„Ich schmeiß’ Tausende Lokalrunden“
2,50 € für einen halben Liter Leitungswasser. Mit dieser Neuerung machten die Cafés Landtmann, Museum und Mozart vor Kurzem Schlagzeilen. Besitzer und Kaffeesieder-Obmann Berndt Querfeld im KURIER-Gespräch über den Wert des Leitungswassers, Lohnkosten und Nichtraucherschutz.
KURIER: Herr Querfeld, hat es das Café Landtmann nötig, den Gästen das Leitungswasser zu verrechnen?
Berndt Querfeld: Das ist eine Prinzipfrage. Ein Gastronom erzielt seinen Umsatz durch den Verkauf von Speisen und Getränken. Wenn ich Getränke jetzt verschenke – und Wasser ist ein Getränk – schmeiß’ ich im Prinzip Tausende Lokalrunden. Tatsache ist aber, dass es etwas kostet, wenn man in dieser Lage 1500 Quadratmeter Betriebsfläche angemietet hat, ein 140 Jahre altes Kaffeehaus in Schuss hält und 92 Mitarbeiter hat. Das muss jemand bezahlen. Wenn Menschen also lieber ein Glas Leitungswasser trinken als ein „Vöslauer“ ohne Kohlensäure, dann serviere ich es ihnen gerne. Wenn es aber jemand nur bestellt, weil es kostenlos ist, finde ich das unhöflich.
Der Kellner wird die Motive des Gastes aber kaum unterscheiden können.
Eben. Darum verkaufe ich es. In dem Moment, in dem der Gast das Wasser aktiv bestellt, bezahlt er dafür. Dann kann er sich aussuchen, ob er es prickelnd als Soda oder still haben will.
Nicht alle Kaffeehaus-Betreiber sind Ihrer Meinung. Christine Sedlar, Chefin des Café Prückel, empfindet ein Glas Wasser im Kaffeehaus z. B. als „Akt der Höflichkeit“ und will es auch weiterhin gratis servieren.
Ja, zum Kaffee. Und das steht auch überhaupt nicht zur Debatte. Wir servieren am Tag bis zu 1000 Wasser zum Kaffee, die werden auch gratis bleiben. Aber die Zeiten ändern sich. Die Lohnkosten sind der wesentlichste Faktor in einem Kaffeehaus geworden.
Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner sorgt sich ob des kostenpflichtigen Glases Wasser um das Image Wiens.
Wenn das Image Wiens an einem Glas Wasser hängt, dann muss sich der Wien-Tourismus mehr anstrengen. Ich dachte, dass die hauptsächliche Aufgabe dieser Institution die Unterstützung der Tourismusbetriebe wäre.
Hätten Sie mit einer derartigen Empörung gerechnet?
Die ist doch mediengemacht. Im Ganzen hab’ ich gerade einmal zehn Beschwerde-Mails bekommen, und im Lokal bekommen die Ober überhaupt kein Feedback dazu. 40 bis 60 Leute bestellen am Tag eine Karaffe Wasser. Wir haben durch die Neuerung keinen Umsatzrückgang und auch nicht weniger Gäste.
Als Obmann der Kaffeesieder haben Sie Vorbildwirkung. Was raten Sie Ihren Branchenkollegen?
Jeder soll für sein Unternehmen tun, was er für richtig hält. Das muss jeder selber wissen. Aber es gibt Kollegen, die haben zu mir gesagt: „Fang du an, ich schau mir das an.“ Die Problematik ist ja nicht neu. Vor zwei Jahren haben wir schon darüber gesprochen, dass man punkto Wasser was machen muss: Der Wasserkonsum nahm ständig zu – wir servieren zum Beispiel 150 bis 200 große Gläser Wasser am Tag, mehr als Mineralwasser. Gleichzeitig glauben die Gäste aber, dass das Wasser immer kostenlos bleiben muss.
Vermutlich, weil es aus der Wasserleitung kommt.
Gäste setzen die Preise gern mit dem Wareneinsatz gleich. Aber gehen Sie einmal in einen Supermarkt, kaufen Sie sich eine Flasche Wasser und fragen Sie dann die Kassierin, wo Sie sich damit gemütlich hinsetzen können und ob Sie danach aufs WC gehen können.
