Großjagd auf Delfine

In der japanischen Stadt Taiji wurden am Dienstag 250 Delfine in eine Bucht getrieben. Die schönsten Tiere werden verkauft, der Rest getötet.
Die schönsten Tiere werden an Delfinarien verkauft. Der Rest wird getötet. Tierschützer laufen Sturm.

Walfang hat in der japanischen Stadt Taiji Tradition. Im Jahr 1606 soll hier, an der östlichen Spitze der Kii-Halbinsel, der organisierte Walfang begründet worden sein. Die Stadt wirbt damit „Herkunftsort des japanischen, traditionellen Walfangs“ zu sein. Doch dieser Tage werden nicht Wale gejagt - sondern Delfine. Dienstagfrüh soll das Abschlachten in einer kleinen Bucht begonnen haben, berichteten Aktivisten der Tierschutzorganisation Sea Shepherd, die das Treiben der Fischer vor Ort verfolgen.

Durch Hämmern auf ins Meer gehaltene Metallstangen hatten die Jäger bei Sonnenaufgang den Orientierungssinn der Tiere lahmgelegt und sie in jene Bucht getrieben, die durch den Oscar-gekrönten Dokumentarfilm "Die Bucht" des US-Tauchers und Unterwasser-Fotografen Louie Psihoyos über das Gemetzel zu trauriger Berühmtheit gelangte. Mehr als 50 der Delfine, darunter auch ein Albino-Baby, seien zum Verkauf an Delfinarien ausgesondert worden. Der Rest wird getötet.

Jährliches Abschlachten

Alljährlich machen Fischer in Japan brutal Jagd auf Tausende Delfine. Einzelne Exemplare verkaufen sie für viel Geld an Delfinarien in Japan und anderen Ländern. Den Rest schlachten sie ab. Tierschützer laufen Sturm.

Fischer zerren die wild zappelnden Tiere, die nicht für den Verkauf aussortiert wurden, zu dritt oder zu viert an der Seite von Motorbooten hängend in eine benachbarte Lagune - wobei sie bei Wendemanövern über die gefangenen Delfine fahren. Andere werden in der für die Öffentlichkeit gesperrten Bucht mit Speeren, Haken und Messern abgeschlachtet.

Protest

Der Artenschutzorganisation Pro Wildlife zufolge werden immer mehr Delfine und Kleinwale lebend gefangen, um für Tausende Dollar pro Tier in Delfinarien in Japan sowie anderen Ländern wie China, der Türkei, Thailand und Mexiko zu enden. Für die in Japan an der Jagd beteiligten Fischer ein lukratives Geschäft: Waren es 2002 noch 19 lebende Tiere, habe der Lebendfang 2010 mit 213 Tieren seinen bisherigen Höhepunkt erreicht, teilte Pro Wildlife vor Beginn der laufenden Jagdsaison mit.

Großjagd auf Delfine
epa03484204 Demonstrators march against the killing of Taiji dolphins and research whaling in Tokyo, Japan, 24 November 2012. About a hundred people took part to the protest followed by pro-whaling Japanese far-right nationalist group members. EPA/FRANCK ROBICHON

Die Artenschützer berichten allerdings auch, dass die Zahl der gejagten Delfine und Kleinwale in den vergangenen zehn Jahren um 83 Prozent zurückgegangen sei - von 18.369 auf 3.104 Tiere. Ein Trend, den die Regierung bestätigt. Als Grund für den Rückgang führt sie die Tsunami-Katastrophe vom 11. März 2011 an, bei der viele Fischer ihre Boote verloren. Pro Wildlife vermutet dagegen, dass jüngere Japaner um die Belastung des Fleisches der Delfine mit Giftstoffen wissen und es kaum noch verzehren.

Allerdings wird in Japan ohnehin wenig Wal- oder Delfinfleisch gegessen. Dennoch geht die Jagd weiter: Zum einen sehen die Jäger Delfine als Konkurrenten an, da sie Fisch fressen. Zum anderen aber lockt das Geschäft mit Lebendtieren. Je mehr zusammengetrieben werden, desto höher ist die Chance, besonders schöne Exemplare zu finden.

Augenzeugenberichten zufolge haben die Delfinjäger von Taiji in diesen Tagen erneut mehr als 250 der kleinen Meeressäuger zusammengetrieben, darunter auch viele Jungtiere. "Dies ist nichts anderes als Genozid an einer anderen Spezies", beklagt ein Kritiker der Treibjagd auf Facebook. Dort mobilisiert der wohl bekannteste Gegner der japanischen Delfinjäger, der Amerikaner Richard O'Barry, seit Jahren Widerstand gegen das Treiben in Taiji.

Flipper-Trainer

Der wohl bekannteste Gegner der japanischen Delfinjäger ist der Amerikaner Richard O'Barry. O'Barry war in den 60er-Jahren Trainer der Delfine für die TV-Serie "Flipper", seit 1970 aber kämpft er unermüdlich für den Schutz der Meeressäuger. Die Delfin-Industrie unterstütze die Treibjagd, indem sie die Fischer für ihr schlimmes Verhalten entlohne, kritisierte O'Barry während einem seiner jährlichen Aufenthalte in Taiji.

Immerhin sind es nicht mehr nur Ausländer wie O'Barry oder Mitglieder der streitbaren Organisation Sea Shepherd, die gegen die Jagd in Taiji Sturm laufen. Es gebe inzwischen auch äußerst engagierte junge Japaner, die den Mut haben, vor Ort gegen das Treiben in Taiji zu protestieren, macht O`Barry seinen Anhängern Mut - auch wenn Japans Medien dies kaum zum Thema machen.

Nun haben die Gegner der Jagd prominente Verstärkung bekommen: Die neue US-Botschafterin in Japan, Caroline Kennedy, übte auf Twitter Kritik an der "Unmenschlichkeit" der Delfintötungen.

Bilder: Delfine rufen sich beim Namen

Kommentare