Video provoziert Aufstand in Russland

Oppositionspolitiker Nawalny zeigt die Besitztümer des Premiers Dimitri Medwedew, 51
Der unsagbare Besitz von Premierminister Medwedew wurde mit Drohnen gefilmt.

Ein knapp 50 Minuten langes YouTube-Video des Oppositionspolitikers, Rechtsanwalts und Bloggers Alexej Nawalny über den gigantischen Reichtum des Putin-Vertrauten Dmitri Medwedew, 51, hat zur größten Protestbewegung seit vielen Jahren geführt. Nawalny will im nächsten Jahr bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren.

Am Sonntag demonstrierten Zehntausende in 100 Städten Russlands gegen Korruption. Der Kreml nannte sie am Montag "bezahlte Teenager". Der Forderung von EU und USA nach einer sofortigen Freilassung der festgenommenen Demonstranten wurde eine Absage erteilt. Alexej Nawalny wurde am Montag einer Richterin vorgeführt und zu 15 Tagen Haft und einer Geldstrafe von 20.000 Rubel (320 Euro) wegen der Organisation der nicht genehmigten Demo in Moskau verurteilt.

Alleine in der Hauptstadt wurden etwa 1000 Demonstranten von Spezialkräften abgeführt. Auch in St. Petersburg griff die Polizei hart durch. Tausende waren gekommen, viele hielten Plakate gegen den Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew in die Höhe. Kundgebungen mit Festnahmen gab es am Sonntag auch in Saratow, Nowosibirsk, und Krasnojarsk. Es waren die heftigsten Proteste seit dem Winter 2011/12. Die damaligen Demonstrationen gegen Wahlfälschungen ließ Putin niederschlagen.

In Wladiwostok an der Pazifikküste wurden von 180 Demonstranten rund 25 Menschen festgenommen. Sie hatten ein Banner mit der Aufschrift "Der Ministerpräsident muss antworten" entrollt. Eine 17-jährige Studentin erklärte, in vielen anderen Ländern müssten Regierungen nach solchen Vorwürfen zurücktreten.

Medwedew fuhr Ski

Nicht so in Russland. Dmitri Medwedew war am Sonntag Skifahren. Dazu hat er sich einen palastartigen Gebäudekomplex in Sotschi schenken lassen. Alexej Nawalny hat Drohnen eingesetzt, um sich einen Überblick zu verschaffen, auf dem Video fliegt man also quasi über neu-russischen Pomp ohne Nachbarn. In St. Petersburg hat Medwedew zwei Palais an der Newa. Diese Prunkbauten aus der Zarenzeit wurden in Luxus-Appartements unterteilt. Ein gewisser Aristo-Tick ist dem Premierminister aus St. Petersburg nicht abzusprechen. Denn im Geburtsort seines Vaters, einem ärmlichen Dorf in der Kursk-Region, hat er sich ein Landgut errichten lassen. Sein Cousin leitet die Großfarm mit angeblich 3000 Kühen und Zehntausenden Hektar Land. In dem Dorf mit windschiefen Häusern wurden eine Kapelle und eine Kirche zu Ehren der Familie errichtet.

Swetlana Medwedewa, die Ehefrau des Premiers, ist schließlich Trägerin des höchsten Frauenordens der russisch-orthodoxen Kirche und Leiterin eines Kuratoriums für "geistig-moralische Kultur der heranwachsenden Generation Russlands", das mit dem Segen von Patriarch Alexius II. gegründet wurde.

Herrenhaus

So viel Scheinheiligkeit empört viele Russen. Und manche glauben sogar, dass Alexej Nawalny seine Recherchen mit Hilfe eines Kreml-Insiders gemacht haben könnte, der Medwedew fallen sehen möchte. Im Video wird auch Medwedews Datscha außerhalb Moskaus gezeigt, dieses kleine Dorf hat einen eigenen See mit Booten, neben dem Herrenhaus mehrere Unterkünfte für Bedienstete, Hubschrauberlandeplatz und Schwimmbad. Geschenkt wurde es dem Politiker von dem Oligarchen Alischer Usmanow, dem Generaldirektor eines Gazprom-Tochterunternehmens. Die Kontoeingänge laufen in einer DAR-Foundation zusammen, die von Medwedews Vertrauten gelenkt wird.

Usmanow hält übrigens gerade den Yacht-Rekord, seine Dilbar, die jetzt angeblich Ona heißt, hat 40 Gästekabinen und soll 600 Millionen US-Dollar gekostet haben. Sie ist zwar nur 157 Meter lang, hat aber das größte Volumen.

Medwedew hat immerhin zwei weniger pompöse Yachten, auf denen er zum Beispiel die Weißen Nächte in St. Petersburg feiert. Bilder vom Feuerwerk postete er übrigens auf Instagram.

Weingut in der Toskana

Bleibt noch sein Weingut in der Toskana mit 100 Hektar Weingärten. Dieses Anwesen soll 53 Millionen Dollar gekostet haben. Das Video, seit 2. März im Netz, wurde mittlerweile millionenfach geklickt. Nawalny bezahlt seine Recherchen mit Spenden.

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