Mordfall Bögerl: Verdächtiger nach DNA-Test frei

Das Verbrechen fand im Juni 2010 im deutschen Heidenheim-Nietheim statt
Sieben Jahre nach dem Mord an einer Bankiersfrau nahm die deutsche Polizei einen Verdächtigen fest - und ließ ihn Stunden später wieder frei.

Sieben Jahre nach dem Mord an der Bankiersgattin Maria Bögerl aus dem baden-württembergischen Heidenheim hat sich die kurzfristige Hoffnung auf eine vielversprechende Spur rasch wieder zerschlagen. Die Ermittler ließen einen am Mittwochabend festgenommenen Verdächtigen am Donnerstag wieder frei. Nach dem Mann war öffentlich gefahndet worden.

Der Tatverdacht gegen ihn habe sich nicht erhärtet, sagte Armin Burger, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Donnerstagnachmittag in Ellwangen. Es gebe jedoch weitere Ermittlungen im Umfeld des Mannes. Zuvor habe eine DNA-Probe des Verdächtigen "keine Übereinstimmung" mit seinerzeit gesicherten Erbsubstanzspuren ergeben.

Der 47-Jährige hatte laut Polizei im vergangenen Jahr in Hagen im betrunkenen Zustand vor zwei jungen Männern erklärt, er habe die Frau erstochen. Die Zeugen hatten das Gespräch mit einem Handy aufgezeichnet und die Polizei alarmiert. In Hagen hatte sich der Mann wegen einer medizinischen Behandlung aufgehalten.

Der Verdächtige war nach Hinweisen aus der Bevölkerung aufgrund eines Berichts in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" festgenommen worden. Dabei wurden ein Phantombild sowie die Stimmaufzeichnung des zunächst unbekannten Mannes veröffentlicht. Die zahlreichen Anrufe nach diesem Beitrag führten schließlich zu seiner Festnahme.

Nach Auswertungen durch die Ermittler habe der Mann in dem aufgezeichneten Gespräch "tatrelevante Äußerungen" gemacht. Er habe er etwa angegeben, einen Hass auf die Familie Bögerl gehabt zu haben. Kurz danach wurde der Mann in seiner Wohnung in Königsbronn festgenommen. Königsbronn liegt etwa zehn Kilometer von Heidenheim entfernt, wo die Familie Bögerl gewohnt hat. Der 47-Jährige hatte aber schon nach seiner Festnahme eine Tatbeteiligung bestritten.

Mordfall Bögerl: Verdächtiger nach DNA-Test frei
ABD0030_20170406 - ARCHIV - Kriminalbeamte untersuchen am 04.06.2010 bei Heidenheim-Nietheim den Waldboden. Dort wurde am Donnerstag (03.06.2010) von einem Spaziergänger mit Hund eine weibliche Leiche gefunden. Unweit dieser Stelle scheiterte am 12.05.2010 die Lösegeldübergabe für die entführte Bankersgattin Maria Bögerl. (Zu dpa «Verdächtiger im Mordfall Bögerl festgenommen» vom 06.04.2017) Foto: Stefan Puchner/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Der Fall Bögerl ist einer der bekanntesten ungeklärten Mordfälle in Deutschland: Die Ehefrau des damaligen Heidenheimer Sparkassenchefs war am 12. Mai 2010 aus ihrem Haus entführt worden. Die Täter verlangten damals 300.000 Euro. Die Übergabe des Lösegelds scheiterte aber.

Anfang Juni 2010 fand ein Spaziergänger dann die verweste Leiche der 54-Jährigen an einem Waldrand bei Heidenheim. Maria Bögerl, zweifache Mutter, war erstochen worden. Ihr Ehemann beging rund ein Jahr nach dem Mord Suizid. Er war in Verdacht geraten, in den Fall verwickelt zu sein, was sich jedoch nicht erhärtete. Die Ermittler gingen in den vergangenen Jahren tausenden Hinweisen und Spuren nach - bisher vergeblich.

Mordfall Bögerl: Verdächtiger nach DNA-Test frei
ABD0026_20170406 - ARCHIV - Polizisten durchsuchen am 05.06.2010 bei Heidenheim im Zuge der Ermittlungen im Mordfall Bögerl ein Rapsfeld. (Zu dpa «Verdächtiger im Mordfall Bögerl festgenommen» vom 06.04.2017) Foto: Stefan Puchner/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Das Verbrechen an der Bankiersfrau Maria Bögerl beschäftigt die deutsche Polizei seit dem Jahr 2010. Es gab mehr als 10 000 gesicherte Spuren, viele Jahre aber keine entscheidende Spur. Ein Rückblick:

- 12. Mai 2010: Maria Bögerl (54), zweifache Mutter und Frau eines Sparkassenchefs, wird aus ihrem Haus in Heidenheim entführt. Ihr Mann hinterlegt 300.000 Euro Lösegeld an vereinbarter Stelle an der Autobahn A7.

