Friedhof: Fließt Leichengift ins Grundwasser?
Sonja Vojcsik ist schockiert. Nachdem im November des vorigen Jahres ihr Mann auf dem Baumgartner Friedhof beigesetzt wurde, ließ die Witwe die Familiengruft heuer im März erneut öffnen, um daran Reparaturen durchführen zu lassen. Da stand das Wasser 1,90 Meter hoch in der Gruft. Der Sarg ihres Mannes lag nicht darin, sondern er schwamm. Auch für das Begräbnis hatten die Bestatter erst das Wasser aus dem Grab schöpfen müssen.
Ökologisches Problem?
Die Gruft der Familie Vojcsik wurde zum ersten Mal 1913 in Anspruch genommen. Dann 1920, 1959, 1962 und 1973. Als 2012 Sonja Vojcsiks Mann starb, wollte sie die sterblichen Überreste der zuvor verstorbenen Angehörigen in einen Sarg zusammenlegen, um Platz für ihren Gatten zu schaffen.
Da man ihr jedoch zwei Särge verrechnete, wurde die Witwe hellhörig. Der Bestatter teilte ihr mit, dass die einst in Holzsärgen beigesetzten Leichen durch jahrelanges Liegen im Wasser derart aufgedunsen seien, dass sie nicht in einem Sarg Platz hätten. Vojcsik befürchtet nun ein ökologisches Problem und überlegt, sich ans Umweltministerium zu wenden: „Was passiert, wenn das Leichengift tausendfach ins Grundwasser gelangt?“
Bei der „Bestattung und Friedhöfe (B&F) GmbH“ teilt man dazu mit, dass das Problem der Staunässe auf dem Baumgartner Friedhof, „den es seit ein paar hundert Jahren gibt“, seit Langem bekannt sei. Deshalb würden die Kunden darüber informiert und nach Möglichkeit keine Neubestattungen in den sensiblen Bereichen durchgeführt, erklärt B&F-Sprecher Florian Keusch. Dass das Grundwasser belastet ist, glaubt man bei B&F aber nicht. „Wir haben am Zentralfriedhof Messungen durchgeführt. Dort gab es keine negativen Auswirkungen aufs Grundwasser.“
Im Fall des Baumgartner Friedhofs führte man bis dato allerdings keine derartigen Untersuchungen durch.
Geringer Giftanteil
Gerald Loew, Leiter der MA45 (Wiener Gewässer), vermutet eingedrungenes Regenwasser als Ursache für die nasse Gruft und versucht zu beruhigen: „Diese Befürchtung wird immer wieder formuliert, aber sämtliche Studien zeigen, dass es keine messbare Beeinträchtigung des Grundwassers gibt. Der Giftanteil eines Menschen ist zu gering. Es geht hier eher um ein emotionales Problem.“
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