Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet

Trump jongliert mit Hilfsgütern in Puerto Rico.
Trump will sich nach Hurrikan "Maria" als Krisenmanager präsentieren. Anstatt aber zuzuhören und Trost zu spenden, macht er den Trip zur Trump-Show. "Puerto Rico, es tut mir leid, euch das sagen zu müssen, aber ihr habt unser Budget ein bisschen durcheinandergebracht."

Fast zwei Wochen hat sich US-Präsident Donald Trump Zeit gelassen, bis er in dem von Hurrikan "Maria" völlig zerstörten Puerto Rico nach dem Rechten sieht. Als er sich dann endlich in dem US-Außengebiet in der Karibik blicken lässt, erzählt er vor allem von sich selbst und der großartigen Arbeit seiner Regierung.

Der bizarre Auftritt im Katastrophengebiet gipfelt in einem Treffen mit Hurrikanopfern in einer Kapelle, wo Trump wie ein Basketballspieler Pakete mit Küchenrolle in die Menge wirft. "Hier ist so viel Liebe im Raum", schwärmt er. Die meisten Puerto Ricaner dürften sich von der fünfstündigen Stippvisite ihres Präsidenten eher vor den Kopf gestoßen fühlen.

Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
CAROLINA, PUERTO RICO - OCTOBER 03: President Donald Trump and Melania Trump wave as they arrive on Air Force One at the Muniz Air National Guard Base for a visit after Hurricane Maria hit the island on October 3, 2017 in Carolina, Puerto Rico. The President has been criticized by some that say the governmentÍs response has been inadequate. Joe Raedle/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++

Geschmackloses Rechenbeispiel

Gleich nach seiner Ankunft brüskiert er die Insulaner mit einem geschmacklosen Rechenbeispiel. "Wenn man sich eine echte Katastrophe wie "Katrina" anschaut mit Aberhunderten von Toten, und sieht, was hier bei dem Sturm passiert ist mit 16 Toten, könnt ihr sehr stolz sein", sagte er verblüfften Militärs, Rettungskräften und Politikern in einem Hangar am Militärflughafen von San Juan.

Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
US President Donald Trump and First Lady Melania Trump step off Air Force One upon arrival at Luis Muñiz Air National Guard Base in Carolina, Puerto Rico on October 3, 2017. Nearly two weeks after Hurricane Maria thrashed through the US territory, much of the islands remains short of food and without access to power or drinking water. / AFP PHOTO / MANDEL NGAN
Kurz nach Trumps Abflug teilte Gouverneur Ricardo Rossello mit, die Zahl der Todesopfer sei auf mindestens 34 gestiegen. Weite Teile der Karibikinsel sind noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Information gelangten nur sehr langsam zu den Verantwortlichen in der Hauptstadt. Experten hatten schon zuvor damit gerechnet, dass die Opferzahl noch steigen dürfte.
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
US President Donald Trump and First Lady Melania Trump attend a meeting with Governor Ricardo Rossello (unseen) and other officials after stepping off Air Force One upon arrival at Luis Muñiz Air National Guard Base in Carolina, Puerto Rico on October 3, 2017. Nearly two weeks after Hurricane Maria thrashed through the US territory, much of the islands remains short of food and without access to power or drinking water. / AFP PHOTO / MANDEL NGAN
Eigentlich sollte Trump sich bei dem Treffen über die Situation an Ort und Stelle, den Stand der Aufräumarbeiten und die Probleme bei den Hilfslieferungen informieren lassen, aber der Präsident erklärt den Einsatzkräften lieber selbst, wie er die Lage sieht. "Wir haben viele großartige Menschen hier, die so hart arbeiten. Wir können sehr stolz darauf sein, was wir in Puerto Rico leisten."
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
CAROLINA, PUERTO RICO - OCTOBER 03: President Donald Trump and Melania Trump arrive on Air Force One at the Muniz Air National Guard Base for a visit after Hurricane Maria hit the island on October 3, 2017 in Carolina, Puerto Rico. The President has been criticized by some that say the governmentÍs response has been inadequate. Joe Raedle/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Noch immer sind die meisten Bewohner ohne Strom, viele haben kein fließendes Wasser. Es fehlt an Lebensmitteln und Treibstoff. Zwar sind mittlerweile Hilfslieferungen vom Festland eingetroffen und 12.000 Bundesbeamte in Puerto Rico im Einsatz. Aufgrund fehlender Kommunikation und zerstörter Infrastruktur erreichen die Transporte allerdings häufig nicht ihr Ziel.
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
U.S. President Donald Trump greets members of the U.S. military as he prepares to board Air Force One, to survey hurricane damage, at Muniz Air National Guard Base in Carolina, Puerto Rico, October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst
"Das ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe", sagt Generalleutnant Jeffrey Buchanan, der den Einsatz der Streitkräfte in Puerto Rico leitet. "Die Straßen auf dem Land sind nicht geräumt und wir kommen nur langsam voran. Wir müssen alle Straßen freimachen, um die Lieferungen zu den Menschen zu bringen, die verzweifelt auf sie warten."
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U.S. President Donald Trump stands up in the doorway of his car as he arrives for a walking tour of a hurricane-affected neighborhood in San Juan, Puerto Rico, October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst
Viele Puerto-Ricaner fühlen sich von der Regierung in Washington allein gelassen. "Ich bin mir nicht sicher, ob Trump weiß, dass Puerto-Ricaner auch US-Bürger sind", sagt die frühere US-Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton.
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
REFILE CORRECTING LOCATION U.S. President Donald Trump and first lady Melania Trump walk through a neighborhood damaged by Hurricane Maria in San Juan, Puerto Rico, U.S., October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst
Dabei stammen viele der erfolgreichsten Musiker und Sportler des Landes aus Puerto Rico. Der Sänger Luis Fonsi landete mit "Despacito" kürzlich einen Welthit, das Video zu dem Song wurde im Viertel La Perla gefilmt. Jetzt kehrt Fonsi an den Drehort zurück, um Wasser und Lebensmittel zu verteilen. "La Perla hat dem Lied Leben und Farbe gegeben. Ich fühle mich verpflichtet zu helfen, weil sie mich hier so gut behandelt haben", sagt Fonsi, der mit seinen Kollegen Ricky Martin, Nicky Jam und Gloria Estefan nach Puerto Rico gekommen ist.
Trotz der Entsendung tausender Soldaten ist der Einsatz der US-Regierung in Puerto Rico nach Einschätzung der Brookings Institution noch immer recht zurückhaltend. "Wenn so viele US-Bürger leiden, sollten wir weitaus massivere Anstrengungen in Erwägung ziehen", schreibt Analyst Michael O'Hanlon. "Die Trump-Regierung muss einsehen, dass die derzeitige Geschwindigkeit und der Umfang des Hilfseinsatzes den Bedürfnissen nicht gerecht wird."

