Wenn es um die Personalnot in den Spitälern geht, stehen aktuell vor allem die städtischen Krankenhäuser des Gesundheitsverbunds (Wigev) im Fokus. Dabei ist bei anderen Spitalsträgern die Lage kaum besser.
Das zeigt das Beispiel des renommierten Orthopädischen Spitals Speising, das zur Vinzenz Gruppe gehört. Zuletzt erreichten den
KURIER mehrere Beschwerden über die dortige prekäre Personalsituation. Demnach würden bereits derart viele Pflegekräfte fehlen, dass der OP-Betrieb massiv eingeschränkt sei.
Ein Befund, den auch Betriebsratsvorsitzende Helga Kien teilt: „Ein nicht unerheblicher Teil der OP-Säle muss aufgrund von Personalmangel immer wieder gesperrt werden“, schildert sie. Viele Pflegekräfte würden in private Spitäler wechseln, Ersatz gebe es keinen. Es seien sogar andere Berufsgruppen gebeten worden, das Instrumentieren bei Operationen zu übernehmen, was normalerweise Aufgabe der Pflege sei.
Wie in den Gemeindespitälern hätten zuletzt auch in Speising die Mitarbeiter wiederholt Gefährdungsanzeigen verfasst, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, sagt die Betriebsrätin.
Druck von allen Seiten
In den vergangenen Monaten sei der Druck gleich von mehreren Seiten her massiv gestiegen: Immer noch, so Kien, sei man damit beschäftigt, jene Operationen abzuarbeiten, die aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden mussten. Hinzu käme neuerdings aus den Wigev-Spitälern, die ihrerseits unter enormer Personalnot leiden, das Ansuchen, Unfall-Patienten zu übernehmen. „Dabei wissen wir kaum, wie wir unsere eigenen Patienten versorgen sollen“, beklagt die Speisinger Betriebsrätin.
All das führe zu quälend langen Wartezeiten für die Patienten. Laut Kien würden sie bei Knie- oder Hüftoperationen derzeit im Schnitt bei rund einem Jahr liegen. Das wäre deutlich länger als in den offiziellen Angaben des Spitals. Auch die Ärzte sind mehr und mehr frustriert: „Wir sind die meiste Zeit damit beschäftigt, die Patienten, die so lange warten müssen, zu vertrösten“, sagt ein Oberarzt, der namentlich nicht genannt werden möchte, zum KURIER.
Kritik an der Führung
Mitverantwortlich für die Misere sei auch das Management des Spitals, sagt Kien. „Die Führung des Spitals setzt keine Maßnahmen, um das bestehende Personal zu halten oder neues zu gewinnen.“ Dabei gehe es nicht nur um mehr Gehalt, sondern auch um flexiblere Arbeitszeit-Modelle und eine bessere Planung der Operationen.
Seitens des Spitals weist man die Vorwürfe zurück: „Der Pflegekräftemangel ist allgemein bekannt und ein brennendes politisches Thema, führt aber zu keinen Leistungs- und Qualitätseinschränkungen in Speising“, sagt ein Sprecher. Vielmehr finde der OP-Betrieb nach Plan statt. „Aktuell müssen eher einzelne OP-Termine durch krankheitsbedingte Ausfälle seitens der Patienten verschoben werden.“
Noch keine Einigung gibt es bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die Ordensspitäler. Wie berichtet hielten deshalb die Mitarbeiter in Speising und fünf anderen Häusern in der Vorwoche einen Warnstreik ab. Nun stehen schärfere Maßnahmen im Raum.
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