Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

Canadian Cardinal Thomas Christopher Collins walks at the end of a meeting at the Synod Hall in the Vatican March 4, 2013. Preparations for electing Roman Catholicism's new leader begin in earnest on Monday as the College of Cardinals opens daily talks to sketch an identikit for the next pope and ponder who among them might fit it. REUTERS/Tony Gentile (VATICAN - Tags: RELIGION)
Die Kardinäle haben sich in Rom getroffen, um die Papstwahl vorzubereiten. Zuerst muss ein Termin gefunden werden.

Eine Wahl muss gut vorbereitet sein, so auch die Papstwahl im Vatikan: Am Montag haben die Vorbereitungen für die Wahl eines Nachfolgers von Papst Benedikt XVI. begonnen. Beim ersten Treffen vor dem Konklave waren 142 von insgesamt 207 Kardinälen anwesend, 103 von ihnen sind unter 80 Jahre alt und damit wahlberechtigt, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. In Rom sollen in den nächsten Tagen die weiteren 12 Papst-Wähler eintreffen.

Die Gespräche der Kardinäle bei der ersten Generalkongregation fanden hinter verschlossenen Türen in der Synodenaula statt und wurden von Kardinaldekan Angelo Sodano geleitet. Dieser schlug vor, dem emeritierten Papst Benedikt XVI. eine Botschaft zu senden. "Das Klima des Treffens war konstruktiv und vielversprechend", berichtete Lombardi. Bei den Generalkongregationen müssen alle anfallenden Amtsgeschäfte der Kirche behandelt werden. An diesem "Vor-Konklave" beteiligen sich auch Dolmetscher aus dem Staatssekretariat, die zu Verschwiegenheit verpflichtet sind. Wie viele solche Treffen es bis zum Beginn des Konklaves geben wird, ist offen.

Alle Kardinäle, die an den Generalkongregationen teilnehmen, mussten mit einem Eid auf das Evangelium schwören, die geltenden Vorschriften zu achten und Geheimhaltung zu üben. Dies galt auch für Teilnehmer, die älter als 80 Jahre sind und deswegen nicht mehr an der Wahl des neuen Papstes teilnehmen dürfen. Die Kardinäle mussten unter anderem schwören, dass sie "alles streng geheim halten werden, was sich in irgendeiner Weise auf die Wahl des Papsts bezieht".

Neuer Papst zu Ostern?

Ein weiteres Treffen ist noch am Montag um 17.00 Uhr zu erwarten. Mit dem Beginn des Konklaves, das den Nachfolger des aus Altersgründen zurückgetretenen Papst Benedikt XVI. wählt, wird kommende Woche gerechnet. Damit dürfte der Papst rechtzeitig zu Ostern gewählt werden.

Der Erzbischof von New York, Timothy Dolan, zeigte sich überzeugt, dass es zu einer raschen Wahl eines neuen Papstes kommen wird. "Diese Woche wird sehr wichtig sein. Ich will mit all meinen Brüdern sprechen und sie besser kennenlernen. Viele kenne ich nur von den Büchern, die sie geschrieben haben", sagte Dolan im Interview mit der Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera. Der 63-jährige Kardinal zählt zu den aussichtsreichen Papst-Kandidaten. Dolan verteidigte den emeritierten Erzbischof von Los Angeles, Roger Mahony, der wegen seines Umgangs mit Missbrauchsskandalen in der Kirche unter Beschuss geraten ist. "Mahony ist sehr gut", sagte Dolan.

Mögliche Nachfolger

Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

File photo of newly elevated Cardinal Bertone of I
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

New Cardinal Timothy Dolan of the U.S. stands as h
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

ITALY CARDINAL SCOLA
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

General Secretary of CNBB Scherer attends a news c
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

Cardinals Tagle of the Philippines and Gomez of Co
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

PK BISCHOFSKONFERENZ: SCHÖNBORN
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"

ITALY EPISCOPAL COUNCIL
Kardinäle beraten bei "Vor-Konklave"
Austrian Cardinal Christoph Schoenborn arrives for a meeting at the Synod Hall in the Vatican March 4, 2013. Preparations for electing Roman Catholicism's new leader begin in earnest on Monday as the College of Cardinals opens daily talks to sketch an identikit for the next pope and ponder who among them might fit it. The idea is to have the new pope elected during next week and officially installed several days later so he can preside over the Holy Week ceremonies starting with Palm Sunday on March 24 and culminating in Easter the following Sunday. REUTERS/Max Rossi (VATICAN - Tags: RELIGION)