Ein gutes Stichwort. Ist es angesichts von Lohnkosten und Arbeitsaufwand nicht auch denkbar, dass die Gäste irgendwann für die Benützung der Toiletten bezahlen müssen?
Ein Klo im Betrieb ist eine Selbstverständlichkeit. Der Rathausplatz bringt uns täglich Hunderte WC-Gäste. Und wir haben auch eine WC-Frau – deshalb haben wir keinen Vandalismus und höchstens alle drei Jahre einmal eine Beschwerde über die Sauberkeit. Es bleibt jedem selber überlassen, ob er ihr ein Trinkgeld geben will. Aber unser Angebot wird mit der Konsumation abgedeckt, eine WC-Gebühr wird es deshalb nicht geben.
Ein weiteres Thema, das in der Gastronomie zurzeit für Aufregung sorgt, ist der Nichtraucherschutz. Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs dürfen Nichtraucher in Lokalen nicht mehr durch den Raucherbereich gehen müssen, wenn sie an die Bar oder aufs WC wollen. Wie ist im Bezug darauf die Stimmung in der Branche?
Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Klarstellung getroffen, das Gesetz hat sich ja nicht verändert. Das Gesundheitsministerium begrüßt naturgemäß diese Entwicklung – und wir müssen damit klarkommen. Bis gestern durfte der Raucherraum von Nichtrauchern durchschritten werden, aber jetzt macht sich der Gastronom strafbar. Aber der Unternehmer hat den Raucherraum ja nicht so angelegt, weil er dumm ist, sondern weil es die Behörde so erlaubt hat. Jetzt herrscht natürlich Katzenjammer. Viele Betriebe fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Zum Teil können es die Kollegen aber auch schon gar nicht mehr hören. Der Trend geht ja ohnehin zum absoluten Nichtrauchen.
Schon vor einem Jahr verlangte Berndt Querfeld Geld für ein Glas Wasser. Allerdings nur auf Basis einer freiwilligen Spende. Der Verein „Besseres Wasser“ rief 2012 ein Projekt ins Leben, bei dem eine Trinkwasseraufbereitsungsanlage in Sierra Leone unterstützt werden konnte. Namhafte Lokale wie das Neni am Naschmarkt oder die Wäscherei in der Josefstadt machten ebenfalls mit. Querfeld, der gleichzeitig Obmann der Wiener Kaffeesieder in der Wirtschaftskammer ist, unterstützte die Aktion als Obmann. Er selbst testete die Aktion im Café Hofburg. Mit wenig Erfolg. Das Wasser in seinem Flaggschiff Café Landtmann blieb aber noch kostenlos.
„Das Glas Wasser ist ein sehr heikles Thema“, sagte Querfeld damals. Für viele gehöre es zum Kaffeehausbesuch dazu. Es gebe allerdings viele Gäste die das Gratis-Angebot ausnützen würden: „Wir servieren im Landtmann mehr Gläser Leitungswasser als Mineralwasser – da ist das Glas Wasser zum Kaffee nicht mitgerechnet.“
Wandel
Seit wenigen Wochen verlangt Querfeld nun in drei seiner Kaffeehäuser Geld für ein Glas Wasser. Ein halber Liter im Café Landtmann, Museum und Mozart kostet 2,50 Euro. Willy Turecek, Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer, sieht im Vorstoß von Querfeld eine Vorbildwirkung. „Das wird für andere Lokale Anlass sein, selbst über Geld für Wasser nachzudenken.“
Hinter vorgehaltener Hand bestätigen Gastronomen, dass sie erst abwarten wollten, wie sich Querfeld mit seinem Vorstoß schlägt. Nachdem die großen Reklamationen ausbleiben, denken viele bereits nach, ebenfalls Geld fürs Wasser zu verlangen. Wenn nicht heuer, dann im nächsten Jahr.
Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner sorgt sich hingegen um den Ruf Wiens. Das Glas Wasser zähle zum traditionellen Service in Wiener Kaffeehäusern. „Dieses Image wird nun leichtfertig verspielt.“
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