"Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen"

Helmut Kohl hat in den vor mehr als zehn Jahren aufgenommenen Gesprächen viele seiner Wegbegleiter kritisiert.
Der deutsche Altkanzler rechnete mit seinen Weggefährten ab – jetzt wurden Gesprächsprotokolle publik.

Die Worte, die er für seine ehemaligen Wegbegleiter findet, sind keine besonders netten: Der deutsche Altkanzler Helmut Kohl hat in Unterhaltungen mit seinem Ghostwriter Heribert Schwan sein politisches Leben Revue passieren lassen – und sich dabei, wie der Spiegel jetzt berichtet, kein Blatt vor den Mund genommen. „Abrechnung“ nennt das Hamburger Magazin die Gesprächsprotokolle, die man in der morgigen Titelgeschichte publik macht.

"Die Merkel hat keine Ahnung"

"Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen"
File photo of Environmental Minister Angela Merkel (R) chatting with German Chancellor Helmut Kohl during a parliamentary debate, April 25, 1995. Merkel will celebrate her 60th birthday on July 17, 2014. REUTERS/Michael Urban/Files ( - Tags: POLITICS ANNIVERSARY)
Kohl soll dabei heftige Kritik an vielen Parteifreunden geübt haben, auchAngela Merkelstieg nicht besonders gut aus. „Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen“, soll er etwa über die jetzige Kanzlerin gesagt haben – drei Jahre nach seiner Abwahl, als Merkel schon längst Parteichefin war. "Sie lungerte sich bei den Staatsessen herum, sodass ich sie mehrmals zur Ordnung rufen musste.“

Den beiden wurde immer ein spezielles Naheverhältnis nachgesagt, Kohl soll Merkel „sein Mädchen“ genannt haben. Dass sie sich im Zuge der Spendenaffäre von ihm abgewandt hat, verzieh er ihr nie: Man hätte sich nur „bekreuzigen“ können ob ihrer Dummheit während des Skandals. Auch politische Weitsicht sprach er ihr im Nachhinein ab - über Merkels Europapolitik zu Zeiten, als die CDU noch in Opposition war, sagte Kohl: „Die Merkel hat keine Ahnung.“

"Wulff ist ein ganz großer Verräter"

Die Gespräche hat Kohl schon vor mehr als zehn Jahren geführt: WDR-Journalist Heribert Schwan zeichnete dabei mehr als 600 Stunden lang auf, was der Altkanzler über sein Leben zu sagen hatte. 2009 beendeten die beiden ihre Kooperation im Streit, 2010 erschien das Buch „Helmut Kohl – Virtuose der Macht“. Erst im Sommer hatte ein Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen CDU-Chef und Schwan über die Gesprächsprotokolle geendet – das Gericht sprach Kohl die Tonbänder zu.

In den Interviews mit Schwan äußert Kohl auch an anderen Wegbegleitern durchaus heftige Kritik. Über den späteren Bundespräsidenten und damaligen niedersächsischen CDU-Chef Wulff sagte er etwa: "Das ist ein ganz großer Verräter. Gleichzeitig ist er auch eine Null." Wulff musste Jahre später seinen Hut als Staasoberhaupt nehmen, da er über eine Finanzaffäre gestolpert war.

Gorbatschow "am Arsch des Propheten"

Zu hören sind auf den Tonbändern aber auch Einschätzungen Kohls zu geschichtlichen Ereignissen, die er selbst maßgeblich mitgestaltet hatte: Der Zusammenbruch der DDR etwa sei nach Meinung des Altkanzlers nicht das Verdienst der Bürgerrechtsbewegung gewesen. „Es ist ganz falsch, so zu tun, als wäre da plötzlich der heilige Geist über die Plätze in Leipzig gekommen und hat die Welt verändert“, soll Kohl laut Spiegel gesagt haben. Vielmehr sei es die Schwäche Moskaus gewesen, die die Wende herbeigeführt habe. „Gorbatschow ging über die Bücher und musste erkennen, dass er am Arsch des Propheten war und das Regime nicht halten konnte.“

Kohl beauftragt Anwälte

Kohl hat auf die Veröffentlichung juristisch geantwortet - er will gegen Schwan vorgehen, denn dieser soll die nun veröffentlichten Zitate in einem neuen Buch verarbeiten. Wie der Focus berichtet, beauftragte Kohl seine Anwälte, die Veröffentlichung des Werkes beim Heyne Verlag zu stoppen. Sollte Schwan ´nämlich jene 200 Tonbänder aus den Gesprächen mit Kohl verwertet haben, deren Nutzung ihm ja auch gerichtlich untersagt wurde, könnte dieser Schritt sogar erfolgreich sein.

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