Bewegung im öffentlichen Raum liegt im Trend
Ellbogen unter die Schulter. Kopf in gerader Verlängerung der Wirbelsäule. Schulter und Gesäß nach oben drücken. So funktioniert ein Plank (Ellbogenstütz, Anm.) Strafverschärfend wird zusätzlich zuerst das rechte Bein vom Gesäß nach hinten gedrückt, dann das linke. Dann wieder das rechte, und dann das linke...
„Jungbrunnen“
Jeden Mittwoch im Sommer empfangen Gerald Grahofer und Dominic Neubauer auf der Wiese vor dem Kinderfreibad im Augarten Sportwillige zum funktionellen Körpertraining – pünktlich um 18.30 Uhr. „Krafttraining ist der Jungbrunnen Nummer eins und geht immer vor dem Ausdauertraining“, sagt Grahofer. Deswegen bringt er zum Training Kettlebells (Rundgewichte), Battle-Ropes (dicke Seile), Medizinbälle und Boxhandschuhe mit. Der Rest der Übungen erfolgt mit Eigengewicht – ein bisschen laufen, Liegestütze und Kniebeugen. „Da kann man nicht viel falsch machen“, sagt Grahofer – und erklärt sicherheitshalber: „Die Knie dürfen nicht nach innen kippen und nicht nach außen fallen.“
Im Juli und August werden in vielen Wiener Parks Trainings angeboten (siehe unten). „Es liegt im Trend, Sport in der Natur zu machen“, sagt Otmar Weiß, Sportsoziologe und Leiter des Instituts für Sportwissenschaft und Universitätssport auf der Schmelz.
Während über die Aktion „Bewegt im Park“ in vielen Wiener Parks kostenlose Kurse von den Sportverbänden ASKÖ, ASVÖ und Sportunion angeboten werden – im Helmut-Zilk-Park im Sonnwendviertel etwa täglich von Wirbelsäulengymnastik bis Shaolin Kung Fu – rücken mittlerweile auch immer mehr private Anbieter in die Parks vor. Solange kein „Wildwuchs“ mit überteuerten Preisen entstehe, sei der Sporttrend in den Wiener Anlagen laut Weiß durchwegs positiv zu bewerten.
Fit-Mach-Mit
Das scheinen auch mache Besucher im Augarten so zu sehen. Während eine Frau auf der Liegewiese das Training von Gerald Grahofer anfangs noch recht skeptisch beäugt, entdeckt dieser gegen Ende, dass die Frau die einfachen Übungen auf ihrem Badetuch nachstellt.
Zwei ältere Herrschaften, die mit ihrem Hund Gassi waren, setzten sich sogar auf das Bankerl gegenüber, um den Sportbegeisterten beim Schwitzen in der Öffentlichkeit zuzuschauen. Nach Ende des Trainings zeigten sie zustimmend den Daumen nach oben. Die Teilnehmer nahmen es nickend zur Kenntnis – und wollen nächsten Mittwoch wiederkommen.
"Herabschauender Hund" beim Flak-Turm
Yoga im Augarten. Hinter einer Hecke versteckt wird Balance gehalten
Monday-Yoga (Montag um 18.30 Uhr), Midweek-Yoga (Mittwoch um 18.30 Uhr) oder Thursday-Yoga (Donnerstag um 18.30 Uhr) – wer den Sonnengruß, den „Herabschauenden Hund“ (siehe Bild) und die „Kleine Kobra“ im Sommer vom Studio nach draußen verlagern will, ist gut beraten, im Augarten vorbeizuschauen. Dort hält Julia Hofgartner Yoga-Stunden ab. „Die Menschen sind einfach glücklicher nach einer Stunde Yoga draußen, als im Studio“, sagt Hofgartner.
Aber nicht nur das: Man könne sich an der frischen Luft besser entspannen, würde ausreichend Vitamin D von der Sonne aufsaugen, was den Serotoninhaushalt stärke, und die Balancehaltungen im Yoga seien effektiver, wenn sie auf unebenem Wiesenboden geprobt werden, nicht auf glattem Studioboden. „Viele sitzen sowieso den ganzen Tag im Büro, da muss man danach nicht auch noch Yoga in einem Raum machen“, sagt Julia Hofgartner.
INFO: Yoga & Juliet, bis September (solange es warm ist) auf der Wiese beim Kinderbad im Augarten. Freie Spende.