Bisher gibt es nach Einschätzung italienischer Medien keinen klaren Favoriten für die Papst-Wahl. Als ein Favorit gilt auch der Mailänder Erzbischofs Angelo Scola. Seine Kür werde nicht nur von einem Großteil der italienischen Purpurträger, sondern auch von mehreren ausländischen Kardinälen unterstützt. Scola kann mit der Unterstützung seines Vorgängers Dionigi Tettamanzi und des italienischen Episkopatschefs Angelo Bagnasco rechnen. Gute Chancen werden auch dem kanadischen Kardinal Marc Oullet zugebilligt. Auch unter den Lateinamerikanern kursieren Namen von Papabile, wie der Brasilianer deutscher Abstammung Odilo Pedro Scherer oder sein Landsmann Joao Braz de Aviz. Als Alternativlösung gelte der ungarische Primas Peter Erdö, Chef der europäischen Bischöfe.

Benedikt XVI. hatte am 11. Februar überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Das Pontifikat des 85-jährigen Deutschen endete am Donnerstag um 20.00 Uhr. Mit Beginn der Sedisvakanz geht die Leitung der katholischen Kirche und des Vatikanstaats vorübergehend an das Kardinalskollegium über, also letztlich an alle 207 derzeit lebenden Kardinäle.

Falscher Bischof unter den Kardinälen

Montagvormittag hat sich außerdem ein als Bischof verkleideter Mann unter die Kardinäle gemischt. Er trug ein Kreuz, einen lila Schal und ein zu kurzes Bischofsgewand, berichteten italienische Medien. Daran konnten die Sicherheitskräfte erkennen, dass es sich nicht um einen Geistlichen handelte. Vor laufenden TV-Kameras wurde der falsche Bischof von den Sicherheitskräften aus dem Vatikan ausgewiesen.

Die Verhandlungen vor Beginn der Papst-Wahl werden von drei heiklen Themen beeinflusst, die den Vatikan seit Monaten belasten: Die Missbrauchsskandale, die Vatikan-Bank IOR und der Fall "Vatileaks".

Missbrauch

Die acht Jahre Pontifikat unter Joseph Ratzinger sind stark von den Missbrauchsskandalen geprägt worden, jetzt könnte das heikle Thema der Pädophilie die Wahl eines Nachfolgers Benedikts maßgebend beeinflussen. Mindestens fünf Papst-Wähler sind wegen ihres umstrittenen Umgangs mit Missbrauchsskandalen unter Druck geraten. Der bekannteste ist der frühere Erzbischof von Los Angeles, Roger Mahony, der beschuldigt wird, Missbrauchsvorwürfe gegen Priester seiner Diözese vertuscht zu haben. Ein ähnlicher Verdacht trifft den belgischen Kardinal Godfried Danneels. Vor drei Jahren hatte die Polizei seine Wohnung durchsucht und seinen Computer beschlagnahmt, um festzustellen, ob er über Missbrauchsfälle in der belgischen Kirche zwischen den 60er und 80er-Jahren informiert war. Auch der irische Primas Sean Brady wurde beschuldigt, die Skandale rund um pädophile Priester in seiner Heimat verheimlicht zu haben.

"Das Thema Missbrauchsskandale wird im Konklave eine Rolle spielen und Spitzenfiguren im Kampf gegen die Pädophilie wie den Wiener Erzbischof Christoph Schönborn und den Bostoner Kardinal Sean O ́Malley bei der Papst-Wahl begünstigen", meint Iacopo Scaramuzzi, Vatikan-Experte der Nachrichtenagentur TMNews.

Untersuchung gegen Kardinal O'Brien

Der Vatikan wird indes eine Untersuchung gegen den zurückgetretenen Erzbischof von Edinburgh, Kardinal Keith O'Brien, in die Wege leiten. Die Untersuchung soll nach der Ernennung des neuen Papstes beginnen, berichteten italienische Medien. Es werde sich um eine interne Untersuchung handeln, dessen Ergebnisse nicht veröffentlicht werden sollten, verlautete im Vatikan.

