"Alles ein Wahnsinn"? Wie die Wiener U4-Sperre in der Praxis funktioniert

Die Ersatzgarnitur E4 wartet im Schatten am Schottenring auf Fahrgäste. Klimatisiert ist diese Garnitur nicht.
Alles scheint so wie immer, an diesem Morgen in der U4 Richtung Heiligenstadt. Aber beim Schottenring ist Schluss. „Endstation, bitte alle aussteigen.“ Der Blick in die Runde der Mitfahrenden zeigt keine überraschten Gesichter, die sanierungsbedingte Teilung der U4 über die Sommermonate hat sich augenscheinlich herumgesprochen.
Schicksalsergeben bewegt sich die Gruppe den gut ausgeschilderten Weg hin zur Station des Schienenersatzverkehrs E4. Ein paar Minuten Wartezeit, dann kommt der Wagen um die Ecke gebogen. Glück im Unglück: Es ist ein klimatisierter Ulf. Und dann gondelt man los, durch den Alsergrund Richtung U4-Endstation. Eilig darf man es nicht haben, aber zugegeben: Die Strecke entlang der Porzellangasse ist schön.
Vereinzelter Ärger über Verspätung
"Tschuldigung, ich komme 20 Minuten zu spät, das ist alles ein Wahnsinn hier", durchbricht das Telefonat eines aufgebrachten jungen Mannes die ermattete Stille im Waggon. Er hat von der U-Bahn-Teilung nichts gewusst.

Am Schottenring ist Schluss: Die U4 verkehrt im Sommer geteilt zwischen Hütteldorf und Schottenring, sowie Heiligenstadt und Friedensbrücke.
Das Aussteigen bei Heiligenstadt – diesmal auf der Rückseite des Karl-Marx-Hofes – ist ungewöhnlich friedlich. Nur eine ältere Dame sitzt rauchend auf der Bank der Bimstation und wartet auf den E4 in die Gegenrichtung. Sie wirkt gelassen: „Ich habe Verständnis für die Arbeiten und die Umleitung. Aber ich habe es auch nimmer eilig.“ Das ist wohl das Geheimnis.
"Gengans am besten zu Fuß"
Auch zu Mittag ist der Servicemann der Wiener Linien bei der zwischenzeitlichen Endstation der U4 beim Schottenring freundlich und bemüht. Auf die Frage, wie man zur nächsten U4 Haltestelle – Roßauer Lände – kommt, schmunzelt er und sagt ganz wienerisch: "I wü Sie wirklich ned verarschen, aber do gengans am besten zu Fuß." Auf Nachfrage ergänzt er, dass das wirklich nahe sei und sich die meisten auch gar nicht darüber ärgern würden.
Auch sonst läuft es am Dienstag am Schottenring zivilisiert. Nur die Hitze macht zu schaffen. Eine Garnitur der Straßenbahn E4 wartet im Schatten am Schottenring auf die Fahrgäste. Klimatisiert ist diese Garnitur nicht. Aber sie fährt Richtung Nußdorf.
Citybike als Option
Eine relativ hitzefreundliche Alternative gibt es noch: das Leihrad von Wien mobil. Direkt beim Aufgang am Schottenring ist eine Leihstation, dort gibt es auch ausreichend Fahrräder beim Lokalaugenschein. Mit der App ist das Rad schnell gebucht, die Kosten sind überschaubar.

City Bike der Wiener Linien kann gut als Überbrückung zwischen Schottenring und Friedensbrücke dienen.
35 Cent kostet die halbe Stunde. Erst geht es über den Radweg am Ring, dann hinunter zum Donaukanal. Bei der Roßauer Lände ist der Aufgang mit dem Rad schwierig, aber zumindest gibt es eine (steile) Rampe für die Fahrräder. Und es gibt zwar Abstellplätze, aber grade keine Räder. Egal, U-Bahn kommt hier ja eh keine an.
Besser ist es, am Donaukanal zu bleiben und bei der Friedensbrücke über einen breiten Radweg nach oben zu radeln. Direkt bei der Station ist die Radrückgabe, gegenüber der Eingang zur U4, wo die U-Bahn Richtung Heiligenstadt wartet. Sie ist übrigens nicht klimatisiert.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Die Wiener Linien betreiben das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Dazu gibt es 109 U-Bahn-Stationen und rund 880 Kilometer Buslinien. Zu Spitzenzeiten sind rund 1.000 Fahrzeuge unterwegs. Sie können gleichzeitig mehr als 260.000 Menschen transportieren. Allein in einer der 160 U-Bahn-Garnituren haben 900 Menschen Platz.
2023 besaßen rund 1,2 Millionen Menschen eine Jahreskarte oder ein anderes Dauer-Ticket. Mit rund 8.700 Mitarbeitern sind die Wiener Linien einer der größten Arbeitgeber der Stadt Wien.
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