Causa Aliyev: Kasachen jagen einen Toten
Mit dem noch nicht rechtskräftigen Freispruch von Rakhat Aliyev und zwei Mitangeklagten vom Vorwurf des Doppelmordes am Landesgericht Wien ist es um diese Affäre zwar ruhig geworden, aber sie ist noch lange nicht vorbei. Österreichische Gerichte sind noch mit Nebenfronten beschäftigt. Und der kasachische Geheimdienst KNB jagt nun einen Toten, weil die Machthaber in Astana den Tod des verhassten Ex-Präsidenten-Schwiegersohnes und Exbotschafters in Wien nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Zwielicht
Sie bleiben in Wien. Nachdem die kasachische Generalstaatsanwaltschaft wissen ließ, dass sie die Freisprüche nicht akzeptiert und Mussayev für 15 Jahre und den Sicherheitsberater für 18 Jahre hinter Gitter setzen wolle, hält sich ihr Heimweh nach der kasachischen Steppe in Grenzen. Als abgebrühter KGB-Oberst und späterer Geheimdienstchef hat Mussayev die beinahe einjährige U-Haft am besten verkraftet. Seinen spartanischen Facebook-Auftritt ziert der sinnige Slogan: "Solange die Leute über dich reden, kannst du davon ausgehen, dass sie DEIN Leben spannender finden als ihr eigenes...!"
Noch immer nicht erledigt ist die Angelegenheit für Aliyevs Witwe, Elnara Shorazova. Ist sie jetzt eine reiche Erbin? Niemand weiß es. Die Vermögensverhältnisse seien sehr kompliziert, heißt es dazu aus ihrer Umgebung. Als Witwe wird sie jedoch noch immer von der Justiz wegen anhängiger Geldwäschevorwürfe verfolgt. Das ist mit ein Grund, warum Anwalt Manfred Ainedter und sein Team noch weiter gebraucht werden. Wobei Ainedter, so wie beim Hauptverfahren, auch in dieser Causa Unregelmäßigkeiten beim Bundeskriminalamt vermutet: "Es ist unglaublich, dass ein Kriminalbeamter, der in dieser Causa wegen verschiedener Verdachtsmomente angezeigt wurde, noch immer ermitteln darf."
KNB-Propaganda
Die Frau und ihre Familie sehen sich auch einer massiven Gefährdung durch den kasachischen KNB ausgesetzt. Denn die Machthaber in Astana scheinen sich mit dem Tod des über viele Jahre von ihnen gejagten Aliyevs noch nicht abgefunden zu haben. Es werden Meldungen lanciert, dass Aliyev noch lebe und dass sein Grab am Wiener Zentralfriedhof eine Täuschung sei.
Auch Ainedters Kontrahent, der Wiener Anwalt Gabriel Lansky, der als Opfervertreter auftritt, kommt in dieser Causa ebenfalls noch lange nicht zur Ruhe. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen angeblicher nachrichtendienstlicher Tätigkeit für den KNB. Das Monsterverfahren, das sich neben Lansky auf gegen neun Kanzleimitarbeiter und Privatdetektive richtet, wurde von Wien an die Staatsanwaltschaft Linz abgetreten.
Wie aber einer parlamentarischen Anfragebeantwortung zu entnehmen ist, kümmern sich in Linz gleich zwei Staatsanwälte unter "Moderation" des Leiters der Linzer Staatsanwaltschaft um die Causa. Wesentlich ist die Frage, ob interne Akten, die aus der Kanzlei Lansky an die Öffentlichkeit gelangten, verwendet werden dürfen. Dazu gibt es keine Auskünfte. Das Verfahren ist eine "Verschlusssache". Wohl aber war zu erfahren, dass die Linzer Staatsanwaltschaft in wenigen Wochen ein Zwischenergebnis vorlegen will.
Beurlaubung
Dann ist auch zu erfahren, wie es mit der beurlaubten Staatsanwältin und zwei Kriminalbeamten weiter geht, die von der Aliyev-Verteidigung wegen Geheimnisverrates und Amtsmissbrauches angezeigt wurden.
Anwalt Lansky, der die Vorwürfe heftigst bestreitet, verweist aber schon jetzt auf einige Beschlüsse des Landesgerichts Linz, in denen festgehalten wurde, dass es eben keinen dringenden Tatverdacht gebe.
Daneben ist Lansky derzeit eine gefragte Auskunftsperson im Hypo-Untersuchungsausschuss. Und er konnte auch wieder neue, prominente Klienten gewinnen. Etwa den ukrainischen Ex-Premier Nikolai Asarow, der sich zu Unrecht von der Interpol verfolgt fühlt.
Rachefeldzug
Ungemach droht nun auch dem kasachischen Fußballverband (FFK), dessen Präsident Rakhat Aliyev einmal war. Jetzt kommt Aliyevs 25-jähriger Sohn Aisultan Nasarbayev, der einen Rachefeldzug im Verband plant. Aisultan, der den Namen seines Großvaters und Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajew geerbt hatte, ist in Wien aufgewachsen, und hat auch hier die Liebe zum Fußball entdeckt. In einem rebellischen Brief stellte er im August den Führungsanspruch im Verband, wo er gegen verfängliche Bekanntschaften, Korruption und politische Einflussnahme vorgehen will. Die kasachischen Funktionäre reagieren sauer: "Gerade vor Kurzem sind wir einen Rebellen – deinen Vater – losgeworden, da schau – jetzt kommt der nächste!" Aber das ist dann eine innerkasachische Angelegenheit.
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