Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Über das Bildnis eines NS-Opfers wurde ein Hakenkreuz geschmiert
Die Bilder, die derzeit am Wiener Ring aufgestellt sind, wurden am Sonntag schon zum dritten Mal mutwillig zerstört.

Die Erinnerungsbilder an die Opfer der NS-Verfolgung auf der Ringstraße sind erneut beschädigt worden. In der Nacht auf Montag wurden mehrere Porträtfotos von Überlebenden des NS-Gräuels zerschnitten.

„Die Bilder standen schon in der ganzen Welt. Sowas ist aber nur in Wien passiert“, sagt Peter Schwarz, Geschäftsführer vos psychosozialen Zentrums ESRA, auf dessen Initiative die Bilder in Wien ausgestellt wurden. Die Portraits von Überlebenden aus der Nazi-Zeit stammen vom italienischen Fotokünstler Luigi Toscano. Die Fotoschau "Gegen das Vergessen" mit hunderten Portraits sollte eigentlich noch bis 31. Mai zu sehen sein.

Peter Schwarz von ESRA sagt dem KURIER, dass es im Vorfeld keine speziellen Anfeindungen gegen das psychosoziale Zentrum gegeben hätte. „Ich denke, das sind Menschen, die mit der Vergangenheit nicht umgehen können“, sagt Schwarz.

Laut Harald Sörös, Pressesprecher der Wiener Polizei, haben zwei Tathandlungen bereits vergangene Woche stattgefunden; die dritte nun in der Nacht auf Montag: „Es wird überprüft, ob der Platz möglicherweise durch Videoüberwachung abgedeckt sein könnte. Näheres ist derzeit unbekannt.“ Die Wiener Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Der Künstler Luigi Toscano, der die Bilder gemacht hat, äußerte sich zu dem Vandalenakt über Facebook: "Ich bin einfach nur sprachlos, schon wieder gab es ein Anschlag auf meine Bilder. Österreich was ist los mit dir???? Weder die Polizei noch das Österreichische Innenministerium sind in der Lage Schutz zu leisten."

Mahnwachen angekündigt

Das Performancekollektiv Nesterval mit seinem Ensemble und Team will die Kunstwerke bis zum Ende der Ausstellung am 31. Mai bewachen - pausenlos, schrieb das Kollektiv auf Facebook. Gegenüber dem ORF sagte eine Sprecherin des Vereins mit 60 fixen Mitgliedern, dass man sich alle zwei, drei Stunden ablösen wolle.  „Wir stehen auf. Gegen das Vergessen. Gegen den Hass“, hieß es auf Facebook. Wer aktiv mithelfen möchte, könne sich via Mail an team@nesterval.at wenden.

Auch die Muslimische Jugend Österreich rief zu einer Nachtwacheaktion auf. Denn speziell Muslime „sind zu dieser Zeit wach, weil sie ihr Fasten brechen, das Nachtgebet verrichten und sich für den neuen Fastentag vorbereiten“, hieß es in einem Facebook-Posting.

Auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wird am Montagabend um 19:30 eine Mahnwache bei der Ausstellung "Gegen das Vergessen" abhalten. Der Linzer Bischof Manfred Scheuer und der evangelische Bischof Michael Bünker zeigten sich ebenfalls entsetzt.

 

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Die angekündigten Mahnwachen haben sich Montagnachmittag zusammengeschlossen, berichtet die APA. Auch die Wiener youngCaritas und die Katholische Jugend werden unter dem Motto "Wir passen auf!" die Tafeln bis zum Ausstellungsende am 31. Mai bewachen. Klaus Schwertner, Wien-Chef der Caritas, twitterte Montag gegen 17:00 Uhr Fotos von Menschen, die die zerstörten Porträts wieder zusammennähen.

 

Van der Bellen tief betroffen

„Tief betroffen“ zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Ich weiß, dass der allergrößte Teil der österreichischen Gesellschaft einen klaren, ablehnenden Standpunkt zu den NS-Gräueltaten hat. Dass es welche gibt, die mit der Wahrheit und dem Mahnen, das diese Fotos ausdrücken, nicht umgehen können, ist erschütternd. Es muss für uns Ansporn sein, Empathie und Menschenwürde in das Zentrum von Worten und Taten zu stellen“, twitterte der Bundespräsident. „#NiemalsWieder darf nicht zur Floskel werden - wir müssen es täglich leben!“, forderte Van der Bellen.

Bilder von Holocaust-Überlebenden zerstört und beschmiert

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) reagierte in einer Aussendung am Montag „entsetzt und betroffen“ über die neuerliche Beschädigung der Erinnerungsbilder. Auch Caritas-Präsident Michael Landau verurteilte die Zerstörung: „Unfassbar und beschämend!“, schrieb er auf Twitter.

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, forderte auf Twitter Konsequenzen. Die SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, zeigte sich in einer Aussendung erschüttert und kündigte eine parlamentarische Anfrage zum Stand der Ermittlungen an.

Am 7. Mai eröffnet

Die Foto-Ausstellung ist direkt auf der Ringstraße vor dem Heldenplatz platziert und bis Ende Mai zu sehen. Sie wurde vom Zentrum ESRA nach Wien geholt, das seit 25 Jahren Überlebende der NS-Verfolgung und andere traumatisierte Menschen betreut und behandelt. Die Eröffnung am 7. Mai erfolgte durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

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