Alte Gösserhalle wird zum dreistöckigen Büro mit "Schweizerhaus"

Ein altes, mit Efeu bewachsenes Backsteingebäude auf einem unbebauten Grundstück.
Die alten Mauern am „Neuen Landgut“ wurden für einen siebenstelligen Betrag erworben.

Gegenüber des Columbusplatzes in Favoriten – das ist der Platz mit dem Glas-Ei auf dem Columbuscenter – entsteht ein neues Grätzel. Das „neue Landgut“ .

Zwei alte Backsteinhäuser

Auf der neun Hektar großen Fläche der ÖBB war früher der Stützpunkt für Triebfahrzeuge des Südbahnhofs. Derzeit ist das Areal eine Baustelle. Alles wurde platt gemacht. Dort stehen nur noch zwei alte Backsteinhäuser: die sogenannte alte Gösserhalle und die im rechten Winkel dazu stehende Inventarhalle.

Zivilingenieur Klaus Stanek konnte die Gösserhalle für einen siebenstelligen Betrag erwerben. Der Kauf-Prozess dauerte sechs Jahre, sagt er. Die Halle habe für ihn einen sentimentalen Wert. Als TU-Student kaufte er in dem Depot des Bierherstellers Gösser Holzfässer für Partys: „Es war ein Erlebnis dort einzukaufen, man fühlte sich, wie in eine andere Zeit versetzt“, sagt er.

Nur Barzahlung war erlaubt. Und noch heute erkenne man den Bereich, wo man das Fass samt Schlegel abholen konnte. „Eigentlich war der Verkauf für Gastronomen, aber Insider wussten Bescheid“, sagt er.

Eine Baustelle in der Stadt mit Gebäuden im Hintergrund.

Das "Neue Landgut" entsteht

Die Stadt Wien plant, dass das gesamte Areal 2026 fertig sein soll. 

Die Spiegelung eines Gebäudes in einer Pfütze auf einer Baustelle.

Auf dem Areal

Zwei Backsteinhäuser stehen im rechten Winkel zueinander.

Ein Backsteingebäude mit Efeu bewachsen spiegelt sich in einer großen Wasserpfütze.

Die Inventarhalle

Die Inventarhalle wurde als Lagerhalle und Büro der ÖBB genutzt. Die weitere Nutzung wurde noch nicht geklärt-

Ein altes, verfallenes Backsteingebäude mit teilweise zerstörter Fassade und Bewuchs.

Die Gösserhalle

Sowohl Gösser- als auch Inventarhalle wurden aufgrund von zahlreichen Umbauten von der Denkmalschutzbehörde also nicht "schützenswürdig" definiert.

Ein zerstörtes Badezimmer mit einer einzelnen Urinalbecken an einer gefliesten Wand.

Mauern fehlen

Das Klo steht im Freien. 

Eine Treppe mit Holzgeländer und eine Kette zwischen zwei Begrenzungspfosten in einem Innenraum.

In der Gösserhalle

In den letzten Jahren wurde die Gösserhalle als Eventhalle genützt.

Blick durch einen Torbogen auf eine Baustelle mit Baumaterialien und einem alten Backsteingebäude.

Baustelle

Blick aus der Gösserhalle auf die Inventarhalle.

Ein Backsteingebäude mit Baustelle im Vordergrund unter einem grauen Himmel.

Das neue Viertel

Entlang der Gleistrasse, parallel zur Landgutgasse und Laxenburger Straße entstehen bis 2026 rund 1.500 Wohnungen

Eine zerbrochene Bierflasche liegt auf einem Treppengeländer in einem verlassenen Gebäude.

Gösser-Spuren

In der Halle selbst findet man noch Hinweise, dass hier die Firma Gösser eine Rolle spielte.

Feste, Sushi, Jobs

Noch vor seiner Studentenzeit wurden Fässer hier wirklich auf Pferdefuhrwerken an Wirtshäuser geliefert.

Erst später wurde die Halle von der Eventszene entdeckt: Sie diente den „Wiener Festwochen“ als Location. Hier fand mal ein Sushi-Festival, ein E-Sport-Event oder das Wiener Stadtfest statt. 2019 wurde die Halle sogar als Jobbörse für Asylberechtigte verwandelt. Der Zivilingenieur Stanek, der mit seinen 90 Mitarbeitern auch Hochhausprojekte betreut, will hier bis 2023 Büros – am besten sein eigenes – und ein Gastronomiebetrieb eröffnen . Etwa einen Biergarten, nach Art des Schweizerhauses. „Ja, so etwas kann ich mir vorstellen“, sagt er.

