AKH-Jungärzte bemängeln Ausbildung

AKH-Jungärzte bemängeln Ausbildung
Mediziner geben der Facharzt-Ausbildung an Österreichs größter MedUni nur ein "befriedigend"

Im Wiener AKH kracht es an allen Ecken und Enden: Zuletzt gingen die Ärzte auf die Straße, um sich gegen die Einsparung von Diensträdern zu wehren. Kurz zuvor übte der Rechnungshof massive Kritik an der Geldverschwendung bei Bauprojekten. Anlass für die FPÖ, am Donnerstag einen Sondergemeinderat zum Thema AKH einzuberufen, bei dem sie einen Misstrauensantrag gegen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) einbrachte (siehe unten).

Doch die AKH-Mängelliste ist weitaus länger: Auch die Facharzt-Ausbildung an Österreichs größter Uniklinik weist offenbar erhebliche Schwächen auf. Das zeigt zumindest eine aktuelle Untersuchung der Wiener Ärztekammer, die dem KURIER vorliegt. Dabei wurden sämtliche 608 Ärzte in Ausbildung online befragt, die Rücklaufquote lag bei knapp 43 Prozent.

Die wichtigsten Ergebnisse: Gesamt betrachtet bewerten die Jungärzte die Facharzt-Ausbildung an der Wiener MedUni im Schnitt gerade einmal mit "befriedigend" (Bewertung 2,89 auf einer fünfteiligen Skala). Besonders schlecht schneiden dabei die Chirurgie-Abteilung (3,79), die Neurochirurgie (3,60) und die Innere Medizin II (3,50) ab, am besten die HNO (2,20).

Was auffällt: An vielen Kliniken gibt es offenbar nicht einmal ein Ausbildungskonzept. Nur 43 Prozent der Befragten gaben an, dass ein solches vorhanden sei, 13 Prozent davon sind aber nicht mit seinem Inhalt vertraut. Besonders häufig werden fehlende Konzepte unter anderem auf der Chirurgie, der Dermatologie oder der Neurologie bemängelt. "Die Ausbildung ist nicht organisiert und weiterhin ausschließlich nach dem Do-it-yourself-Prinzip jedem selber überlassen", kritisiert ein Jungarzt im Zuge der Befragung. Ein Kollege findet härtere Worte: "Jeder muss rücksichtslos sich selbst der Nächste sein, um eine adäquate Ausbildung zu erhalten."

"Zu wenige Ärzte"

Die Befragung erfolgte im vergangenen Herbst, also noch vor den aktuellen Diensträder-Einsparungen. Doch auch schon damals klagten die Jungmediziner über massive Belastungen im Spitalsalltag: "Derzeit wird zu viel Arbeit und Verantwortung den allerjüngsten Assistenten überlassen. Diese versorgen Ambulanz und 132 Betten", schildert ein Betroffener sein Leid. Ein anderer spricht ein chronisches Problem im AKH an: "Zu wenige Ärzte für viel zu viel Routinearbeit."

Folglich bleibt für die eigentlichen Aufgaben der angehenden Fachärzte zu wenig Zeit. Nur sieben Prozent sehen ausreichend Möglichkeit für Wissenschaft und Lehre in der regulären Arbeitszeit. Ein Betroffener: "Wissenschaft wird leider als Freizeitbeschäftigung angesehen." Ein Umstand, den auch die Ärztekammer massiv kritisiert (siehe Interview).

Seitens des Rektorats der MedUni wollte man hingegen keine Stellungnahme zu der Studie abgeben.

AKH-Jungärzte bemängeln Ausbildung

Stephan Ubl ist Sektionsobmann für Turnusärzte in der Wiener Ärztekammer.

KURIER: Haben Sie mit diesem schlechten Zeugnis für die Facharzt-Ausbildung an der Wiener MedUni gerechnet?

Stephan Ubl: Bei der Wiener MedUni als internationales Aushängeschild hätten wir uns schon erwartet, dass die Lehre gut funktioniert. Insofern war das Ergebnis – ein glatter Dreier – schon im negativen Sinn überraschend.

Einzelne Abteilungen – wie die Chirurgie oder die Neurochirurgie – schneiden besonders schlecht ab. Warum?

Das sind Abteilungen, in denen für die Ärzte in Ausbildung besonders viel artfremde Arbeit anfällt, vor allem administrative Tätigkeiten. Hier fehlt einfach die notwendige Unterstützung.

Auch das Fehlen von Ausbildungskonzepten wird jetzt bemängelt.

Entsprechende Konzepte, etwa ein Tutoren-System, wie es sie international schon gibt, fordern wir seit Langem, stoßen aber immer wieder auf taube Ohren. Wissenschaftsministerium und Krankenanstaltenverbund müssten die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Daneben kommt es aber auch auf die Eigenverantwortung der einzelnen Abteilungsvorstände an.

Wird sich durch die aktuelle Einsparung von Journaldiensten die Situation im AKH weiter verschärfen?

Natürlich. Es gibt immer weniger Oberärzte als Ansprechpartner für die auszubildenden Ärzte. Arbeiten, die bisher fünf Ärzte erledigten, müssen jetzt von drei gemacht werden. Lehre und Forschung kommen dadurch zu kurz. Sie müssen in die Freizeit verlegt werden.


Das AKH war auch Thema der Sondergemeinderatssitzung, die am Donnerstag auf FPÖ-Antrag einberufen wurde. Anlass war die aktuelle Kritik des Rechnungshofs am Management von Österreichs größtem Spital. Demnach haben sich etwa die Kosten für die Sanierung der Tiefgarage auf 40 Millionen Euro verzehnfacht. Die FPÖ brachte deshalb einen Misstrauensantrag gegen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) ein. Doch dieser fand nicht einmal die Unterstützung der zweiten Oppositionspartei.

Stattdessen brachte die ÖVP einen eigenen Antrag ein: Wehsely soll dafür sorgen, dass das AKH (gehört zur Stadt) und die MedUni (gehört zum Bund), wie angekündigt, bis Ende des Jahres eine gemeinsame Betriebsführung bekommt. Dies wäre ein erster Schritt, um die eklatanten Management-Probleme im Spital zu beseitigen, ist die ÖVP überzeugt. Der Antrag wurde mit den Stimmen aller vier Rathaus-Parteien angenommen.

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