"Das Ringelspiel wird zum Luxus"

"Das Ringelspiel wird zum Luxus"
Im Böhmischen Prater kämpfen die Unternehmer gegen den anhaltenden Besucherschwund.

Das Riesenrad steht meistens still. Auf der Kinderautobahn warten vier Mini-Limousinen auf den Startschuss, der immer seltener fällt. Und am Kiosk daneben stellt sich niemand um Eis am Stiel, Dreh&Drink oder eingelegte Salzgurken an.

Irgendwo im Hintergrund erklingen leise Schlagermelodien. Sonst ist es still. Nur hie und da wirft jemand Münzen in eine der kleinen Attraktionen. Dann klingt es im Umkreis von zehn Metern für zwei Minuten ein bisschen nach Jahrmarkt. Eine Fahrt mit dem märchenhaften Kaffeetassen-Karussell um 1,50 €. Vierjährigen Mädchen gefällt so was. Ein typischer Samstag im Böhmischen Prater.

Öffis fehlen

Die geschichtsträchtige Amüsiermeile "des kleinen Mannes" mitten im Naturschutzgebiet des Laaer Bergs hat schon bessere Zeiten erlebt. Wiener finden schon selten her, Touristen sieht man überhaupt keine.

"Weil die Öffis nicht herfahren, weil es zu wenig Parkplätze gibt und weil wir uns weder einen Shuttlebus, noch Reklame leisten können", erklärt Schausteller Franz Reinhardt, Sprecher der Unternehmer. Und noch ein Grund spiele mit: "Die Leut’ können sich einfach immer weniger leisten."

Bilder: Ein grauer Samstag im Böhmischen Prater

"Das Ringelspiel wird zum Luxus"

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"Vergnügen, Action, Skaten – das kostet alles was. Unser Ringelspiel wird langsam ein Luxus", meint auch Henriette Geissler. Die alteingesessene Schaustellerin betreibt die Oldtimer-Bahn ("die passt zu mir"), das Raupen-Karussell (Baujahr 1929) und den Minigolfplatz. Ihr besonderer Stolz ist die Drehorgel von 1913, die noch immer funktionieren würde.

Es ist die Liebe zum Böhmischen Prater, wo ein Platz nach ihrem verstorbenen Mann Otto Geissler benannt ist, der die rüstige Unternehmerin weitermachen lässt. "Dass ist eine Frage des Pflichtgefühls. Wir sperren jeden Tag um 10 in der Früh auf", sagt sie. "Wer hat schon so einen schönen Job?! Ich sitz’ unter blühenden Bäumen und genieß’ die gute Luft."

Der Umsatz, den sie dabei macht, reicht gerade einmal aus, um ihre beiden Mitarbeiter zu bezahlen. "Neue Geschäfte können wir uns mit dem, was hereinkommt, aber nicht mehr leisten", erklärt Geissler. Genau wie Reinhardt ist sie aber sicher: "Es wird auch wieder bergauf gehen."

Konkurrenzdruck

Nicht ganz so optimistisch ist Karl Mayer, der das älteste Holzkarussell Europas betreibt. Die Pferde und Kutschen darauf stammen noch aus der Zeit Kaiser Franz Josephs. "Ich kämpfe hier seit 60 Jahren", erzählt er. "Aber es wird immer schwieriger. Der Konkurrenzdruck durch viele Events in ganz Wien ist enorm. Außerdem gibt’s heute schon vor sämtlichen Einkaufszentren kleine Ringelspiele. Das ist für die Kinder nichts Seltenes mehr."

Mit dem Geschäft weitgehend zufrieden ist dagegen Josef Mann, dessen "Bierstadl" "zumindest bei Schönwetter" gut besucht ist. Das mag mit dem Budweiser zu tun haben, das hier dank spezieller Zapftechnik mindestens ebenso frisch schmeckt, wie im Schweizerhaus. Oder damit, dass Backhendl und Spareribs nicht nur gut, sondern auch günstig sind.

Ein Grund ist sicher aber auch, dass es im Böhmischen Prater kein öffentliches WC gibt. Das beschert Mann "viele Klo-Gäste". Bei sechs Litern Wasser pro Spülgang kommt ihm das nicht gerade billig. (Kassieren will er trotzdem nicht dafür.)

Nostalgie

In einem Punkt sind sich die Unternehmer einig: Das Casino am hinteren Ende des Praters, gegen das die Junge VP mobil macht, sei ein Segen ("im Gegensatz zur Jungen VP"). "Wir sind froh, dass es das gibt", stellt Reinhardt klar. Weil es die Kundenfrequenz fördert, und weil Jugendliche ohnehin keinen Zutritt haben.

Die Besucher an diesem Samstagnachmittag nehmen ebenfalls keinen Anstoß am Casino. Bettina R. (32) ist mit ihrer 6-jährigen Tochter Mira aus Nostalgie-Gründen da. "Das sind romantische Kindheitserinnerungen bei mir: an Zuckerwatte, Karusselle und gute Laune." Außerdem sei der Böhmische nicht so "überladen, laut und stressig wie der Wurstel-Prater".

Heidrun Martinello ist derselben Meinung. Die 71-Jährige kommt seit 45 Jahren her – erst mit ihrem Sohn, nun mit der Enkeltochter. Magdalena ist vier und hat heute Geburtstag. "Wir kommen auch jedes Jahr am Muttertag und hören den Drehorgelspielern zu. Das ist Tradition bei uns: Zuerst zum Minigolfspielen, zum Tichy auf ein Eis und dann in den Böhmischen Prater."

Mit einer Reihe uriger Veranstaltungen versuchen die Unternehmer im Böhmischen Prater dem Besucherschwund gegenzusteuern. Das reicht von Wiener-Lied-Abenden bis zum traditionellen Mittelalterfest. Das bunte Treiben der Ritter, Hexen, Burgfräulein und Landsknechte findet heuer von 29. Mai bis 1. Juni am neu renovierten Tivoli statt.

Bereits am 3. Mai spielt ebendort Wiener Blues gemeinsam mit Harry Prünster. Am 1. Mai sorgt die XLargeCompany für Stimmung.

Brauchtumspflege

Schausteller Franz Reinhardt veranstaltet von 9. bis 11. Mai das 30. internationale Drehorgeltreffen im Böhmischen Prater. Teilnehmer aus sieben Ländern werden dazu erwartet.

Auf die Bewahrung des traditionellen Wienerlieds zielt der monatliche Musikantentreff beim Spenglerwirt ab, der ebenfalls auf Reinhardts Konto geht.

Ebenso wie Bohemia – das Fest der böhmischen Blasmusik, das immer am letzten Donnerstag des Monats stattfindet. Das nächste Mal ist es am 24. April so weit. Alle weiteren Termine sind auf der Prater-Homepage zu finden.

www.böhmischerprater.at

www.tivoli.at

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