Ärztestreit: Gewerkschaft bleibt auf Linie
Tag der Entscheidung im Wiener Ärzte-Streit. Wie berichtet, stimmten fast 90 Prozent der Ärzte gegen das neue Dienstmodell, in dem neben der Arbeitszeit auch neue Gehaltsschemen und der Stellenabbau von 382 Ärzten fixiert wurden. Daran dürfte sich trotz Protesten nichts ändern. Stadträtin Sonja Wehsely (SP) lädt heute, Donnerstag, Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres und Gewerkschaftsboss Christian Meidlinger zum Gipfeltreffen. Dabei wird die weitere Vorgangsweise beraten. Der KURIER hat Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wird das Paket noch einmal aufgeschnürt und nachverhandelt?
Sehr unwahrscheinlich. „Das ist definitiv kein Nachverhandlungstermin“, heißt es aus dem Büro der Gesundheitsstadträtin. Eher sei der Termin dazu da, die weitere Vorgangsweise zu beraten.
Braucht Wehsely überhaupt die Ärztekammer und die Gewerkschaft?
Nein. Sie könnte auch ohne der Zustimmung der Ärztekammer und der Gewerkschaft den Antrag im Landtag einbringen. Wehsely selbst sieht die Gewerkschaft aber als ihren Ansprechpartner – und nicht die Ärztekammer.
Will die Gewerkschaft angesichts der Proteste Nachverhandlungen?
Nein. Die Gewerkschaft trat am Donnerstag noch einmal zusammen, um das neue Modell zu beraten. Dabei brachte die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) einen Antrag für Nachverhandlungen ein. Die SPÖ-nahe Mehrheitsfraktion FSG stimmte allerdings dagegen. „Unverständlich in einer Situation, wo man das Vertrauen der Ärzte zurückgewinnen müsste“, sagt FCG-Landeschef Kurt Obermülner.
Warum ist die Gewerkschaft für ein Modell, bei dem 382 Ärzte abgebaut werden?
Gewerkschaftsvorsitzender Christian Meidlinger betont, dass die Vereinbarung eine gute sei. Denn gleichzeitig zum Stellenabbau gibt es in der Vereinbarung auch begleitende Strukturierungsmaßnahmen, die den Abbau der Ärzte erst möglich machen. Bis 2018 soll diese abgeschlossen werden.
Wurde die Ärztekammer vom Stellenabbau überrumpelt?
Nein. In der Vereinbarung vom 28. Jänner ist bereits im ersten Absatz festgehalten, dass der Abbau von 382 Ärztedienstposten bis 2018 geplant ist. Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres hat diese unterschrieben.
Gibt es wirklich so wenig Ärzte in Wien?
Nein. Gerechnet auf die Bettenanzahl hat Wien im Österreich-Vergleich sogar die meisten Ärzte. Auf hundert Betten kommen 56,2 Ärzte zeigt eine Auswertung des Gesundheitsministeriums aus dem Jahre 2013.
Dann ist alles gut in Wien?
Nein, Gangbetten und lange Wartezeiten in Ambulanzen sind Realität. Was noch auffällt: Das Verwaltungs- und Betriebspersonal ist doppelt so hoch wie etwa im Burgenland. Klar muss Wien auch viele Patienten aus den Bundesländern versorgen. Aber bei 32 Mitarbeitern pro hundert Betten dürfte es auch Einsparungspotenzial in der Verwaltung geben.
Was müssen sich die Verhandler vorwerfen lassen?
Ärztekammerpräsident Szekeres hat nach Ansicht vieler Ärzte zu wenig für die Kollegschaft herausgeholt. Gleichzeitig hat der KAV fälschlicherweise verkündet, dass die 382 Ärzteposten schon ab Juli abgebaut werden sollen. Das führte erst zu der großen Unruhe. Hier hätte Sonja Wehsely rasch für Ruhe sorgen können.
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