Kohl bekämpft Freigabe seiner Interviews
Alle deutschsprachigen Medien berichteten über die untergriffigen Sprüche von Altbundeskanzler Helmut Kohl über seine einstigen CDU-Weggefährten (mehr dazu hier), darunter auch die Kanzlerin. Doch eine offizielle Reaktion aus der CDU auf Kohls Beleidigungen blieb aus. Aus mehreren Gründen: Die Aussagen erscheinen nächste Woche zwar in einem Buch von Heribert Schwan – den Kohl ursprünglich als seinen Biografen erkoren hatte – sind aber schon mehr als ein Jahrzehnt alt; Kohl ist der Kanzler der deutschen Einheit und der europäischen Einigung – dafür verdient er Respekt; und der 84-Jährige ist schwer krank.
Vertrauensbruch
Laut dem Magazin Focus will Kohl mithilfe der Justiz das Erscheinen des Buches verhindern. Die Tonbänder bekam er bereits nach einem Gerichtsurteil zurück. Sie liegen seit März in Kohls Keller in Oggersheim, das Gericht in Köln hatte Schwan zur Herausgabe verpflichtet. Doch die Abschriften behielt er und nutzte sie jetzt für das Buch. Für Kohl auf jeden Fall ein Vertrauensbruch: Er hatte mit Schwan vertraglich vereinbart, dass Veröffentlichungen nur in Absprache und seiner ausdrücklichen Genehmigung erfolgen dürfen. Die Entscheidung, ob die Veröffentlichung der "Kohl-Protokolle" legal ist, obliegt nach jahrelangem Rechtsstreit jetzt dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der Heyne-Verlag begann dennoch am Montag mit der Auslieferung des Buches.
Kohl war damals, als er Schwan 2001/2002 für seine Biografie stunden- und tagelange Interviews gab – sehr verbittert. Waren doch nach dem Auffliegen der illegalen Parteispendenaffäre Gefolgsleute wie Angela Merkel oder der jetzige Finanzminister Wolfgang Schäuble von ihm abgerückt. Kohl musste in der Folge 2000 auf den Ehrenvorsitz der Partei verzichten. Denn bis heute weigert er sich, die Spender preiszugeben, denen er sein "Ehrenwort" gegeben habe.
Den aktuellen Vorschlag des früheren CDU-Generalsekretärs Volker Rühe, eine eigene Helmut-Kohl-Stiftung einzurichten, wo auch die "Kohl-Protokolle" schlussendlich landen sollen, wies die Regierung "vorerst" zurück. Zu Lebzeiten eines Politikers sei dies nicht üblich, sagte Regierungssprecher Seibert am Montag.
Kommentare