Weniger Drogentote, mehr "Legal Highs"

Gespritzt wird Heroin mittlerweile nur mehr selten. Viele schnupfen die Drogen
4,2 von 1000 Menschen in Europa haben Drogen-Probleme. Neue Substanzen sind auf dem Vormarsch.

Insgesamt 12 Millionen Europäer haben vergangenes Monat Cannabis konsumiert, 1,5 Millionen Kokain – und 1,4 Millionen Opiate wie etwa Heroin: Diese Daten hat die EU-Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) in Lissabon am Donnerstag präsentiert. Statistisch gesehen haben 4,2 von 1.000 Menschen in Europa schwerwiegende Probleme durch ihren Drogenkonsum - Österreich liegt hier in etwa im Durchschnitt.

Auch wenn dies in absoluten Zahlen viel klingt, können die Experten relativieren – gerade beim besonders gefährlichen Heroin-Konsum etwa würden Rückgänge verzeichnet werden. Und wenn es um illegale Drogen geht, hätten zwar viele Europäer schon einmal solche Substanzen konsumiert, doch der regelmäßige Gebrauch sei eher selten. Hier die wichtigsten Trends zu den in Europa verbreiteten Substanzen:

Heroin sei seit geraumer Zeit eher auf dem Rückzug. "Marktindikatoren lassen vermuten, dass Heroin in Europa seit einigen Jahren nicht mehr so leicht verfügbar ist. In einigen Ländern wurde es auch durch andere Substanzen verdrängt“, so die Experten. Man vermute auch, dass der injizierende Konsum seltener praktiziert werde. Es gebe "in Teilen Europas" Anzeichen, wonach weniger neue Heroinkonsumenten nachkämen. Problematische Opioidkonsumenten sind schätzungsweise 1,4 Millionen Europäer – in Österreich zwischen 30.000 und 34.000 Menschen.

Weniger Drogentote, mehr "Legal Highs"
Kokain: Nachdem die Droge sich ein Jahrzehnt lang wachsender Beliebtheit erfreut hatte, deuten die jüngsten Daten nun auf einen Abwärtstrend hin. „Auch die Wahrnehmung der Droge scheint im Wandel begriffen zu sein, denn einigen Studien zufolge verliert Kokain wohl sein Image als Statusdroge", heißt es in dem Bericht. Etwa 15,5 Millionen - also 4,6 Prozent der europäischen Erwachsenen – haben bereits einmal Kokain probiert, während des vergangenen Monats waren es 1,5 Millionen Menschen.

Ecstasy und Amphetamine: 3,4 Prozent aller Europäer haben die Partydroge Ecstasy bereits einmal geschluckt – in absoluten Zahlen sind das etwa 11,5 Millionen Personen. Bei Amphetaminen sind es 3,8 Prozent (absolut: 13 Millionen). Kokain, Amphetamine, Ecstasy und jetzt manchmal auch synthetische Cathinone stellen aus der Sicht der Konsumenten übrigens gleichwertige und in gewissem Maße austauschbare Produkte dar, so die Experten. Die Aufputschmittel sind vor allem in West- und Nordeuropa häufiger.

Weniger Drogentote, mehr "Legal Highs"

(Symbolbild)

Cannabis: 23, 7 Prozent der Erwachsenen haben zumindest einmal in ihrem Leben bereits Cannabis konsumiert. Die Zahl der Personen, die im vergangenen Monat die Droge konsumiert haben, beträgt in Europa demnach zwölf Millionen Menschen oder 3,6 Prozent der Erwachsenen. Die Produkte stammen zumeist aus dem EU-Bereich, nicht mehr aus dem Ausland: "Mit dem Anstieg der Cannabis-Produktion innerhalb der EU wird das importierte Cannabisharz zunehmend durch lokal hergestellte Krautprodukte verdrängt."

Neue Substanzen auf dem Vormarsch

Die synthetischen "neuen" Drogen - bekannt unter "Legal Highs", "Research Drugs" oder "Badesalze" - finden immer schneller Verbreitung. Die EBDD: "Zwischen 2005 und 2011 wurden über das europäische Frühwarnsystem offiziell mehr als 164 psychoaktive Substanzen gemeldet. 2011 wurde im dritten Jahr in Folge eine Rekordzahl erstmalig entdeckter Substanzen gemeldet – im Vorjahr waren es 49, heuer wurde der Rekord mit bereits mehr als 50 erneut gebrochen. Im Grunde würde bereits jede Woche eine neue Substanz auftauchen.

Als Quellenländer werden China und in geringerem Maße auch Indien ausgemacht. Dort seien die "Chemie- und Drogenküchen", beheimatet, die den Stoff produzieren. Österreich hat auf die Situation reagiert, indem die Produktion, der Handel und der Import ganzer Wirkstoffklassen ("generisch") verfolgt werden kann.

Weniger Drogen-Tote

Positiv ist die Entwicklung bei den Todesfällen nach Gebrauch von illegalen Drogen. Die EBDD in ihrem aktuellen Report: "Die jüngsten Schätzungen geben für das Jahr 2010 rund 7.000 Überdosierungen oder drogeninduzierte Todesfälle in den EU-Mitgliedsstaaten und in Norwegen an, was im Vergleich zu den über 7.600 gemeldeten Fällen im Vorjahr auf eine Abnahme hinweist."

Finanzkrise als Faktor

Die große Sorge der Drogenspezialisten: Die Finanzkrise in Europa bringt auch Finanzkrisen für die Prävention des Drogenkonsums, die Betreuung der Abhängigen und die Überwachung der Situation mit sich. "Irland, Portugal und die Slowakei stellten zwar für frühere Aktionspläne Budgets und jährliche Ausgabenschätzungen auf, nicht aber für die laufenden Pläne", so die EBDD. In den vergangenen Jahren seien die Ausgaben im Drogensektor in sechs Ländern rückläufig gewesen.
 

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