USA

Polizist nach Schüssen wegen Mordes angeklagt

Die Proteste blieben weitgehend friedlich.
Jason Van Dyke soll den 17-jährigen Afroamerikaner Laquan McDonald mit 16 Kugeln niedergestreckt haben.

Mehr als ein Jahr nach tödlichen Schüssen auf einen schwarzen Teenager in Chicago muss sich ein US-Polizist wegen Mordes verantworten. Jason Van Dyke wurde am Dienstag angeklagt, weil er den 17-jährigen Afroamerikaner Laquan McDonald mit 16 Kugeln niedergestreckt haben soll. Nach der Veröffentlichung eines Videos des Vorfalls kam es zunächst nicht zu den befürchteten Ausschreitungen.

"Es ist grausam, es ist gewaltsam, es ist schaurig", sagte Staatsanwältin Anita Alvarez. "Einen 17-Jährigen auf so gewalttätige Art sterben zu sehen ist zutiefst verstörend."

Schüsse, obwohl McDonald schon am Boden lag

Der Teenager soll nach Darstellung der Polizei mit einem Messer vor einem Polizeiauto herumgefuchtelt haben, laut Alvarez gab es aber keine bedrohliche Situation, die das Verhalten des Polizisten rechtfertigte. Der angeklagte Polizist eröffnete nach Angaben der Staatsanwaltschaft unmittelbar das Feuer und schoss selbst dann weiter auf den Jugendlichen, als dieser bereits am Boden lag.

Auf dem Video vom Oktober 2014, aufgenommen von einer Kamera auf dem Armaturenbrett eines Fahrzeugs der Sicherheitskräfte, ist zu sehen, wie der 37-jährige Polizist 30 Sekunden nach seiner Ankunft vor Ort - und nur sechs Sekunden nach Verlassen seines Wagens - auf den Jugendlichen schießt. Nach den Schüssen lassen die Beamten ihn auf der Straße verbluten.

Polizist nach Schüssen wegen Mordes angeklagt
In this screen grab from a video released by the Chicago Police on November 24, 2015, Laquan McDonald (R) falls to the ground after being shot by police in Chicago, Illinois on October 24, 2014. Chicago's mayor appealed for calm as officials released a "chilling" video of the police shooting of a black teen, hours after the white officer was charged with murder. The Chicago dashcam video shows officer Jason Van Dyke opening fire on Laquan McDonald, 17, as he walks down the middle of the street. McDonald can be seen walking away from Van Dyke. His body then spins and strikes the pavement. He lifts his head, moves an arm and then a cloud from another gunshot rises up from his chest as he lays in a fetal position. AFP PHOTO /CHICAGO POLICE/HANDOUT = RESTRICTED TO EDITORIAL USE / MANDATORY CREDIT: "AFP PHOTO /CHICAGO POLICE/HANDOUT "/ NO MARKETING / NO ADVERTISING CAMPAIGNS / DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS =

Nach der Veröffentlichung des Videos versammelten sich hunderte Demonstranten in Chicago, die Proteste blieben aber bis auf einige kleinere Rangeleien zunächst friedlich. Neben dem Bürgermeister der Metropole im Mittleren Westen, Rahm Emanuel, rief auch die Familie des Opfers zu friedlichen Demonstrationen auf. "Ich verstehe, dass Menschen aufgeregt sein werden und demonstrieren wollen, wenn sie dieses Video sehen", sagte Rahm vor Journalisten. "Es ist in Ordnung, leidenschaftlich zu sein, aber es ist unabdingbar, dass es friedlich bleibt."

Familie ruft zu Gewaltfreiheit auf

"Niemand versteht den Ärger besser als wir, aber wenn Sie sich entscheiden zu demonstrieren, bitten wir Sie eindringlich darum, friedlich zu sein", zitierte die örtliche Presse eine Erklärung der Familie McDonald. Die Stadt hatte der Familie des Opfers im April eine Entschädigung von fünf Millionen Dollar (4,7 Millionen Euro) bewilligt.

Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben wiederholt für Empörung und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war. Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt.

Schüsse auf Demo-Teilnehmer

In Minneapolis wurden am Montagabend fünf Menschen verletzt, als drei Verdächtige auf Teilnehmer einer Demonstration für die Rechte von Afroamerikanern schossen. Zwei der mutmaßlichen Schützen wurde nach Angaben der Behörden festgenommen. Bürgermeisterin Betsy Hodges sprach von einer "abscheulichen" Tat und kündigte an, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Hintergründe waren zunächst unklar, die Organisatoren der "Black Lives Matter"-Demo vermuteten aber eine rassistische Gruppe hinter den Schüssen.

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