Ärztezentren in der Warteschleife
Für Wolfgang Mückstein hat sich das Wagnis gelohnt: Gemeinsam mit zwei anderen Allgemeinmedizinern hat er 2015 seine Gruppenpraxis auf der Mariahilfer Straße im Rahmen eines Pilotversuchs zum ersten Primärversorgungszentrum (PHC) Österreichs umgewandelt. Dabei handelt es sich um Ordinationen, in der Ärzte mit anderen Gesundheitsexperten (z.B. Diätologen) zusammenarbeiten und so ihren Patienten umfassende Versorgung unter einem Dach anbieten. Großzügige Öffnungszeiten sollen dafür sorgen, dass die Spitalsambulanzen entlastet werden.
Bei den Patienten kommt das an: „Unsere Zweier-Gruppenpraxis hatte 2000 Patienten pro Quartal, mittlerweile sind es schon 7000“, sagt Mückstein. „Weiter wachsen möchten wir gar nicht mehr.“
Trotzdem wollen nur wenige Kollegen Mücksteins Beispiel folgen. In ganz Wien gibt es nur ein weiteres PHC: Ein Pilotprojekt in der Donaustadt. Dabei sollten es laut den Plänen der Bundesregierung bis 2021 16 Zentren geben. „An sich wären drei Gruppenpraxen startklar. Es fehlt aber nach wie vor die rechtliche Grundlage“, sagt Mückstein. „Eigentlich hätte bis Ende 2018 der Gesamtvertrag vorliegen sollen, Ärztekammer und Hauptverband haben sich aber immer noch nicht geeinigt.“ Hinzu komme, „dass die Sozialversicherung nach wie vor mit der Ausgabenbremse konfrontiert ist – diese hindert uns, neue Projekte umzusetzen“, betont eine Sprecherin der WGKK.
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bleibt dennoch gelassen: „Wir sind eines der wenigen Bundesländer, die überhaupt schon so weit sind.“ Ob sich die Errichtung von 16 PHC bis 2021 ausgehen wird, kann er nicht sagen. „Aber diese Zahl ist auch kein Muss. Man soll die PHC nicht mit Druck aus dem Boden stampfen.“
Ein anderes Problem spricht Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres an: „Es ist für einen Arzt ein ziemliches Risiko, eine Kooperation mit zwei anderen Kollegen einzugehen, die er nicht kennt. Es ist daher besser, wenn ein PHC aus einer bestehenden Gruppenpraxis heraus entsteht.“
Er spielt damit auf die Situation des PHC in der Donaustädter Zschockkegasse an, das nach jahrelangen Verzögerungen 2017 startete. Mittlerweile sind zwei der drei Ärzte-Stellen schon wieder neu ausgeschrieben. Als Übergangslösung sind sie derzeit mit Vertretungen besetzt. Zuletzt war in Medien von wirtschaftlichen Problemen und internen Konflikten die Rede.
Allgemeinmedizinerin Regina Ewald bestreitet das: „Man kann nur sagen: Totgesagte leben länger. Nach nur eineinhalb Jahren haben wir mittlerweile 2000 Patienten pro Quartal. Darauf können wir stolz sein.“
Ausbau der Primärversorgung stockt
Neuausschreibung
Dass ihre zwei Kolleginnen schon wieder das Handtuch warfen, sei nichts Ungewöhnliches, betont Ewald: „Es waren zwei Notärztinnen, die sich das Arbeiten in einer Hausarzt-Ordination anders vorgestellt haben. Mit Konflikten hat das aber nichts zu tun. Es kommt einfach vor, dass sich jemand verändern will.“ Die Ausschreibung läuft noch bis Ende März. Die Ärztin ist zuversichtlich, dass sich Nachfolger für ihre Kolleginnen finden.
In der WGKK ist man jedenfalls mit der Performance beider Zentren zufrieden: Unter den Patienten des PHC Donaustadt seien viele, die das Zentrum anstelle der Ambulanzen im nahen SMZ Ost besuchen würden. Ähnliches gelte auch für Mariahilf, sagt die Sprecherin: „Laut einer Evaluierung hätte jeder fünfte Patient eine Ambulanz aufgesucht, gäbe es das PHC nicht.“
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