RAF-Mord entzweite Familie
Vor fast 37 Jahren ermordeten Terroristen der RAF (Roten Armee Fraktion) Jürgen Ponto, einen der damals mächtigsten Banker Deutschlands. Sein Sohn Stefan Ponto, heute 62 Jahre alt, hat dem Spiegel in einem Interview geschildert, was der Mord an seinem Vater aus seinem Leben und dem seiner Mutter und Schwester gemacht hat. Stefan Ponto sagt: "Meine Mutter und meine Schwester haben mich behandelt, als hätte ich mit Jürgen Ponto nichts zu tun. Sie wollen die Deutungshoheit. Sie haben in meinem Leben einen größeren Schaden angerichtet als die Terroristen." Das Verhältnis zueinander sei "irreparabel".
Die Pontos wollten an diesem Abend nach Amerika fliegen und dort ihren 26-jährigen Sohn Stefan treffen, der zu dieser Zeit gerade in Denver ein Geologiestudium begonnen hatte. Ein Freund des Vaters, ein Arzt, überbrachte Stefan Ponto die Todesnachricht, da seine Mutter "unter Beruhigungsmitteln stand", sagt er im Spiegel.
"Dieser Mord hat der Gemeinheit und Tragik eine neue Dimension eröffnet", schrieb das Börsenblatt 1977. "Der Terror ist in die deutschen Wohnzimmer vorgedrungen."
Anders als Michael Buback und Hanns-Eberhard Schleyer, ebenfalls Söhne von RAF-Opfern, hat sich Stefan Ponto erst jetzt öffentlich zur Tat geäußert. Und dabei geht es ihm eigentlich darum, was seine Mutter und seine jüngere Schwester Corinna daraus gemacht haben. So ging seine Mutter Ignes gerichtlich gegen den Film "Der Baader Meinhof Komplex" vor , weil die Mordszene nicht richtig wiedergegeben wurde, weil sie, als die Schüsse fielen, im Nebenzimmer war und nicht, wie im Film gezeigt, auf der Terrasse. Der Sohn war gegen die Klage, die seine Mutter dann auch verloren hat.
"Ich fand den Film in Ordnung. Was meine Mutter und meine Schwester in ihrer Egozentrik nicht begriffen haben, war, dass es ein Film über die RAF war, nicht über meinen Vater. Und selbst wenn die Darstellung der Mordszene nicht korrekt war, kam die Kaltblütigkeit und die Brutalität dieses hinterhältigen Anschlags klar zum Ausdruck. Muss man deswegen einen solchen Zirkus machen?"
Seiner Schwester macht Stefan Ponto den Vorwurf, dass sie gemeinsam mit der Schwester von Susanne Albrecht ein Buch ("Patentöchter") geschrieben hat. "Wenn ich lesen muss, wie glücklich Julia Albrecht war, als ihre Schwester nach der Wende in Ostberlin wieder aufgetaucht ist, wie sie jubiliert, während ich nie wieder werde jubilieren können, weil ich meinen Vater nie wieder sehen werde: Das hat mich verletzt." Susanne Albrecht war mithilfe der Stasi in der DDR untergetaucht, sie wurde erst 1991 zu zwölf Jahren Haft verurteilt und kam 1996 auf freien Fuß, weil sie sich vom Terrorismus distanziert hatte.
Stefan Ponto lebte die meiste Zeit als Banker bei der Chase Manhattan im Mittleren Management in New York. Nach einer Krankheit kam er zur Dresdner Bank. Er wurde von der Commerzbank, die die Dresdner Bank 2009 geschluckt hat, entlassen. "Das ist die unglaubliche Ironie der Geschichte. Das war für mich der Nagel in den Sarg."
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