Ein übertrieben enges Verhältnis zu den Medien hatte Hannes Derfler nie. Und so ist es nur stimmig, dass der SPÖ-Politiker am Tag nach Bekanntwerden seines überraschenden Rückzugs als Brigittenauer Bezirksvorsteher erst einmal auf Tauchstation ging. Soll heißen: Kein Interview, keine Stellungnahme zu seinem Abgang.
Und so wird heftig über die Hintergründe des Rücktritts des 59-Jährigen spekuliert, der immerhin 15 Jahre im Amt war. ÖVP und FPÖ stellen einen Zusammenhang mit einem Interview im Mai her, in dem Derfler mögliche Integrationsprobleme im Bezirk in Abrede stellte. Anlass war ein grausamer Mord im Dealer-Milieu.
„Diese Geschichte hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt von Derflers Rückzug“, betont SPÖ-Bezirksparteichef Erich Valentin. Vielmehr habe er intern schon im September angekündigt, dass er sich zurückziehen wolle.
Gewachsene Anforderungen
Andere in der SPÖ sehen sehr wohl einen Zusammenhang mit dem verunglückten Interview, in dem er etwa keine Brennpunktschulen im Bezirk orten wollte. Wegbegleiter sprechen etwas verklausuliert von den in den vergangenen Jahren enorm gewachsenen Anforderungen, die der Job eines Bezirksvorstehers mit sich bringe. „Hatten sie es früher eher gemütlich, stehen auch sie heute voll im medialen Rampenlicht und müssen Fragen zu Kanaldeckeln bis zu Migration und Integration beantworten“, sagt ein Roter. „Wenn man keine Antwort binnen weniger Stunden liefert, heißt es gleich, man habe sein Amt nicht im Griff. Das lässt die Politiker in ihrer Funktion rascher abnutzen.“
Für Bezirksparteichef Valentin zählen Derflers Erfolge: Bei den Bezirksvertretungswahlen sei er stets im Spitzenfeld aller Bezirksvorsther gelegen. 2020 erreichte Derfler 45,02 Prozent. Nur die roten Amtkollegen in Favoriten und der Donaustadt schnitten besser ab. 2015 war Derfler mit 41,7 Prozent gar der erfolgreichste rote Bezirksvorsteher.
Logische Nachfolgerin
Die Latte für seine Nachfolgerin, Christine Dubravac-Widholm, liegt also durchaus hoch. Der bisherigen Stellvertreterin Derflers wird intern jedoch hohe Fachkompetenz zugeschrieben, vor allem im Bereich Jugend, aber auch in der Bezirksentwicklung.
Diese wird sie bei Großprojekten wie der Umgestaltung der Wallensteinstraße und der Quartierentwicklung auf dem Nordwestbahnhof-Areal auch benötigen.
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