Alk und Partys: Pannen der belgischen Polizei

Starke Polizeipräsenz in Brüssel seit den Anschlägen
Kommissar kam betrunken zu Krisensitzung nach den Brüssel-Anschlägen.

Täglich kommen neue Informationen über Schlampereien, Fehleinschätzungen und gravierende Unterlassungen der belgischen Polizei ans Tageslicht.

Seit bekannt wurde, dass unmittelbar nach den Terroranschlägen der Polizeichef von Ixelles (Nachbargemeinde des EU-Viertels), betrunken zu einer Krisensitzung erschien, ist die Volksseele am Kochen.

Bei dem Treffen hätte die Strategie der Zusammenarbeit der sechs autonomen Polizeidienststellen im Anti-Terrorkampf sowie Personalfragen abgestimmt werden sollen. Doch der Chef-Polizist von Ixelles war nicht fähig, Fragen zu beantworten. Er lallte, ihm wurde die Waffe weggenommen, dann wurde er nach Hause chauffiert.

Nach Angaben eines Polizeisprechers läuft jetzt eine Untersuchung, um zu entscheiden, ob der Ordnungshüter disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werde.

Bei den Bombenanschlägen islamistischer Terroristen wurden am 22. März 32 unschuldige Menschen in Brüssel ermordet.

Polizisten-Party

Die Boulevard-Zeitung La Derniere Heure berichtete, dass auch nach den Paris-Anschlägen am 13. November 2015 belgische Polizisten bei Partys angetroffen wurden, anstatt zu patrouillieren.

Die Wut der Brüsseler Bevölkerung auf Sicherheitskräfte und die zuständigen Minister (Innen und Justiz) nimmt zu, weil bei vielen Bürgern der Eindruck vorherrscht, die Polizei sei nicht in der Lage, den Terrorismus zu bekämpfen.

Mängellisten kursieren, von einem "Dirty Dozen" ist die Rede. Zu diesen zwölf schwerwiegenden Problemen und Pannen gehört auch, dass Razzien zwischen 21 Uhr und fünf Uhr morgens nicht durchgeführt werden dürfen. Das war auch einer der Gründe, warum sich der Mit-Attentäter von Paris, Salah Abdeslam, monatelang in der Dschihadisten-Hochburg Molenbeek verstecken konnte.

Ein gravierender Fehler ist, dass die belgischen Behörden nicht in der Lage sind, 117 IS-Rückkehrer Tag und Nacht zu observieren. Bekannt ist, dass diese "Foreign Fighters" jetzt per SMS den Terror-Nachwuchs anwerben: "Mein Bruder, warum folgst du uns nicht in den Kampf gegen die Westler? Triff die richtige Wahl in deinem Leben", heißt es in den Kurzmitteilungen.

So schwerwiegend die Kritikpunkte über die Missstände in der belgischen Polizei sind, Experten räumen auch Versäumnisse des Staates ein. Die Ordnungshüter verdienen zu wenig und sind schlecht ausgebildet, das wiederum führt zu Rekrutierungsproblemen.

Insgesamt ist das Polizei-System unterfinanziert und nicht auf der Höhe der Zeit.

Der Streit zwischen Flamen und Wallonen erschwert die Kooperation der Behörden. Vorwürfe, wonach flämische Nationalisten Konflikte schüren, verbessert die Lage auch nicht gerade.

Die letzte große Polizeireform liegt schon länger zurück: Anlass, den schwerfälligen Apparat umzukrempeln, waren zahlreiche Ermittlungspannen im Falle des Mörders und Kinderschänders Marc Dutroux in den 1990er-Jahren.

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