Kasachische Polizisten im Zeugenstand

Der Prozess findet im Wiener Straflandesgericht statt.
Zeuge behauptet, unter Druck gesetzt worden zu sein.

Mit weiteren Zeugenaussagen ist am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht der Prozess um die Ermordung der kasachischen Banker Zholdas Timraliyev und Aybar Khasenov fortgesetzt worden. Vernommen wurden mehrere kasachische Polizisten, die im Einsatz waren, als im Jänner 2007 Timraliyev und der Vorstandsvorsitzende der Nurbank, Abilmazhen Gilimov, im Büro der Bank in Almaty angehalten und laut Anklage unter Druck gesetzt wurden.

Rakhat Aliyev, der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew und Mehrheitseigentümer der Nurbank, soll den Managern das Unterschlagen von Bankvermögen vorgeworfen haben. Die Polizei bekam telefonisch davon Wind, dass die Banker festgehalten wurden, und rückte mit mehreren Beamten in Zivil an, um nachzusehen, was sich in der Nurbank abspielte.

Der Leiter der Spezialeinheit konnte heute als Zeuge allerdings nicht angeben, von wem der Hinweis kam und wer unter welchen Umständen im Bürogebäude angeblich widerrechtlich festgehalten wurde. Er habe von seinem Vorgesetzten den Befehl erhalten, ein paar Männer hinzuschicken. Das habe ihm gereicht: "Er hätte seinen Befehl ja nicht abgeändert." Auf die Frage des Richters, ob er nicht nachgefragt habe, um wen es konkret überhaupt ging, erwiderte der 53-jährige Mann: "Es ist nicht so, dass man bei uns nachfragt. Ich bin davon ausgegangen, dass mein Vorgesetzter alles wusste. Wenn man einen Befehl bekommt, führt man ihn aus."

Von Aliyev wieder weggeschickt

Nach dem Einschreiten, das beendet wurde, indem Aliyev den Beamten der Sondereinheit gegenübertrat, ihnen versicherte, alles wäre in Ordnung, und sie wegschickte, habe man seine vier Mitarbeiter und ihn selbst vorübergehend festgenommen, schilderte der Zeuge: "Wir wurden verhört. Die Finanzpolizei hat uns vorgeworfen, wir hätten Dokumente mitgenommen." Auf ihn sei Druck ausgeübt worden: "Ja, es hat Druck gegeben. Man wollte, dass ich die Familiennamen der Beamten nenne, die mir Befehle erteilt haben."

Der Mann wurde 2008 in Kasachstan wegen rechtswidriger Befehlsweitergabe zunächst zu eineinhalb Jahren bedingter Haft verurteilt. Das Oberste Gericht habe dieses Urteil später aufgehoben, schilderte er dem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Böhm). Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.

Ermittlungsverfahren nach Linz delegiert

Unterdessen wurde bekannt, dass auf Betreiben der Generalprokuratur nicht nur das Ermittlungsverfahren gegen den Opfer-Anwalt Gabriel Lansky und weitere - ehemalige und aktive - Mitarbeiter aus dessen Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner (LGP) nach Linz delegiert wurde. Es geht dabei unter anderem um den Vorwurf der geheimen nachrichtendienstlichen Tätigkeit zum Nachteil Österreichs.

Wie die Tageszeitung Die Presse in diesem Zusammenhang vor kurzem berichtet hatte, soll bereits Anfang April ein Rechtshilfeersuchen nach Luxemburg gegangen sein, um Daten aus der Kanzlei Lansky sicherzustellen, die dort auf zwei Servern gelagert sind. Das würde wohl indizieren, dass die Staatsanwaltschaft von einem dringenden Tatverdacht gegen die Verdächtigen ausgeht.

Die Staatsanwaltschaft Linz hat darüber hinaus jetzt auch zu beurteilen, ob sich eine Anklägerin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft der Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig gemacht hat, als sie noch bei LGP tätig war. Sie soll damals versucht haben, über zwei Beamte des Bundeskriminalamts an der Amtsverschwiegenheit unterliegendes Material betreffend Aliyev - etwa Adressen und dessen aktuellen Wohnort - heranzukommen.

Ebenfalls aus dem Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien nach Linz delegiert wurden die Ermittlungen gegen die beiden Bundeskriminalamt-Beamten sowie die Frage, ob gegen Roland Miklau, den langjährigen, inzwischen pensionierten Sektionschef im Justizministerium, ein Strafverfahren einzuleiten ist, der ebenfalls für LGP tätig wurde und dabei weidlich seine erstklassigen Kontakte in den Justiz- und Polizei-Apparat ausgenützt haben soll.

Seitens der OStA Wien wird es ausdrücklich begrüßt, dass ihr dieser Fakten-Komplex abgenommen wurde und die offenen Fragen nicht mehr von den zunächst damit betrauten Anklagebehörden in Wien und St. Pölten zu klären sind, weil sie - wie ein Sprecher gegenüber der APA erläuterte - in einem sachlichen Bezug zueinanderstehen und jeglicher Anschein einer möglichen Befangenheit vermieden werden soll. Im Hinblick darauf wäre eine noch frühzeitigere bzw. umgehende Delegierung in einen anderen Sprengel ratsam erschienen: Die unter Amtsgeheimnisverrat-Verdacht stehenden Staatsanwältin hatte ihre juristische Karriere bei der Staatsanwaltschaft Wien begonnen. Dass sie nach Bekanntwerden des gegen sie gerichteten Verdachts dazu zunächst von der Staatsanwaltschaft Wien vernommen wurde, erscheint in einem etwas eigenartigen Licht. Bei Miklau handelt es sich wiederum um den Stiefvater von Gerhard Jarosch. Jarosch ist Erster Staatsanwalt und stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Wien.

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