Corona-Hilfen: Pleiten-Bilanz bei „Stolz auf Wien“

Das städtische Hilfsprogramm „Stolz auf Wien“ verzeichnet mit den Roberto Bars (links) die nächste Millionenpleite.
Am Neuen Markt in der Marco-d’Aviano-Gasse war einst die legendäre Reiss Bar zu Hause. Über die Adresse muss man sich erst mal drüber trauen. Roberto Pavlović-Hariwijadi traute sich im September 2021. Mit seiner dritten Roberto American Bar war endlich ein würdiger Nachfolger eingezogen, so der einhellige Tenor. Zu Recht, (nicht nur) die Schickeria fühlte sich in der intimen Atmosphäre wohl.
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Das Geschäft lief gut, gleichzeitig sorgte Corona für Startschwierigkeiten. Vor fast genau einem Jahr brauchte man Unterstützung und wurde Teil von „Stolz auf Wien“. Das Programm wurde von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) gegründet, um von der Pandemie gebeutelte Unternehmen zu unterstützen.

„Stolz auf Wien“-Chefin Forsthuber und Stadtrat Hanke (SPÖ) mit den Betreibern des Vestibüls, das ehemals Teil des Programms war.
Insolvenz kam unerwartet
Vor zwei Wochen musste die Roberto American Bar GmbH für alle drei Standorte überraschend Insolvenz anmelden, die Schulden belaufen sich auf rund zwei Millionen Euro, der KURIER berichtete.
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„Diese Insolvenz war nicht zu erwarten, sonst hätten wir kein Genussrecht zuerkannt“, sagt Barbara Forstuber, Geschäftsführerin von „Stolz auf Wien“. Zur Erklärung: Im Gegensatz zur ersten Förderschiene ist die Stadt bei zweiterer nicht mit öffentlichen Geldern beteiligt. Stattdessen erwerben externe Investoren Genussrechte.

Der Konkurs von „Habibi & Hawara“ (rechts) war das bisher größte Verlustgeschäft.
Ob ein externer Prüfer zum Fall der Roberto Bars hinzugezogen wird, betrate man im Beirat: „Es sieht aber nicht danach aus, dass es Unregelmäßigkeiten gab.“ Extern geprüft wurde auch die Millionenpleite von „Habibi & Hawara“. Das Ergebnis: Verdächtige Unregelmäßigkeiten in der finanziellen Gebarung konnten nicht festgestellt werden.
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Mit den Roberto Bars gibt es unter allen 50 „Stolz auf Wien“-Unternehmen inzwischen dreizehn Pleiten, fünf endeten in einem Konkurs. Zu einer Sanierung (positiv abgeschlossen oder in Durchführung) kam es bei der Bäckerei Gragger, den Restaurants „Sattlerei“ sowie „Berger & Lohn“, der Danube Waterfront (Lokal „Taste“), dem Onlinehändler „kyddo“ sowie Pörner Anlagenbau.
Hieß es vom Grand Café am Alsergrund noch vor einem Jahr, man habe dank „Stolz auf Wien“ den Umschwung geschafft, ist das Lokal inzwischen dauerhaft geschlossen. Der Sanierungsantrag wurde zurückgezogen, die nächste Tagsatzung ist für morgen angesetzt.
Die Hilfen
Über die „Stolz auf Wien“ Beteiligungs-GmbH hat die Stadt mit öffentlichen Mitteln maximal 20 Prozent auf längstens sieben Jahre an 30 Unternehmen gekauft. Bei „Stolz auf Wien II“ haben externe Investoren Genussrechte an 20 Gastronomie- und Tourismusbetrieben erworben
24,2 Millionen Euro
flossen über beide Förderschienen in die Unternehmen. Laut Stadt wurden 969 Arbeitsplätze gesichert. Insgesamt hätten sich 190 Firmen beworben, 50 wurden am Ende ausgewählt
Die Wien Holding
Bei „Stolz auf Wien II“ hält die stadteigene Wien Holding als Gesellschafter ein Stammkapital von 15,9 Prozent, das bei der Gründung einbezahlt wurde. Dieses sei laut Vertrag nicht an Gewinne oder Verluste gebunden und werde nach Ende des Projekts wieder zurückfließen
Das Ende
Die Unternehmen können ihre Anteile bis 2028 zurückkaufen. Ist man dazu nicht in der Lage, könne die Stadt ihre Anteile gewinnbringend verkaufen
Bis zu zwei Millionen Verlust
In Summe verlor man bisher 1,5 bis zwei Millionen Euro an öffentlichen Geldern. Ob man diese durch andere, gewinnbringende Beteiligungen ausgleichen kann? „Das ist theoretisch möglich, wir können aber keine konkrete Einschätzung abgeben. Das wäre vermessen“, sagt Forsthuber.
Wie sich die Unternehmen entwickeln, hänge auch von der Wirtschaftslage ab. „Die Insolvenzen sind 2023 um rund 13 Prozent gestiegen, das betrifft den gesamten Markt und natürlich auch die ‚Stolz auf Wien-Unternehmen‘.“
War die Rettung strauchelnder Firmen möglicherweise ein hehres, aber am Ende unrealistisches Ziel? Nein, findet Forsthuber: „Es gibt eine Vielzahl sehr erfolgreicher Unternehmen im Portfolio, die dank der Hilfen wieder wachsen können.“ Ebenso könnten sich in Sanierung befindliche Unternehmen wieder erholen.
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Als Geschäftsführerin zieht sie eine vorläufig positive Bilanz. „Das Projekt ist eine hervorragende, wohl durchdachte Unterstützungsmaßnahme für die Wiener Wirtschaft. Die meisten unserer Unternehmen hätten trotz hoher Coronaunterstützungen seitens des Bundes diese schwierige Phase ohne ‚Stolz auf Wien‘ nicht überstanden.“
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