Altbauten beschäftigen die Baupolizei
Hier ist schon öfter was passiert. Vor zwei Jahren musste ein Dach im Hof erneuert werden, das nach einem Wasserschaden komplett durchgehängt ist", erzählt Mechaniker Roman Fürst. Sein Arbeitsplatz befindet sich im Hof jenes Hauses in der Ottakringer Straße, dessen Fassade am Montag abbröckelte. Dies führte zu einem Feuerwehr-Großeinsatz. "Der Hausbesitzer kümmert sich offensichtlich zu wenig um das Gebäude", sagt Fürst.
Mittlerweile steht rund um das Haus ein Gerüst, das Passanten und Bewohner vor weiteren herabfallenden Trümmern schützen soll.
Bei Weitem kein Einzelfall: "Dass bei Häusern einzelne Gesims-Teile herunterfallen, kommt immer wieder vor", sagt Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei (MA 37). Genaue Zahlen gibt es allerdings keine.
Meistens sind jedenfalls - wie im aktuellen Fall - Gründerzeit-Häuser betroffen, die in den Bezirken außerhalb des Gürtels stehen. Sie haben von Haus aus eine schlechtere Bausubstanz als jene, die sich in der Innenstadt befinden.
Gerade in den äußeren Bezirken nehmen es auch manche Hausbesitzer mit der Beseitigung eventueller Baumängel nicht allzu genau. "Grundsätzlich sind alle Hausbesitzer dazu verpflichtet", sagt Cech. Sie müssen daher auch die Kosten übernehmen, wenn etwa wie am Montag die Feuerwehr ausrücken muss. Zudem haften sie für eventuelle Sach- und Personenschäden.
Blutbefund
Wie viele Problemhäuser es in Wien gibt, ist unklar. "Es sollte daher einen Kataster geben, der - ähnlich wie ein Blutbefund - Aufschluss über die Bausubstanz der einzelnen Häuser gibt", fordert der Ziviltechniker Branko Rusnov.
Eine andere Baustelle sind akute Gefahrensituationen, die als Folge unsachgemäß durchgeführter Umbauarbeiten auftreten. So ist derzeit ein Haus in der Kleinen Stadtgutgasse (Wien-Leopoldstadt) einsturzgefährdet, nachdem die eine oder andere Innenwand zu viel abgetragen wurde.
Detail am Rande: Da das Gebäude der Russischen Föderation gehört, kann es von der Baupolizei nicht betreten werden.
Aktion scharf
Im Sommer 2010 stürzten in Ottakring und Penzing innerhalb weniger Wochen gleich drei Häuser im Zuge von Bauarbeiten teilweise ein. Die Stadt Wien startete daraufhin Mitte August eine "Aktion scharf". Die vorläufige Bilanz: Seit Beginn der Aktion gab es 6460 gezielte Überprüfungen von Baustellen. Davon wurden 205 von den Behörden gesperrt. In 448 Fällen wurden Strafanträge eingebracht. Allein im Juli kam es zu 20 sofortigen Baueinstellungen. In 19 dieser Fälle lag keine korrekte Baubewilligung vor.
Gründerzeit: Rund 15.500 Häuser
Geschichte Als Gründerzeit-Häuser bezeichnet man jene Zinshäuser, die zwischen den Jahren 1856 und 1917 errichtet wurden. Damals entstanden in Wien mehr als 450.000 neue Wohnungen.
Bestand
Heute fallen nur mehr 15.500 Gebäude unter diese Kategorie. Das sind rund zehn Prozent des Wiener Gesamtbestandes. Mit jeweils knapp 40 Prozent weisen die Bezirke Neubau, Josefstadt und Alsergrund den größten Bestand auf. Rund ein Prozent dieser Häuser verschwindet jedes Jahr.
Kommentare