Verbrecher haben unbegleitete Minderjährige im Visier

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Europaweit geschätzte 10.000 spurlos verschwunden. Fachtagung "Lost in Migration" der Kinder- und Jugendanwaltschaften findet in Linz statt.

Unbegleitete Minderjährige auf der Flucht sind einem besonderen Risiko ausgesetzt. Geschätzte 10.000 sind in Europa spurlos verschwunden und ein Teil von ihnen dürfte in die Gewalt von Verbrechern geraten sein. Darauf machten die Kinder- und Jugendanwaltschaften bei der Fachtagung "Lost in Migration" am Mittwoch in Linz aufmerksam.

88.300 unbegleitete Jugendliche - laut Definition Personen unter 18 - suchten 2015 in der EU Schutz. Nicht wenige verschwinden auf dem Weg in eine vermeintlich sichere Zukunft spurlos. Immer wieder wird eine von Europol vorsichtig geschätzte Zahl von 10.000 Betroffenen genannt.

Mit der Veranstaltung in Linz sollte zu einem kontinuierlichen behörden- und organisationsübergreifenden interdisziplinären Austausch beigetragen und für die besonderen Bedürfnisse von unbegleiteten Minderjährigen sensibilisiert werden. Im Mittelpunkt standen Schlepperei, Kinderhandel und Ausbeutung.

Konkreter Fall aus Traiskirchen

Einen konkreten Fall schilderte die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt: Die 17-jährige Amina war mit ihrem Bruder aus Guinea nach Österreich geflohen, weil der Stiefvater die Geschwister misshandelt hatte und das Mädchen zwangsverheiraten wollte. Die beiden kamen nach Traiskirchen. Dort wurden sie zuerst gemeinsam in einem Zimmer untergebracht, wegen des unterschiedlichen Geschlechtes aber später getrennt. Amina litt seit ihrer Beschneidung ständig unter gynäkologischen Beschwerden. Sie verließ das Lager, um einen Arzt aufzusuchen, kam dort aber nie an, es gibt keine Spur von ihr.

Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt, Zentralstelle für die Bekämpfung der organisierten Schlepperkriminalität und des Menschenhandels, berichtet von 300 bis 400 Nicht-EU-Bürgern in der Vermisstendatenbank. Er weiß, dass Unbegleitete Minderjährige Fremde/Flüchtlinge (UMF) besonders "anfällig" für die Ausbeutung im Rahmen des Menschenhandels sind. Er nannte vor allem aus Nigeria geflohene Mädchen und junge Frauen. Sie haben kein Geld für die Schlepper. Dennoch reservieren diese sogar für sie Plätze in den Flüchtlingsbooten über das Mittelmeer. Die Überfuhr muss anders bezahlt werden: In einer "Schuldknechtschaft" werden sie gezwungen, als Prostituierte in Europa zu arbeiten. Die Schlepper tragen ihnen auf, gegenüber den Behörden nicht zu sagen, dass sie Minderjährige sind. Dann landen sie nämlich nicht in den für diese vorgesehenen Einrichtungen mit erhöhter Betreuung und sind für die Ausbeuter leichter fassbar.

Die Mitarbeiter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) werden speziell geschult, um dem auf die Spur zu kommen. Tatzgern nannte zwei konkrete Verdachtsfälle: Ein 13-jähriges Mädchen mit seinem Baby und eine 15-Jährige, die für die Prostitution vorgesehen waren. Österreich ist darüber hinaus auch Transit- und Destinationsland für Arbeitsausbeutung von Minderjährigen aus EU-Ländern, für ihren Einsatz in Bettelei und bei Straftaten. Der Menschenhandel sei jedoch nicht leicht aufzudecken. Denn sehr oft bestehe

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