Auf Wohlfühl-Kurs für die neue Mariahilfer Straße
Architektin Frederica Rijkenberg hat einige Verkehrsprojekte geplant: "Bei jedem gab es anfangs Aufregung, aber so groß wie hier war sie noch nie." Mit ihrem niederländischen Planungsbüro hat Rijkenberg bereits mehrere Fußgängerzonen umgesetzt, nun hilft sie mit ihrer Expertise beim Umbau der Mariahilfer Straße. Gemeinsam mit dem Wiener Büro Orso.Pitro plant sie den Umbau der Einkaufsstraße. Ihre Pläne sind ab sofort im Rahmen einer Ausstellung in der Mariahilfer Straße 103 zu sehen.
Gezeigt werden Renderings, ein Modell und Detailpläne. So sind auch neue Sitzmöbel oder die Pflasterung zu sehen. Zwei Mitarbeiter stehen für Fragen zur Verfügung, überlebensgroße Visualisierungen sollen Lust auf die neue Straße machen. Denn bei der Abstimmung geht es um sehr viel – vor allem für Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.
Grüne Tiere
Die Wiener Grünen haben daher alles mobilisiert, um die Anrainer bei Hausbesuchen von der Verkehrsberuhigung zu überzeugen. Dazu kommt eine 250.000 Euro schwere Kampagne, bei denen man ganz auf süße Tiere setzt. Durchaus mit Erfolg, wie Politologe Peter Filzmaier meint. Denn in der Werbung würden vor allem drei Dinge positive Emotionen wecken: Autos, Kinder und Tiere.
"Gerade jetzt ist man an einer Beruhigung interessiert, um Gegner nicht noch mehr zu mobilisieren", sagt Filzmaier. Polarisierende Bilder sind da out. Doch wer kann schon etwas Negatives über Tiere sagen? Eben.
Das sei auch eine Überlebensstrategie für die Zeit nach der Abstimmung, sagt Filzmaier: "Würde diese negativ ausgehen, und man hätte etwa Maria Vassilakou plakatiert, würde unweigerlich eine Ablösedebatte folgen." Die Stadt tut sich da leichter: Plakatiert werden Sujets, die die umgebaute Mariahilfer Straße zeigen, gern auch mit kleinen Kindern. "Das Neue soll das Alte überdecken", sagt Filzmaier, "denn über die bisherige Vorgangsweise breitet man lieber den Mantel des Schweigens."
Viel wichtiger als die Plakatkampagne seien aber noch immer die direkten Kontakte an der Haustür. Während die Grünen von Tür zu Tür rennen, hält sich die SPÖ hier nobel zurück. "Naheliegend", sagt Filzmaier. Würde man mobilisieren, das Ziel aber nicht erreichen, hätte man ohne Not eine Niederlage für ein grünes Projekt eingefahren. Ginge die Befragung negativ aus, müssten die Roten sofort ein anderes emotionales Thema wie Mieten setzen, um das Votum zu überdecken.
Für die Grünen wäre eine "Nein" zur Verkehrsberuhigung dagegen ein nachhaltiger Image-Schaden. Vor allem weil alles so stark dokumentiert sei, sagt Filzmaier: "Der politische Gegner braucht nur Vorher/Nachher-Bilder herzeigen".
Geht es nach Rijkenberg, soll es gar nicht so weit kommen. Und wenn die Abstimmung negativ ausgeht? "Die Enttäuschung wäre schon groß", sagt die Architektin. "Aber es ist eben die Entscheidung der Bürger".
Vor eineinhalb Jahren musste am unteren Ende der Burggasse eine Fahrspur einem Radstreifen weichen. Doch mit der "Mariahilfer Straße Neu" nahm der Verkehr dort zu. Das Resultat: Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger ließ den Radweg zwischen Volkstheater und MuseumsQuartier nun wieder entfernen – "schweren Herzens", wie er sagt.
Das Problem war, dass wegen der Rechtsabbieger auf die Zweierlinie der Verkehr nicht mehr flüssig aus der Burggasse abfließen konnte. Rückstaus waren die Folge. Dazu kamen negative Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr: "Die Straßenbahnlinie 49 wurde durch Autos im Kreuzungsbereich behindert", erklärt Blimlinger.
Änderungen der Ampelphasen sollten Abhilfe schaffen, änderten zum Leidwesen des Bezirkschefs – selbst überzeugter Radfahrer – allerdings wenig. Darum nun die Entscheidung, als "letzte Konsequenz" den Fahrradstreifen wieder zu entfernen. "Der Abfluss aus der Burggasse funktioniert damit wieder leichter."
Froh macht Blimlinger der Status quo aber nicht.
In der Burggasse gibt es jetzt nur noch von Stiftgasse bis Breite Gasse einen Fahrstreifen für Radler. Wie es insgesamt weitergeht, wird auch von der Befragung zur Mariahilfer Straße abhängen.
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