Aggressiver Tumor von Ärzten nicht erkannt

ARCHIV - Auf der Bildschirmdarstellung einer Magnetresonanz-(MR)-Mammographie ist am 04.07.2007 ein winziger Tumor in der Brust einer Patientin zu sehen. Fast eine halbe Million Menschen erkranken jährlich in Deutschland an Krebs. Eine Wunderwaffe gegen die tückische Krankheit gibt es bislang nicht. Foto: Jan-Peter Kasper/dpa (zu dpa "Zerlegte Zelle: Kampf gegen Krebs wird immer individueller" vom 03.02.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Wie ein elfjähriges Mädchen in die Mühlen des heimischen Systems geraten ist.

Monatelang litt eine Elfjährige an Fußschmerzen, schließlich konnte sie kaum noch gehen. Die Eltern suchten Arzt um Arzt auf – und erlebten die Fallen des Systems. Erst nach Monaten erfuhren sie, dass ein bösartiger Tumor die Schmerzen verursacht.

"Patienten berichten immer wieder, dass sie lange keine korrekte Diagnose erhalten", kritisiert Patientenanwältin Sigrid Pilz. Freilich sei nicht jeder Fall dermaßen tragisch: "Aber zumindest kann sich die Schmerzlinderung verzögern." Daher sei eine bessere Kommunikation der Ärzte wünschenswert.

Die Odyssee von Sandra und Dragan Ivanović begann im April, als ihre Tochter Tamara nach einer Radtour über Schmerzen klagte. Bald wurden diese stärker, an zwei Wochenenden suchten Mutter und Tochter die Ambulanz des Donauspitals auf. Röntgenaufnahmen zeigten vorerst nichts Auffälliges, Salben und Bandagen wurden verschrieben. Aber ihr Zustand verschlechterte sich.

Der Vater beschloss, mit der Tochter jenen Orthopäden aufzusuchen, den die Familie seit Jahren konsultierte. "Ich habe ihm vertraut", sagt Ivanović. Doch erhielt er beim ersten Besuch bloß eine "30-Sekunden-Diagnose", wie er es nennt: Verschrieben wurden Einlagen, Salben, Umschläge, ein Strumpf.

Keine Zweitmeinung

Das Einholen einer Zweitmeinung war nicht möglich, da ein Arztwechsel im Quartal nicht vorgesehen ist. Auch eine Überweisung an die Ambulanz des AKH, wo Flüssigkeit aus dem Fuß entnommen wurde, brachte keine neuen Erkenntnisse. Die Auskünfte wiederholten sich: Ein Senkfuß, hieß es hier – Wachstumsstörungen dort.

Als das Mädchen abmagerte, empfahl der Orthopäde eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchführen zu lassen. "Das war im Juli. Ich habe zwölf Einrichtungen angerufen, aber es war unmöglich, einen Termin vor dem 25. August zu bekommen", sagt die Mutter.

Als die Schmerzen so massiv wurden, dass die Elfjährige nicht mehr gehen konnte, wurde im Donauspital Blut abgenommen und ein hoher Entzündungswert festgestellt. Erst dann bekam das Mädchen umgehend einen MRT-Termin: Dabei wurde der Tumor entdeckt.

"Für uns ist eine Welt zusammengebrochen", sagen die Eltern. Vor fünf Wochen kam ihr Kind ins St. Anna Kinderspital. Seitdem jagt ein Schock den anderen: Es handelt sich um den seltenen Ewing-Sarkom-Tumor, der zudem sehr aggressiv ist.

"Es ist ein Skandal, dass Patienten so lange auf MRT-Termine warten."

Der behandelnde Orthopäde betont, dass die Behandlung in seiner Praxis korrekt durchgeführt wurde. Er kritisiert jedoch die Verzögerung der weiteren Diagnostik: "Es ist ein Skandal, dass Patienten so lange auf MRT-Termine warten."

Aufgrund der späten Diagnose habe man Zeit verloren, sagt Dragan Ivanović. Dennoch betont er: "Wir brauchen keine Gerichtstermine. Das macht unser Kind nicht gesund."

Freilich sei er enttäuscht, da er den Ärzten vertraut habe. "Aber wir möchten andere Eltern ermutigen: Macht ein Blutbild, geht zum Hausarzt, holt mehrere Meinungen ein."

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