Folklore unter der Reichsbrücke
Tanzclub. Dienstags wird auf der Donauinsel dem Volkstanz gefrönt
Pünktlich um 19 Uhr versammeln sich Hobbytänzer in der Nähe des Leuchtturms nördlich der Reichsbrücke auf der Donauinsel, um gemeinsam im Kreis zu tanzen.
Es war im Jahr 1980, als
Raimund Sobotka am Universitäts-Sportzentrum Schmelz die „Folklore-Tanzrunde Schmelz“ gründete – eine der ersten Tanzrunden
Wiens, die sich Volkstänzen aus Europa verschrieben hatte. 1998 kam man schließlich auf die Idee, „das tänzerische Sommerloch“ zu schließen. Seitdem gibt es das Sommertanzen vom „Tanzklub Folklore“ auf der Wiener Donauinsel. Wöchentlich kommen zwischen 50 und 80 Menschen, um gemeinsam Kreis- und Kettentänze zu tanzen.
Für den Großteil der Tänze ist kein Partner erforderlich, manchmal seien aber Partnertänze erwünscht, sagt Sebastian Safranek vom „Tanzklub Folklore“. Menschen jeden Alters sind willkommen, Anfänger genauso wie Fortgeschrittene. Wenn’s regnet, wird unter die Reichsbrücke ausgewichen.
INFO: Dienstags im Juli und August, 19 bis 21.30 Uhr. Am letzten Abend Live-Musik; freie Spende.
Selbstverteidigung mit „Meister Ali“
Shaolin Kung Fu. Dienstag und Donnerstag gratis im Helmut-Zilk-Park
Wenn Dienstagabend im Helmut-Zilk-Park in Favoriten die Shaolin-Kung-Fu-Gruppe übt, bleiben Spaziergänger reihenweise stehen. „Meister
Ali“, ein Kung-Fu-Lehrer der Sportunion Favoriten, gibt dort jeden Dienstag und Donnerstag um 19 Uhr die Kenntnisse seiner Lehre weiter – und zwar kostenlos. Das ist bei allen Kursen der Aktion „Bewegt im Park“ so. Online ist das Programm einsehbar. Eine Anmeldung ist nicht notwendig: Man kommt vorbei und probiert mitunter Sportarten aus, die man eigentlich niemals testen wollte. So wie Shaolin Kung Fu.
Bei der chinesischen Kampfsportart geht es nicht ums Beine brechen, sondern um Dehnung, Koordination, Kräftigung – und Meditation. Auch Selbstverteidigungstechniken – vor allem für Frauen – werden trainiert. „Shaolin Kung Fu macht uns nicht nur körperlich stark, sondern formt uns auch zu achtsamen, hilfsbereiten Persönlichkeiten“, sagt „Meister Ali“ Ali Haidar. Mitmachen kann jeder, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
INFO: www.bewegt-im-park.at
Dem Frisbee ins Netz gegangen
Spikeball & Ultimate Frisbee. Ultimative Trendsporterfahrung im Park
Wer gerne eine neue Sportart ausprobieren will, ist Mittwochabend gut im Prater aufgehoben. Von 18 bis 20 Uhr findet auf der Jesuitenwiese Ultimate Frisbee statt. „Dabei bewegt man die Scheibe mit Passen zu“, sagt Kursleiter Sandro Aluede. Zwei Teams spielen gegeneinander, die Scheibe muss in einer Endzone gefangen werden. „Das Spiel basiert auf Fair-Play“, sagt Aluede. Schiedsrichter gibt es nicht, Fouls werden auf dem Spielfeld ausdiskutiert. „Und das Beste ist: Frauen und Männer können auf hohem Niveau zusammenspielen.“
Viele Ultimate-Frisbee Spieler spielen auch Spikeball. Eine Mischung aus Volleyball und Tischtennis, wie Aluede erklärt. Dabei wird ein Netz auf dem Boden aufgestellt, jeweils zwei Spieler einer Mannschaft müssen den Ball nach oben pritschen und versuchen, den Ball so ins Netz zu schlagen, dass ihn die andere Mannschaft nicht mehr abfangen kann.
INFO: Ultimate Frisbee von Ultimate Vienna: Mittwoch von 18 bis 20 Uhr auf der Jesuitenwiese im Prater; Spikeball bis September jeden Donnerstag von 18 bis 20 Uhr im Sigmund-Freud-Park.
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