Russland will keine Tulpen mehr aus Amsterdam

Russland will keine Tulpen mehr aus Amsterdam
Das abgeschleppte Greenpeace-Schiff und ein prügelnder Diplomat schüren die Spannungen.

Sternhagelblau rammte eine russische Frau diese Woche im niederländischen Scheveningen mit einem schweren Mercedes drei Autos. Deren Mann, auch nicht weniger betrunken, misshandelte indessen im Fond des Wagens seine zwei kleinen Kinder. Als besorgte Augenzeugen die Polizei riefen, rastete der Russe vollends aus – und endete schließlich in Handschellen auf dem Polizeirevier.

Ein schweres Vergehen der niederländischen Sicherheitskräfte – wie ein höchst erboster russischer Präsident Wladimir Putin befand. Denn beim verhafteten Trunkenbold handelte es sich um den russischen Botschaftsrat Dmitri Borodin. Und akkreditierte Diplomaten, so sieht es ein internationales Abkommen vor, genießen im Gastland Immunität.

Warnung

Putin pochte nicht nur auf eine offizielle Entschuldigung der Niederlande, sondern auch auf eine deftige Strafe für die Polizisten. Außerdem sollten die Niederlande, so der russische Staatschef pikiert, „die Menschenrechte respektieren“. Der russische Menschenrechtsbeauftragte Konstantin Dolgow empfahl seinen Landsleuten gar, um die Niederlande „wegen grober Gewaltaktionen“ besser einen Bogen zu machen.

Nur Stunden nach der putinschen Standpauke zogen die Niederlande die diplomatische Notbremse. Außenminister Frans Timmermans entschuldigte sich pflichtschuldigst, meinte aber in einem dürren Nebensatz: Polizisten hätten auch die Pflicht einzuschreiten, wenn sie zu Hilfe gerufen würden.

In der russischen Führung aber ist man noch lange nicht besänftigt. Man erwäge einen Importstopp holländischer Tulpen und verschiedener Milchprodukte. Denn diese, so hieß es ganz plötzlich, entsprächen „nicht den russischen Sicherheitsstandards“.

Retourkutsche

In den Niederlanden vermutete man hinter dem eisigen Wind aus Russland eine Retourkutsche für den Einsatz des unter niederländischer Flagge fahrenden Greenpeace-Schiffes. Die „Arctic Sunrise“ wurde nach ihrem Protest gegen russische Ölbohrungen vor der sibirischen Küste in die Nähe von Murmansk gebracht. Die russischen Behörden haben inzwischen alle 30 Greenpeace-Aktivisten an Bord wegen „bandenmäßiger Piraterie“ angeklagt. Das würde nach russischem Strafgesetzbuch bis zu 15 Jahre Haft bedeuten. Diese Anklage wollen wiederum die Niederlande nicht hinnehmen und erwägen, den Internationalen Seegerichtshof in Den Haag anzurufen.

Die Eiszeit zwischen Moskau und Den Haag hat mittlerweile ein derart arktisches Kälteausmaß angenommen, dass selbst der für Anfang November geplante Besuch des Königspaares Willem Alexander und Maxima in Russland fraglich scheint. Ein herber Tiefschlag für das heuer ausgerufene niederländisch-russische „Freundschaftsjahr 2013“.

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