- 13. Mai 2010: Das Geld wird nicht abgeholt, der Kontakt zum Entführer bricht ab. Von der Frau fehlt jede Spur.

- 14. Mai 2010: Maria Bögerls Handy wird gefunden. Ihr Auto entdeckt die Polizei nach Hinweisen im Hof des Klosters Neresheim.

- 16. Mai 2010: Ein zunächst verdächtiger Mann wird kurz nach seiner Festnahme wieder freigelassen.

- 18. Mai 2010: Die Belohnung für Hinweise zur Aufklärung des Falls wird auf 100.000 Euro verdoppelt. Die Soko "Flagge" wird gebildet.

- 19. Mai 2010: Mit einem verzweifelten Appell wendet sich die Familie in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" an die Täter: "Bitte geben Sie uns unsere geliebte Mama, meine Frau, wohlbehalten zurück."

- 3. Juni 2010: Ein Spaziergänger entdeckt am Waldrand die Leiche von Maria Bögerl wenige Kilometer vom Haus der Bögerls entfernt.

- 9. Juni 2010: Unter großer Anteilnahme wird Bögerl beigesetzt.

- 24. Juni 2010: Die Polizei sucht nun auch mit Speichelproben nach dem Täter.

- Oktober 2010: Bei der Polizei geht ein anonymes Schreiben ein, nach dem die Lösegeldbeschaffung sehr viel schneller hätte klappen können.

- 11. Juli 2011: Bögerls Ehemann tötet sich selbst.

- 14. Juli 2011: Die Kinder der Bögerls kritisieren öffentlich die Polizei.

- 5. September 2012: Die Polizei wendet sich über "Aktenzeichen XY" erneut an die Bevölkerung. Daraufhin führt ein Mann die Polizei monatelang mit falschen Hinweisen in die Irre. Dafür kassiert er mehrere tausend Euro Belohnung - und schließlich zwei Jahre Haft auf Bewährung.

- Jänner 2013: Die Soko wird von 16 auf 12 Ermittler verkleinert. Mehr als 3000 Speicheltests machten die Beamten bisher auf der Suche nach dem Täter oder den Tätern - eine heiße Spur ist nicht dabei.

- 8. Mai 2013: Erstmals ist nur die Rede von mehreren Tätern, sie werden im Spielhallen-Milieu in Baden-Württemberg und Bayern gesucht.

- 14. Februar 2014: In Neresheim (Ostalbkreis) soll ein DNA-Massentest die entscheidenden Hinweise bringen. Mehr als 3000 Männer sollen zur Reihenuntersuchung antreten.

- 21. August 2014: Die zweite Auflage des Massentests: Auch in Giengen an der Brenz werden rund 500 Männer zum DNA-Test aufgefordert.

- Februar 2015: Ein dubioser Zeuge meldet sich bei der Polizei und sorgt über Wochen für Wirbel. Er nennt einen angeblichen Tatbeteiligten. Die Durchsuchung von dessen Wohnung bringt aber keine Hinweise.

- 13. Februar 2015: Das Amtsgericht Ellwangen droht den DNA-Verweigerern: Zur Not sollen sie zum Gentest gezwungen werden.

- 23. April 2015: Die Staatsanwaltschaft Ellwangen verkündet, den angeblichen neuen Zeugen vorerst nicht mehr vernehmen zu wollen.

- November 2015: Auf der Suche nach dem Täter werten die Ermittler mit einer neuen Software derzeit 600.000 alte Datensätze aus - darunter vor allem Handy-Verbindungsdaten aus dem Tatzeitraum.

- April 2016: Knapp sechs Jahre nach dem Mord an der Bankiersgattin geht die Polizei noch einmal 150 neuen Ermittlungsansätzen nach.

- 5. April 2017: Nun suchen die Ermittler nach einem Verdächtigen und gehen einer entscheidenden Spur nach. Der Mann ist in Nordrhein-Westfalen gesehen worden.

- 5. April 2017: Die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" berichtet über den Mord. Am Ende der Sendung heißt es bereits, es habe "eine Reihe von Hinweisen" aus dem TV-Publikum gegeben.

- 6. April 2017: Das Bundeskriminalamt gibt bekannt, dass knapp sieben Jahre nach dem Mord ein Verdächtiger festgenommen worden sei.

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