„Historisches Projekt“
Dabei stand am Anfang noch ein anderer Superlativ. Blick zurück zum 21. August 2013: Die damalige SPÖ-Finanzstädträtin Renate Brauner präsentiert flankiert von Ex-Wiener-Linien-Boss Günter Steinbauer nichts Geringeres als „die größte Modernisierung in der Geschichte der Wiener U-Bahn“.
Das Projekt „NEU4“ beinhaltet unter anderem den Tausch von Stellwerken, die Erneuerung der Gleise, Sanierung der Tunneldecken und der Stationen. Das Projekt war insofern überfällig, als die Trasse zwischen Heiligenstadt und Hütteldorf wegen des maroden Zustands sehr störungsanfällig war.
Von den Kosten her reichte das Gesamtprojekt nahe an einen echten U-Bahn-Neubau heran: 335 Millionen Euro wurden damals an nötigen Ausgaben genannt. Eine Summe, die aber nicht halten wird.
Auch der ursprünglich exakt durchgetaktete Zeitplan lief aus dem Ruder: Die letzte Streckensperre war für 2017 vorgesehen (Margaretengürtel/Kettenbrückengasse) – die erst zwei Jahre später umgesetzt wurde.
„Kaum Auswirkungen“
Von Sperren im Nordabschnitt (1./9./19. Bezirk) mit Linienteilungen wie schon im Sommer 2023 und 2024 oder halbiertem Betrieb wie heuer im Jänner und Februar war überhaupt nicht die Rede. Vielmehr steht noch heute im Archiv schwarz auf weiß zu lesen: „Die letzten Etappen der U4-Modernisierung werden bis 2020 abgeschlossen. Dabei werden Arbeiten durchgeführt, die kaum Auswirkungen auf den Betrieb der Linie U4 haben werden.“
Pikant ist, dass die Wiener Linien den einstigen Terminus „NEU4“ (wohl nicht zufällig) nicht mehr verwenden. Einer der Letzten, der den Begriff 2021 in den Mund nahm, war der damalige Öffi-Stadtrat Peter Hanke. Obwohl der Zeitverzug schon realisiert war, ließ dieser verkünden: „Das Projekt NEU4 (...) liegt nach wie vor voll im Zeit- bzw. Budgetplan.“
Umfangreichere Arbeiten nötig
Wie erklären die Wiener Linien heute den massiven Zeitverzug und die Salamitaktik in der Kommunikation? „In den detaillierten Untersuchungen, die erst während der Arbeiten möglich sind, hat sich gezeigt, dass abschnittsweise umfangreichere Modernisierungen erforderlich sind, wie beispielsweise die Sanierung der Tunnelbauwerke zwischen Schwedenplatz und Friedensbrücke“, so eine Sprecherin. Da die Arbeiten in den Ferien durchgeführt würden, „ergibt sich auf die Jahre gesehen eine längere Projektlaufzeit“.
Interessant sind die Kosten: Man investiere „über 300 Millionen Euro, dieses Budget wird auch mit den laufenden Arbeiten eingehalten“. Dabei hat der Rechnungshof schon 2018 379 Millionen an Gesamtkosten – also 44 Millionen mehr – errechnet.
Und der Baukostenindex ist seit 2020 um mehr als ein Drittel in die Höhe geschossen. Man darf also auf die Endabrechnung gespannt sein. Und ganz fertig ist das U4-Projekt damit immer noch nicht: In den kommenden Jahren müssen weitere Bahnsteige und Gleistrassen saniert werden – Sperren sollen aber „deutlich kürzer ausfallen“, so die Sprecherin.
Umweg mit E4 und D
In diesem Sommer müssen sich die U4-Fahrgäste zwischen Schottenring und Friedensbrücke jedenfalls mit der Sperre, die es nicht mehr geben sollte, herumschlagen. Am Schottenring ist zumindest alles gut angeschrieben, Mitarbeiter helfen ratlos blickenden Gästen rasch weiter.
Die Ersatzstraßenbahn E4 steht beim Lokalaugenschein am Sonntag schon da. Sie tingelt dann die schöne Porzellangasse langsam entlang, im Alltagsverkehr sind über 20 Minuten mehr als mit der U-Bahn bis Heiligenstadt ein Ärgernis. Und auch der empfohlene Umstieg auf die Schnellbahn am Franz-Josefs-Bahnhof oder die U6 in Spittelau bringen kaum einen Gewinn.
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