Computer soll Baustellen-Chaos verhindern

Neue Strategien für Wiens Umleitungen: Starke Rechner und Computerprogramme sollen Staus und Zeitverlust mindern.
Neue Maßnahmen sollen alte Probleme lösen. Im Wiener Wahljahr ist eine Blamage verboten.

Mit teurer Technik geht die Stadt Wien heuer gegen Staus und Zeitverlust vor. Erstmals werden Computerprogramme und starke Rechner eingesetzt. Vor allem bei der Erstellung der Umleitungen – für die sechs größten Bauvorhaben – setzt die Baudirektion auf neue Strategien.

Beim KURIER-Lokalaugenschein auf der Gudrunstraße in Wien-Favoriten ging Peter Lenz, der neue Baustellenkoordinator, ins Detail: "Speziell um den Hauptbahnhof muss im heurigen Sommer mit massiven Behinderungen gerechnet werden. Denn das neue Stadtentwicklungsgebiet wird in den kommenden Monaten an das Verkehrswege-Netz angeschlossen."

Computer soll Baustellen-Chaos verhindern
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Eine Herausforderung für die Planer. Denn das Bahnhofsareal umfasst 109 Hektar und ist damit so groß wie der 8. Bezirk. "Hier hilft das Computer-Programm. Denn leistungsstarke Rechner können die Verkehrsströme in der Regel sogar besser als routinierte Techniker analysieren."

So werden Wochentage, Witterung, Kfz-Kapazität, Ampelschaltungen, Öffi-Beteiligung am Gesamtverkehr und Tageszeiten eingegeben. Dank dieser Parameter kann der Verkehr berechnet werden. "Die Software sucht schließlich die effizientesten Ausweichrouten durch die Häuserschluchten des 10. Bezirks. Wir können, wenn es die Infrastruktur erlaubt, sogar aus verschiedenen Varianten wählen", erklärt Lenz.

Zusätzlich zu den errechneten Umleitungen werden auf diesen Routen keine anderen Baulose mehr eröffnet. "Sonst ist jede Berechnung hinfällig. Heuer wird es betreffend Doppelbelastungen durch Arbeiten keine Ausnahmen geben. Projekte, die zu stark stören, müssen auf 2016 verlegt werden", spricht Lenz Klartext.

Stau-Hotspot Gürtel Zum Einsatz kommt die computergesteuerte Planung bei den sechs Großbaustellen der Saison (Hauptbahnhof, Gürtelbrücke, Innerer Gürtel bei der Mariahilfer Straße, Brünner Straße, Spitalgasse und Linzer Straße). Vor allem die Rohrverlegungen am Inneren Neubau- und Lerchenfelder Gürtel werden die Nerven der Autofahrer auf eine harte Probe stellen. Denn während der Ferienzeit müssen zwei Spuren gesperrt werden.

Computer soll Baustellen-Chaos verhindern
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Für Volksanwalt Peter Fichtenbauer reagierte die Stadt Wien nach der "Skandal-Saison 2014 völlig richtig. Denn nach den Fehlleistungen auf der Westeinfahrt des Vorjahres wurde ein Prüfungsverfahren gegen die ausführende Baufirma eingeleitet. Damals ging im Westen Wiens drei Tage lang nichts mehr. Und das nur, weil Baubescheide einfach ignoriert wurden." Ergebnisse zu dem Verfahren liegen noch nicht vor. Volksanwalt Fichtenbauer kündigte auch für heuer eine genaue Kontrolle der Baustellen-Problematik in der Stadt an: "Bei uns gingen 2014 Hunderte erboste Anrufe ein. Dauer-Stau ärgert den Bürger, kostet Geld und jede Menge wertvolle Zeit."

Um den Baufirmen zu zeigen, dass Vorschriften einzuhalten sind, kündigt die Baudirektion mit der MA 46 (Straßenbau) für morgen, Donnerstag, die erste große Kontrolle an. Im Fokus steht die Brünner Straße vor dem Krankenhaus Nord. Denn im Wahljahr kann sich die Stadt Wien keine weitere Blamage in Sachen Baustellen leisten.

Um die kritisierten Bauunternehmen zu motivieren, werden erstmals Prämien ausbezahlt. Für jede Woche, die ein Auftrag schneller fertig wird, gibt es Geld.

Insgesamt 12.386 Straßen-Baustellen fallen heuer in Wien in die Verantwortung des Rathauses. Parallel dazu führt die Asfinag die Generalsanierung der Tangente durch. Zum Teil dauern die Arbeiten an der maroden Stadtautobahn bis 2018 (Neubau der Hochstraße).

Aktuell wird die Erdberger Brücke auf der Tangente abgerissen. Die Behelfsbrücke dafür ist bereits in Betrieb. Doch der Abriss des 45 Jahre alten Tragwerkes verlangt höchste technische Präzision und wird vom Donaukanal aus durchgeführt. Dafür wurde unter dem Bauwerk eine 90 Meter lange und 12 Meter breite, schwimmende Arbeitsplattform in Position gebracht. Das Pontonschiff und die eingespielte Besatzung mussten von der Asfinag aus Deutschland engagiert werden. Bereits in drei Tagen soll der Mittelteil der Brücke herausgebrochen sein. Durch die ungewöhnliche Abbruch-Taktik wird die Bauzeit an der Tangente – im Idealfall – um zehn Monate verkürzt.

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