Ein Café mit Ziegelsteinbogen und Weinreben bietet Sitzplätze im Innen- und Außenbereich.

Im Erdgeschoss soll eine Art "Biergarten" öffnen. Der Besitzer sei auf der Suche nach geeigneten Gastronomen.

Das Areal wird sich verändern: Bis 2027 soll es 4.000 Menschen Platz bieten: Bildungscampus, Wohnungen, Gemeindebau, Park. Die Umgestaltung der Halle übernahmen die Architekten „Alles wird gut“. Der Name ist Programm: „Als Architekt will man Neues schaffen, Altes nicht zerstören“, erklärt Architekt Herwig Spiegl.

 

 

Ein modernes Büro mit Holzwänden und mehreren Personen bei der Arbeit.

So sollen die Büroräumlichkeiten nach Fertigstellung aussehen.

Prinzipiell hätte er Altes abreißen können. Denn sowohl die Inventarhalle, als auch die Gösserhalle wurden im Jahr 2007 von dem Denkmalamt nicht unter Schutz gestellt: „Es gab zu viele bauliche Eingriffe“, so die Erklärung. Andere historische Gebäude wurden abgerissen: darunter ein gründerzeitliches Verwaltungsgebäude der Bahn. Was aus der Inventarhalle, der ehemaligen Lagerhalle werden soll, scheint unklar.

Eine schematische Darstellung, die den Prozess der Reduzierung der Höhe eines Gebäudes zeigt.

Eine schematische Darstellung von drei Häusern unterschiedlicher Breite: 19 m, 16 m und 3 m „Geschenk“.

Eine schematische Darstellung der Entwicklung eines Gebäudes mit Garten und Wintergarten.

Eine Illustration einer alten Ziegelmauer mit Bögen, hinter der sich eine stilisierte Landschaft befindet.

Zwei architektonische Visualisierungen mit Personen und Pflanzen.

Man sei in Konzeptionsphase, betont die ÖBB. Die Inventarhalle diente in den 1930er Jahren als „Auswandererhalle: Anlaufstelle für Wiener auf ihrer Reise über Triest etwa in die USA. In den Jahren 1942 bis 1945 waren an der Laxenburger Straße 2 und 4 Zwangsarbeiterlager eingerichtet.

Eine historische Karte von Wien mit dem Südbahnhof, Friedhöfen und dem Schaumburgergrund.

Plan über das Areal

Eisenbahnkultur in Favorite: Landkarte von 1874

Die Auswanderer-Halle der Österreichischen Bundesbahnen in Wien.

Auswandererhalle

Die Inventarhalle  diente in den 1930er Jahren als „Auswandererhalle" : Anlaufstelle für Wiener auf ihrer Reise über Triest etwa in die USA.

Luftaufnahme eines großen Bahnhofs mit zahlreichen Gleisen und umliegenden Gebäuden.

Zwangsarbeiterlager

In den Jahren 1942 bis 1945 waren an der Laxenburger Straße 2 und 4 Zwangsarbeiterlager eingerichtet. 

Symbiose – Alt und Neu

„Weg bei der Gösserhalle, kommt das Dach die Mauer bleibt“, erklärt Spiegl. „Für ein Büro ist die Breite des Gebäudes (19 Meter) zu groß, daher lassen wir die Außenmauer mit den Bögen stehen, bauen innen ein 16 Meter breites Haus“, sagt er. Die drei Meter zwischen Außenmauer und Fenster werden als Garten-Zwischenraum genutzt. „Eine Symbiose von Alt und Neu“, so Spiegl.

Eine zerstörte Ziegelmauer mit zwei dunklen Türen im Hintergrund.
Ein Gebäude mit Backsteinfassade und mehreren Torbögen, durch die Treppen und Innenräume sichtbar sind.

Die Mauer und Fassade bleibt erhalten

Es scheint so, als habe er, zumindest für sich, das Ei des Kolumbus (Anm. Redensart) entdeckt.

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