affäre ist parteipolitische Erfahrung wieder sehr viel wert."
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