Bill Cosby klagt angebliches Missbrauchsopfer

Amerikas schwarzer Kult-TV-Papa soll 100 Millionen Dollar zahlen - nun wehrt er sich juristisch.

Die Öffentlichkeit verdient zu erfahren, ob Herr Cosby ein Heiliger oder ein Sexualstraftäter ist", sagte die Anwältin Gloria Allred in Los Angeles. Die prominente Frauenrechtlerin vertritt drei angebliche Opfer des Komikers und verlangt, dass sich der Star einem Gremium von ehemaligen Richtern stellt, die darüber entscheiden sollen, ob die Anschuldigungen gegen den 77-Jährigen begründet sind oder nicht. Er solle 100 Millionen Dollar in einen Fonds einzahlen, aus dem mögliche Opfer-Entschädigungen bedient werden können. 100 Millionen Dollar (81 Mio €), das sind auch für Bill Cosby, der auf 500 Millionen Dollar geschätzt wird, eine Menge Geld.

Dass es den Frauen möglicherweise nur um Geld geht, suggeriert Whoopi Goldberg: Sie frage sich, warum die angeblichen Opfer nicht gleich zur Polizei gegangen sind, um Beweise zu sichern. Die angeblichen Taten liegen zumeist Jahrzehnte zurück und sind eigentlich verjährt. Doch die Anzeige eines kalifornischen Opfers könnte Cosby vor Gericht bringen, da die Frau behauptet, sich erst seit fünf Jahren bewusst darüber zu sein, dass ihre jahrzehntelang andauernden Angstzustände mit dem Missbrauch 1974 zu tun hätten.

Cosby reicht Gegenklage ein

Bill Cosby hat nun eine Gegenklage gegen ein mutmaßliches Opfer eingereicht: Der Anwalt des 77-Jährigen, Martin Singer, warf der Frau in der am Donnerstag eingereichten Klage unter anderem versuchte Erpressung vor. Es geht dabei um den Fall der heute 55-jährigen Kalifornierin Judy Huth, die Cosby beschuldigt, sie im Jahr 1974 sexuell missbraucht zu haben.

Huth hatte ihre Klage am Dienstag in Los Angeles eingereicht und gibt an, bis heute wegen der Vorfälle traumatisiert zu sein. Demnach verstand sie aber erst vor Kurzem, dass ihre psychischen Schäden von dem Vorfall vor vierzig Jahren herrührten.

Geldforderungen

Cosbys Anwalt zeichnete ein etwas anderes Bild: Huth habe Ende November zunächst 100.000 Dollar (fast 81.000 Euro) für einen Verzicht auf eine Klage gefordert. Tags darauf habe ihr Anwalt die Forderung auf 250.000 Dollar erhöht. Demnach drohte der Vertreter der 55-jährigen Huth auch damit, sich andernfalls an die Medien zu wenden.

Das mutmaßliche Missbrauchsopfer soll demnach außerdem bereits vor zehn Jahren erfolglos versucht haben, ihre Geschichte an verschiedene Boulevardzeitungen zu verkaufen. Das widerspreche den Angaben der Frau, erst in der jüngsten Vergangenheit erkannt zu haben, wie es um sie stehe, hieß es in den Justizdokumenten.

Polizei will ermitteln

Die Polizei von Los Angeles (LAPD) kündigte an, dass sie jedem Vorwurf gegen Cosby wegen sexuellen Missbrauchs nachgehen und ermitteln werde, auch wenn die Vorfälle Jahrzehnte zurückliegen sollten. Polizeichef Charlie Beck sagte, "bis jetzt" seien noch keine entsprechenden Vorwürfe eingegangen.

Rückschläge nach Anschuldigungen

Während Cosbys Anwalt in die Offensive ging, gab es für den Komiker, Schauspieler, Sänger und Buchautor einen Rückschlag an anderen Fronten. Die US-Marine entschied, dem Entertainer einen Ehrentitel abzuerkennen, den sie ihm 2011 verliehen hatte. Zur Begründung hieß es, die gegen Cosby erhobenen Vorwürfe seien schwerwiegend, und es bestehe ein Konflikt mit den Grundwerten der Navy: "Ehre, Mut und Engagement".

Die heile Welt der "Cosby Show"

Cosby wurde in den 1980er-Jahren als liebevoller Patriarch einer Mittelklasse-Familie in der Sitcom "The Cosby Show" weltbekannt. Viele der sexuellen Vergehen, die ihm inzwischen rund 20 Frauen vorwerfen, sollen sich in dieser Zeit abgespielt haben.

Die Aufregung in den USA ist verständlich. Bill Cosby verkörperte in der Rolle als Cliff Huxtable die heile Welt in einer intakten Familie. Die Cosby-Show war Vorbild für Millionen schwarzer Familien, die in die Mittelschicht aufgestiegen waren und so integer und anständig sein wollten, wie der Fernseh-Papa, der alle Probleme in seiner Familie ernst nahm, nicht wegbrüllte, sondern diskutierte und mit Humor löste. Er war mit seiner Rolle eins, schrieb den Bestseller "Fatherhood" – einen Erziehungsratgeber. Die Witwe von Martin Luther King, Coretta Scott King, bezeichnete die Cosby-Show als das positivste Porträt einer schwarzen Familie, das jemals im Fernsehen gezeichnet wurde. Cosby selbst stilisierte sich zum Gewissen der Afroamerikaner: Er belehrte Teenager, sich mehr um Bildung und Karriere zu bemühen, ermahnte sie, nicht die Hautfarbe für Misserfolge verantwortlich zu machen oder gar Verbrechen gelten zu lassen. Jetzt lässt er viele ziemlich ratlos zurück.

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