Trip wird zur Trump-Show

Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
U.S. President Donald Trump visits a distribution center while surveying hurricane damage in San Juan, Puerto Rico, U.S., October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst
Trump will sich in Puerto Rico als Krisenmanager präsentieren. Anstatt aber zuzuhören und Trost zu spenden, macht er den Trip zur Trump-Show. Im Briefing lobt er Gouverneur Rosselló dafür, dass dieser gut über seine Regierung gesprochen hat. Dann fordert er Puerto Ricos Kongressabgeordnete Jenniffer González dazu auf, etwas Nettes über ihn zu sagen. "Ich, ich, ich", kommentiert CNN-Reporter Chris Cillizza die bizarre Situation.
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
U.S. President Donald Trump talks with local residents during a walking tour with first lady Melania Trump of areas damaged by Hurricane Maria in Guaynabo, Puerto Rico, U.S., October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst
Mit der Berichterstattung über seinen denkwürdigen Ausflug ins Katastrophengebiet ist Trump überhaupt nicht zufrieden. "Wow, so viele Fake-News-Geschichten heute", schrieb der Präsident am Mittwoch auf Twitter. "Egal was ich tue oder sage, sie schreiben oder sagen nicht die Wahrheit. Die Fake-News-Medien sind außer Kontrolle."
Angesichts tausendfachen Leids findet Trump einfach nicht die richtigen Worte. "Das ist eine tolle Reise. Euer Wetter ist so gut wie nirgendwo sonst, aber hin und wieder erwischt es euch. Jetzt seid ihr wirklich hart getroffen worden", sagte Trump. Auf einer Insel, wo die Menschen durch ein Unwetter gerade alles verloren haben.
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
FILE PHOTO: U.S. President Donald Trump walks past hurricane wreckage as he participates in a walking tour with (L-R) first lady Melania Trump, Guaynabo Mayor Angel Perez Otero, FEMA Administrator Brock Long and Lt. General Jeffrey Buchanan in areas damaged by Hurricane Maria in Guaynabo, Puerto Rico, U.S. on October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst/File Photo
Und auch einen Spruch über das liebe Geld kann er sich nicht verkneifen. "Puerto Rico, es tut mir leid, euch das sagen zu müssen, aber ihr habt unser Budget ein bisschen durcheinandergebracht", sagte er mit Blick auf die Ausgaben für Rettungseinsätze und die Aufräumarbeiten. "Aber das geht schon in Ordnung."
Puerto Rico: Trumps bizarrer Trip ins Katastrophengebiet
U.S. President Donald Trump and first lady Melania Trump pose with residents while surveying hurricane damage in San Juan, Puerto Rico, U.S., October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst

"Anstelle eines Commander in Chief ist er eine Art Miscommunicator in Chief geworden"

San Juans Bürgermeisterin Carmen Yulín Cruz hatte Trump zuletzt in einem verzweifelten Hilferuf um mehr Unterstützung gebeten. "Ich glaube, sein Team versteht jetzt und sie haben alle Informationen, die sie brauchen", sagte sie nach dem Besuch. "Ich hoffe nur, dass der Präsident aufhört, Kommentare von sich zu geben, die die Menschen in Puerto Rico wirklich verletzen. Anstelle eines Commander in Chief ist er eine Art Miscommunicator in Chief geworden."

Auch Melania Trumps Auftritt in Puerto Rico sorgte für Schlagzeilen. Mehr dazu lesen Sie hier.

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U.S. first lady Melania Trump walks through a neighborhood damaged by Hurricane Maria in San Juan, Puerto Rico, U.S., October 3, 2017. REUTERS/Jonathan Ernst

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