O'Brien hatte am Sonntag Fehler in seinem Umgang mit Priestern eingeräumt und um Vergebung gebeten. In einer schriftlichen Erklärung gab der ranghöchste Vertreter der Katholiken in Großbritannien, Fehlverhalten zu. Sein sexuelles Verhalten habe zeitweilig nicht den Standards entsprochen, die von einem Priester, Erzbischof und Kardinal erwartet werden, schrieb O'Brien. Er entschuldigte sich bei allen, die er mit seinem Verhalten verletzt habe, und bat um Vergebung. Er werde sich nun komplett aus der Kirche und der Öffentlichkeit in Schottland zurückziehen.

Drei Priester hatten O'Brien vorgeworfen, ihnen in den 1980er-Jahren "unangemessen" nahegekommen zu sein. Sie hatten sich Anfang Februar mit ihren Vorwürfen an den vatikanischen Botschafter in Großbritannien, Antonio Mennini, gewandt. O'Brien legte das Amt des Erzbischofs von St. Andrews und Edinburgh am 25. Februar nieder. Der 74-Jährige wird nicht an der bevorstehenden Wahl des neuen Papstes teilnehmen. O'Brien hätte als einziger Geistlicher aus Großbritannien an der Wahl des neuen Kirchenoberhaupts in Rom teilnehmen sollen.

Vatikanbank IOR

Auch die Zukunft der skandalumwitterten Vatikanbank IOR wird die Verhandlungen um die Wahl des neuen Papstes beeinflussen. Seit Mitte Februar hat die Bank zwar einen neuen Chef, den 54 Jahre alten deutschen Finanzexperten Ernst von Freyberg, die Affäre ist aber keineswegs ausgestanden. Der Vatikan steht unter Beobachtung des Anti-Geldwäsche-Ausschusses "Moneyval" des Europarates, der dem Kleinstaat noch im vergangenen Sommer zwar normative Fortschritte attestiert, doch zugleich bemängelt hatte, dass die konkrete Kontrolle unzureichend geblieben sei.

Diese heikle Frage könnte das Konklave dazu veranlassen, sich für einen "Manager-Papst" mit praktischem Sinn und Kompetenzen im Finanzbereich zu entscheiden, der sich verstärkt um mehr Transparenz in den Geldangelegenheiten des Vatikans kümmern könne. Zu den aussichtsreichsten Papst-Kandidaten zählen nicht zufällig zwei Mitglieder des IOR-Aufsichtsrats, der Brasilianer deutscher Abstammung Odilo Pedro Scherer und der indische Kardinal, Telesphore Toppo.

Vatileaks

Das Konklave wird auch von der sogenannten "Vatileaks"-Affäre um gestohlene päpstliche Dokumente belastet. Immer wieder kursieren Gerüchte über einen Zusammenhang zwischen den vertraulichen Berichten dreier Kardinäle über den Fall "Vatileaks" und den Amtsverzicht Benedikts XVI. Die Kardinäle hatten dem Papst im vergangenen Juli, sowie am 17. Dezember die Ergebnisse ihrer Untersuchungen mitgeteilt. Darin sollen Sex und Korruption im Vatikan eine spektakuläre Rolle spielen, berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica" ohne genaue Quellenangaben. Das im Report der drei Kardinal-Kommissare gezeichnete Bild vom Zustand der römischen Kurie sei so dramatisch gewesen, dass sich Benedikt XVI. daraufhin definitiv zum bereits angedachten Rücktritt entschlossen habe. Von homosexuellen Seilschaften, die auch eifrig Geschäfte machen, war die Rede. Der Vatikan reagierte empört und sprach von Verleumdungen und ungeprüften Gerüchten, die das Konklave beeinflussen könnten.

Die drei emeritierten Kardinäle Julian Herranz, Jozef Tomko und Salvatore De Giorgi, Mitglieder der im Fall Vatileaks ermittelnden Kommission, werden Benedikts Nachfolger ihren Geheimbericht weitergeben. Die drei Purpurträger könnten jedoch schon bei den am Montag begonnenen Generalkongregationen den Kardinälen über den Inhalt des Dossiers berichten, was wiederum die Papstwähler bei der Suche eines Nachfolgers beeinflussen könnte, meinen Vatikan-Insider in Rom.

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