Papst Franziskus: „Keine Teilzeit-Christen“

Der Papst feierte in Rio vor rund drei Millionen Menschen die Abschlussmesse. Das nächste Treffen findet in Polen statt.

Papst Franziskus hat beim Weltjugendtag in Brasilien die Pilger richtiggehend angefeuert, die Welt besser zu machen. Die Jugendlichen, die in den vergangenen Wochen gegen die Korruption in Brasilien auf die Straße gegangen seien, sollten ihre Bemühungen fortsetzen und eine christliche Antwort auf die Probleme anbieten, sagte Franziskus, der in Rio de Janeiro wie ein Popstar gefeiert wurde. Franziskus nutzte das weltgrößte Katholikentreffen gezielt, um der von Skandalen erschütterten Kirche neuen Schwung zu verleihen.

Von einer Bühne am Strand der Copacabana aus forderte er die Jugend auf, „Protagonisten der Veränderung“ zu werden. Er sei sich sicher, dass sie „keine Teilzeit-Christen, keine Spießer, nicht nur Fassade, sondern authentische Christen“ sein wollten. „Jesus bietet uns etwas Größeres als die Fußballweltmeisterschaft“, sagte der 76-jährige Argentinier. Die jungen Leuten müssten ihren Glauben vertiefen wie ein Athlet, der für einen Wettkampf trainiert.

„Geht – ohne Furcht – um zu dienen“, rief Jorge Mario Bergoglio der riesigen Menge junger Menschen zu, die ihn mit frenetischem Jubel empfangen hatten. „Der Papst rechnet mit euch.“ Und: „Der Glaube ist eine Flamme, die immer lebendiger wird, je mehr man sie mit anderen teilt.“

Bis zu drei Millionen Menschen hörten dem Papst zu, als er am Sonntag die Abschlussmesse zelebrierte. Unzählige Pilger hatten die Nacht am Strand verbracht, um einen guten Platz zu ergattern. Die Copacabana glich einem gigantischen Schlaflager. Wegen des Dauerregens der vergangenen Tage war die Messe von Guaratiba etwa 70 Kilometer westlich von Rio an die Copacabana verlegt worden.

Auch an der traditionellen Nachtwache (Vigil) hatten am Vorabend der Abschlussmesse nach Schätzungen der Stadtverwaltung bis zu drei Millionen Menschen teilgenommen.

Während Millionen Gläubige den Papst feierten, kam es erneut zu Protesten: Am Rande der Vigil trugen provokativ gekleidete Teilnehmerinnen des „Slut Walk“ („Schlampenmarsch“) Plakate mit Aufschriften wie „Euer Glaube passt nicht in meinen Uterus“. Die Frauen protestierten gegen die Verharmlosung sexueller Gewalt.

Zu dem sechstägigen Weltjugendtag waren Besucher aus 175 Ländern gekommen, darunter etwa 560 Pilger aus Österreich.

„Beeindruckend“

Trotz aller Pannen, Schwierigkeiten und Planänderungen freuen sich die österreichischen Teilnehmer, bei diesem Event anwesend zu sein. „Hier erlebt man wirklich die ganze Welt“, sagt der Vorarlberger Peter Rinderer zum KURIER. Der 26-Jährige findet es schön, „zu sehen, wie groß die weltweite Gemeinschaft ist.“ „Und es regt auch zum Nachdenken an: Den Gastfamilien, die uns sehr herzlich aufgenommen haben, geht es gut. Aber nicht weit entfernt leben die Menschen in den Armenvierteln in bitterer Not“, so Rinderer.

„Es ist beeindruckend, wie viele Strapazen viele Jugendliche auf sich genommen haben, um hier dabei zu sein. Bei uns haben viele gejammert, dass der Flug nach Rio so teuer ist. Wir haben eine Gruppe aus Guatemala getroffen, die haben gleich viel für ihren Flug gezahlt wie wir – haben aber viel weniger als wir. Sie haben ein ganzes Jahr lang dafür gearbeitet und Aktionen wie Pfarrcafés oder Flohmärkte organisiert. Bei uns gibt man so schnell auf. Wir – wir sind eine Gruppe mit 24 Jugendlichen der Salesianer aus ganz Österreich – waren alle sehr beeindruckt“, sagt Rinderer.

„In Lateinamerika wird der Glauben ganz anders gelebt als bei uns. Hier ist er wirklich Teil des Alltags. Bei uns in Europa ist er Privatsache“, meint der junge Pilger.

Der nächste große Weltjugendtag findet 2016 in der einstigen Bischofsstadt Krakau in Südpolen statt. Das teilte Franziskus am Sonntag bei der Schlussmesse in Rio de Janeiro mit.

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